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Heliand - 57 - Dreimal verleugnet.

Heliand - 57 - Dreimal verleugnet.

Da sie hinunter kamen
Vom Berge zur Burg, wo ihr Bischof war,
Ihres Weihthums Wärter, da führt' ihn der wüthende
Haufen in den Hof. Da war helle Gluth:
Im Vorhof brannte Feuer, dem Volk gegenüber,
Für die Wächter geschürt. Da giengen sich wärmen
Die Judenleute und ließen den Gottessohn
Geheftet harren. Man hörte großen Lärm,
Freches Geschrei. Von früher war Johannes
Dem Hauptmann bekannt, daß er in den Hof mit dem Volk
Dringen durfte. Aller Degen bester,
Petrus, stand draußen: der Pförtner ließ ihn
Seinem Fürsten nicht folgen, bis von dem Freund erbat
Johannes, dem Juden, daß man ihn gehen ließ
Vorn in den Vorhof. Da kam ein falsches Weib
Ihm entgegen gegangen, die einem Juden
als Dienstmagd diente: zu dem Degen sprach
Die Magd mit Murren: „Du magst wohl ein Jünger
Des Galiläers sein, der uns gegenüber steht
Gefeßelt und gefestigt.“ Furcht befiel da
Simon Petrus, schwach ward sein Muth:
Als wiß' er des Weibes Wort nicht zu verstehn,
Und wär vom Gefolge des Gefeßelten nicht,
Verläugnet' er ihn vor der Menge: „Ich kenne den Mann nicht,
Verstehe deine Worte nicht.“ Ihm war die Gottesstärke,
Der harte Muth aus dem Herzen gewichen.

Er gieng fort durch das Volk bis er zu dem Feuer kam,
Als wollt er sich wärmen. Da war wieder ein Weib,
Das ihm Schmähworte sprach: „Schaut euern Feind hier:
Kundbar ist dieser ein Jünger Christs,
Seiner Gesellen Einer.“ Da schritten ihm gleich
Die Neidharte näher, nahmen ihn eifrig vor
Und fragten feindselig, welches Volks er wäre:
„Dieser Burgleute bist du nicht, an deinem Gebahren sieht man,
Deinen Worten und Weisen, daß du hier nicht wohnhaft bist:
Ein Galiläer bist du!“ Das gab er nicht zu,
Sondern stand und stritt und mit starkem Eide
Verschwur er sich, er sei seiner Gesellen keiner.
Seiner Worte hatt er nicht Gewalt: es sollte so werden
Wie es der gemeßen, der des Menschengeschlechts
Wartet in dieser Welt.

Da trat ein Verwandter
Des Mannes aus der Menge, den er mit dem Meßer gehauen,
Dem scharfen Schwerte. Der sprach: „Ich sah dich doch
Auf dem Berge droben, als wir im Baumgarten
Deinem Herrn die Hände banden,
Die Arme festigten.“ Da must er furchtsamen Herzens
Den lieben Herrn verläugnen. „Ich will des Leibes verlustig sein,
Wein Einer das hier von all den Männern
Sicher sagen kann, daß ich seines Gesindes war,
Seiner Fährte folgte.“ Da fieng zum ersten Mal
Der Hahn zu krähen an. Der heilige Christ sah,
Der Gebornen Bester, der da gebunden stand,
Der Sohn des Herrn, nach Simon Petrus
Ueber die Achsel hin. Da ward im Innern
Dem Simon Petrus schwer bewegt das Gemüth:
Es härmt' ihn heftig und betrübt' ihm das Herz
Mit schmerzlichen Sorgen was er selber gesprochen.
Nun gedacht er der Worte, die der waltende Christ
Ihm vorausgesagt, noch in derselben Nacht
Vor dem Hahnenschrei sollt er den Herrn
Dreimal verläugnen. Das bedrängt' ihm das Herz
Bitter in der Brust: gebrochen gieng er
Aus der Menschen Menge mit bekümmertem Gemüth,
In Angst und Unruh. Ueber sein eigen Wort
Wehklagt' er, das unwahre, bis ihm wallend kamen
Vor herbem Herzeleid heiße Thränen,
Blutige, aus der Brust. Nie möcht er büßen, sagt' er,
Fürder den Frevel oder wiederfinden
Seines Herren Huld. Kein Held ward noch so alt,
Daß er je gesehen eines Menschen Sohn
Sein Wort so beweinen, beklagen. „Weh, kräftiger Gott!
Wie verwürkt' ich mich so, daß mir weiterhin
Mein Leben verleidet ist! Wenn ich nun lebenslang
Deiner Huld, o Herr, und des Himmelreiches
Dabei entbehren soll, so bringt mir kein Heil,
O lieber Herr, daß ich je zu diesem Lichte kam.
Ich weiß mich nicht würdig, mein waltender Fürst,
Unter deine Jünger jemals zu zählen,
Deine Gesellen, ich Sünder! Sie selber muß ich
Im Gemüthe weiden, nun ich solch Meinwort sprach.“
So klagte kummervoll der Kämpen bester,
So herzlich härmt' ihn, daß er den Herren hatte,
Den lieben, verläugnet.

Doch darf es der Leute Kinder
Nicht wundern, weswegen es Gott gewollt,
Daß so liebem Manne solch Leid widerführe,
Daß so schmählich sollte den Schützer und Herrn
Um der Dirne Wort der Degen wackerster
Vor den Leuten verläugnen. Das ließ der Herr geschehn
Uns Menschen zum Frommen. Er wollt ihn zum Fürsten machen,
Zum höchsten, über sein Haus. Der heilige Herr
Ließ ihn klar erkennen wie kleine Kraft
Der Menschen Gemüth hat ohne die Macht des Herrn.
Er ließ ihn sündigen, daß er selber eher
Den Leuten glaube, wie lieb es ist
Der Menschen Männiglichen, der ein Mein verübte,
Daß man ihm erlaße die leidige That,
Schuld und Sühne, wie ihm selber erließ
Der Herr des Himmelreichs sein harmwerthes Thun.
Darum ist unnütz unser eitles Pochen,
Des Hörigen Hoffart: wenn ihm des Herren Hülfe
Um seine Sünde schwindet, so wird der Sinn sogleich
In der Brust ihm blöde, wie sehr er sich gebrüstet hat,
Seine Stärke gerühmt und seine schnelle Kraft
Seinen Muth, seine Macht. Das mochte man wohl schauen
An der Degen bestem, da ihm gebrach des Herrn
Heilige Hülfe. Drum hüte sich Jeder
Und scheue den Selbstruhm, denn ihm schwindet oft
Wahn und Wille, wenn ihm der waltende Gott,
Der hehre Himmelskönig, das Herz nicht stärkt,

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