Zuletzt angesehen: Heliand - 35 - Die Verklärung

Heliand - 35 - Die Verklärung

Heliand - 35 - Die Verklärung

Von den Jüngern kor er
Darauf ohne Säumen den Simon Petrus,
Und Jacobus und Johannes, die guten Zween,
Gebrüder beide, und den Berg bestieg
Mit den Sondergesellen das selige Gotteskind,
Mit den Degen dreien der Drost der Völker,
Der Walter dieser Welt. Er wollt ihnen der Wunder viel,
Der Zeichen zeigen, daß sie nicht zweifelten,
Er selber sei der Sohn des Herrn,
Der heilige Himmelskönig. Den hohen Wall hinan
Stiegen sie, Stein und Berg, bis sie zur Stätte kamen
Unweit den Wolken, die der waltende Christ,
Der Könige Kräftigster, erkoren hatte,
Weil er seine Gottheit da den Jüngern wollte
Aus eigener Kraft anschaulich zeigen,
Ein prächtiges Bild. Denn als er nun betete,
Ward ihm da oben ganz anders gestaltet
Gewand und Antlitz; seine Wangen wurden licht,
Blendend wie der Sonne Bild schien der Geborne Gottes;
Sein Leib leuchtete, Lichtstralen floßen
Wonnig von des Waltenden Sohn. Sein Gewand war weiß
Wie Schnee zu schaun, und ein seltsam Ding
Ereignete sich: Elias und Moses
Kamen zu dem Christ, mit dem kraftreichen
Worte zu wechseln. Die Sprache war wonnesam
Unter den Guten, da der Gottessohn
Mit den hehren Helden sich unterhielt.
Die Höhe erhellte sich, ein holdes Licht schien,
Einem schönen Garten glich sie, einer grünenden Au,
Dem Paradies. Petrus begann da,
Der hochgemuthe Held, und sprach zu seinem Herrn,
Den Gottessohn grüßend: „Hier ist gut sein,
Wenn du es wünschtest, waltender Christ,
Daß man hier auf der Höhe dir ein Haus erbaute,
Ziervoll Gezimmer; dazu ein andres für Moses,
Und eins für Elias, denn hier oben ists selig
Wonnig zu wohnen.“ Als er das Wort noch sprach,
Da zerließ sich die Luft, eine Lichtwolke schien
In gleißendem Glanz, die guten Männer umgab
Blendende Schönheit.

Da scholl aus der Wolke
Gottes heilige Stimme und zu den Helden dort
sagte er selber: „Dieß ist mein Sohn,
Der Liebst der Lebenden: der geliebt mir wohl
in meinem Herzen: Ihr sollt ihm gehorchen
und gerne folgen.“

Da konnten die Jünger Christs
Der Wolke Wunderglanz und dem Worte Gottes,
Seiner gewaltigen Macht nicht mehr widerstehn:
Sie fielen vor sich hin, in der Furcht verzweifelnd
An längerm Leben. Da gieng der Landeswart,
Berührte sie mit Händen, der Heilande Bester:
Sie sollten sich nicht entsetzen: „Schaden mag euch nicht
Was ihr Seltsames hier gesehen habt,
Wunderbarer Dinge.“ Da wurde den Männern
Das Herz erheitert und heil der Muth,
Ihre Kraft kehrte wieder: da sahn sie das Kind Gottes
Noch allein da oben, alles Andere geschwunden,
Verhüllt das Himmelslicht.

Nun gieng der heilige Christ
Vom Berge nieder und gebot darauf
Den guten Jüngern, daß sie dem Judenvolk
Das Gesicht nicht sagten, „bevor ich selber
Mich hoch und herrlich erhebe vom Tode,
Von der Rast errichte: dann berichtet es frei,
Meldets über den Mittelkreiß der Menge der Völker,
Ueber die weite Welt.“

Da gieng der waltende Christ
Nach Galiläaland wieder zu den lieben Verwandten,
Besuchte die Gesippten und sagte da Vieles noch
In Bildern den Brüdern. Der Geborne Gottes barg
Den süßen Gesellen die Schmerzenskunde nicht:
Ihnen allen sagt' er es offenbar
Den guten Jüngern, wie ihn die Juden sollten
Entsetzlich versehren. Da sah man die weisen Männer
in schweren Sorgen, ihr Sinn war siech
Und harmvoll ihr Herz, da sie den Herren hörten,
Des Waltenden Sohn, wahrhaft erzählen,
Was er unter den Leuten erleiden solle,
Willig unter der Würger Schar.

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/h/heliand/heliand_-_35.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain