Heerbrand, Jacob - Eine Predigt vom Fasten, am ersten Sonntage in der Fasten, Invocavit genannt, zu Tübingen gehalten

Heerbrand, Jacob - Eine Predigt vom Fasten, am ersten Sonntage in der Fasten, Invocavit genannt, zu Tübingen gehalten

(einzeln, Tübingen 1578. 4. (Achtzehn christl. Predigten. Tübingen 1586. 4. S. 136)

Text: Evang. Matthäi Cap. 4. (V. 1-11).

Auslegung.

Es werden uns, Geliebte im Herrn, in diesen verlesenen Worten drei sonderliche Anfechtungen des Herrn Christi beschrieben, die er in der Wüste habe mit und wider den Teufel ausgestanden; welches eure Liebe nicht also soll verstehen, als wäre er nur diese drei Mal, sondern, wie Lukas schreibt, ist er diese vierzig Tage lang von dem Teufel versucht; hat Nichts in denselbigen Tagen gegessen, hat auch nicht gehungert.

Nachdem nun dieselbigen ein Ende gehabt, hungert ihn darnach, aus welchem der listige, tausendkünstige böse Feind eine Ursach nimmt, ihn in der Wüste, da Nichts weder zu beissen, noch zu brechen war, zu versuchen. Und thut also der Herr Christus noch zuletzt drei Gänglein mit ihm auf der Fechtschule, trifft und schlägt ihn gewaltiglich mit dem Schwert Gottesworts, überwindet und sieget ritterlich; welches uns nicht allein zum Exempel und Fürbild, sondern auch zur Lehre und Trost aufgeschrieben; denn er hat den Teufel und die Welt uns zu Gutem überwunden, wie er auch hiemit seine Jünger tröstet, inmaassen auch die Epistel an die Hebräer sagt: Wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht könnte Mitleid haben mit unserer Schwachheit, sondern, der versucht ist allenthalben gleich wie wir, doch ohne Sünde, und darinnen er gelitten hat und versucht ist, kann er auch helfen Denen, die versucht werden (Ebr. 2).

Das wäre nun kräftig der rechte Gebrauch dieses Evangelii, dass wir daraus lernten wider den leidigen Satan streiten, und wie wir ihm aus Gottes Wort durch den Glauben an Christum stattlichen Widerstand thun und durch Kraft, Hilfe und Beistand des heiligen Geistes überwinden.

Aber im Papstthum lies’t man es nicht fürnehmlich dieser Ursach halben, sondern weil heute der erste Sonntag in der vierzigtägigen Fasten ist, und hie in diesem Evangelio geschrieben steht, Christus habe vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet zu Bekräftigung und Bestätigung derselbigen, da will man das Exempel Christi einführen. Welches doch ganz und gar Nichts zu Sache dienet; denn es eben so wohl ein Wunderwerk Christi ist, als die anderen, so er gethan auf Erden, das uns nachzuthun oder zu folgen unmöglich; haben auch Dessen keinen Befehl von Gott.

Dieweil aber je und allewege Beides, im alten und auch im neuen Testamente, dergleichen in der Kirche Gottes jeder Zeit viele und mancherlei Meinungen, Irrthum und Aberglauben von dem Fasten gewesen und hin und wieder die päpstliche Hefe noch etlichen Leuten anklebt, dazu allen Menschen die Aposteisslerei angeboren, wir auch allhie ein von allen Orten her gesammelt Gesind haben, derohalben männiglich zu besserm Bericht will ich auf’s kürzeste, so immer geschehen kann, aus gutem Grund heiliger, göttlicher Schrift darthun und lehren, was man von den Fasten christlich und recht halten soll.

Damit nun Solches verständlich gehandelt werde, will ich zum Ersten anzeigen, ob man fasten solle; zum Andern, was die Fasten sei, auch wie man fasten solle, und worinnen das rechte Fasten stehe; zum Dritten, wann und zu welcher Zeit man fasten soll; zum Vierten und Letzten, warum und aus was Ursachen man fasten solle. Gott der Herr gebe seine Gnade dazu!

Von dem Ersten.

Dass man aber fasten solle, ist kein Zweifel, noch Streit. Denn Solches lehren uns so wohl der heiligen Schrift Zeugnisse, als auch deren Exempel, sintemal Gott der Herr Solches seinem Volke im alten Testamente geboten, auch gewisse Zeit der Fasten bestimmt, nämlich den zehnten Tag des siebenten oder Herbstmonats (3. Mos. 16).

Dergleichen lesen wir auch im Propheten Joel, dass er sagt: So spricht der Herr: Bekehret euch zu mir mit Fasten, mit Weinen, mit Klagen; zerreisset eure Herzen und nicht eure Kleider und bekehret euch zu dem Herrn, euerem Gott (Joel 2). Und abermals daselbst: Blaset mit der Posaune zu Zion, heiliget ein Fasten, rufet die Gemeine zusammen, versammelt das Volk.

Also im Buch der Richter findet man, dass das Volk Israel oftmals in grossem, schwerem obliegenden Unglück zusammenkommen und vor dem Herrn gefastet habe, dergleichen auch der heilige König und Prophet David.

So verwirft auch der Herr Christus das Fasten nicht im neuen Testament, sondern allein der Pharisäer Heuchelei, und sagt: Wenn du aber fastest, so salbe dein Haupt und wasche dein Angesicht, auf dass du nicht scheinest vor den Leuten mit deinem Fasten, sondern vor deinem Vater, welcher verborgen ist, und dein Vater, der in’s Verborgene sieht, wird dir’s vergelten öffentlich (Matth. 6).

Und St. Paulus: In allen Dingen lasset uns beweisen als die Diener Gottes, in grosser Geduld, in Fasten (2. Cor. 6). Also schreibt St. Lucas in den Geschichten der Apostel, dass die Propheten dazumal in Antiochia, und mit ihnen Saulus gefastet haben, dergleichen St. Paulus von sich, dass er in viel Fasten gewesen sei, in Hunger und Durst (2. Cor. 11). Aus welchen Zeugnissen und Exempeln alten und neuen Testaments ist klar und offenbar, dass man fasten solle und müsse, und Das für das Erste kürzlich.

Von dem Andern.

Für das Andere wollen wir auch anzeigen, was da Fasten heisse und sei, auch worin es stehe. Es heisst aber und ist Fasten, sich allerdings von allem Essen und Trinken williglich enthalten, also, dass man Nichts weder esse, noch trinke. Das heisst und ist eigentlich Fasten.

Also hat Christus vierzig Tage und vierzig Nächte aneinander gefastet und gar Nichts weder gegessen, noch getrunken. Also hat auch Moses auf dem Berge Sinai, als er im Gespräch mit dem Herrn war, auch vierzig Tage und Nächte weder gegessen, noch getrunken, zum zweiten Male. Also auch der Prophet Elias gleicher Gestalt vierzig Tage und Nächte an einander keine menschliche Speise über seine Kehle gebracht. Also im alten Testament, wenn das Volk Gottes gefastet, haben sie den ganzen Tag über Nichts weder gegessen, noch getrunken, bis dass es Nacht ist worden und sie die Sterne am Himmel gesehen. Also sagen auch wir, wenn man spät anrichtet, und es sich mit dem Morgenessen verweilet: Wir haben heute einen Fasttag. Es heisst also und ist Fasten eigentlich ganz und gar, allerdings nicht weder essen, noch trinken; sobald man aber anfäht zu essen, hört das Fasten auf und hat ein ende und heisst nicht mehr fasten.

Derhalben die Päpstler mit ihrem Fasten sich unterstanden, Gott und die Welt zu betrügen; denn da es ihnen zu beschwerlich werden wollte, dass sie bis auf den Abend sollten fasten, das ist, wie gemeldet, Nichts essen, haben sie, und noch, in der Kirche ihre Vesper und Complet (welche sie sollten, als auch sonst das ganze Jahr über geschieht, auf den Abend, daher es davon auch Vesper heisst, gesungen haben, damit sie nicht allein bei zeiten Feierabend machten, sondern auch dafür gehalten und angesehen wurden von den Leuten, als fasteten sie, alsbald nach vollendeter Messe gesungen und gehalten und hernach auf eilf Uhr zu Mittag gegessen, gar reichlich geschlemmt und gepraßt und ihre Bäuche so voll gefüllt, dass sie wie die Pauken aufgeblasen, ausgedehnt und gespannt.

Welchermaassen aber noch viel gröber zu seiner Zeit auch Hieronymus (contra Jovinianum, lib. 2) vom Fasten schreibet, lauten seine Worte also: Etiam ex vilissimis cibis vitanda est satietas. Nihil enim ita obruit animum ut plenus venter et exaestuans, huc illucve se vertens et in ructus vel crepitus ventorum afflatione respirous. Quale vero illud jejunium est aut qualis illa refectio pot jejunium, cum pridianis epulis distendimur et guttur nostrum mediatorium efficitur latrinarum? Dumque volumus prolixioris inediae famam quaerere, tantum pridie voramus, quantum vix alterius diei nox digerat. Itaque non tam jejunium hoc appellandum est quam crapula et foetens ac molesta digestio. Wiewohl mir nicht unbewusst, dass er sonst auch Viel zu Viel von den Fasten hält und sie über die gebührliche Maase lobt, als da er eben in diesen Büchern schreibt, durch die Fasten könnten wir wiederum in das Paradies kommen, daraus wir durch Sättigung waren vertrieben und ausgeworfen. Item, die Fasten versöhnet Gott, item der reiche Prasser und Schlemmer ist wegen des Essens in der Hölle, Lazarus von wegen seines Hungers in dem Schooss Abraham’s. Das ist zu Viel. Damit wir nun in der Päpstler Fasten fortfahren, währet ihr Fasten nicht länger, denn bis auf eilf Uhr, oder auf’s allermeiste bis Mittag. Und dann, dass sie zu Abend nichts Warmes zu Nacht essen, sondern gute Collaz halten von eingesalzenen und gebratenen Fischen, Lebkuchen, Confect, gutem, starkem Wein, damit sie abdäuen ihr Mittagsmahl, davon sie noch genug haben auf den Abend, dass der Päpstler Fasttage viel besser sind, denn anderer Leute Ostertag, und steht also ihr Fasten allein im Unterschied der Speise, dass sie diese vierzig Tage der Fasten kein Fleisch, sondern Fisch essen, gleich als wären Fische nicht auch Fleisch, wie es St. Paulus auch nennt, indem er spricht (1. Cor. 15): Nicht ist alles Fleisch einerlei Fleisch, sondern ein ander Fleisch ist der Menschen, ein anderes des Viehes, ein anderes der Fische, ein anderes der Vögel.

Derhalben solches alles der Päpstler Fasten eine lautere Heuchelei ist, Gott und den Menschen damit ein Geplärr für die Augen zu machen; welches vernünftige Leute verstanden, daher denn auch dies gemeine Sprüchwort entstanden, dass man gesagt: Germanorum jejunia et Italorum derotio non uno vulent obulo, das ist: Der Deutschen Fasten und der Wälschen Andacht sind nicht eines Hellers werth. Will hienieben geschweigen, dass das päpstische Hofgesinde der Teutschen spotten und lachen, halten sie für Bestien und Narren, dass sie sich Solches bereden lassen; denn sie auch in der Fasten Fleisch essen, der Papst dispensirt mit ihnen, und was er verbeut, Das erleubt und verkauft er wiederum um das Geld und lieben Pfennig, wie auch alles Andere zu Rom feil ist um Geld, als Mantuanus, welcher auch ein Mönch und Wälscher gewesen ist, hievon schreibt, es sei kein Hehl, sondern männiglich kund, offenbar und landkundig, dass die Kirche voller unreiner, schandvoller Buben und Pfaffen sei, und seien in der römischen Kirche feil, werden auch verkauft Gotteshäuser, Priester, Altäre, Sacrament und aller Gottesdienst, der Himmel und endlich Gott selber.

Nun ist es wohl nicht weniger, dass es nicht ein neu, sondern ein alt Verbot ist, vom Fleisch essen in der Fasten, welches nicht zu verwundern, denn auch sonst der Aberglaube sehr alt ist und wird zugeschrieben, wenn es anders wahr ist, Telesphoro, welcher zu Rom Bischof gewesen, nach der Himmelfahrt Christi ein hundert Jahr, dass alle Geistlichen sieben ganzer Wochen vor Ostern vom Fleisch sich sollen enthalten oder fasten, damit, wie sonst der Geistlichen Wandel unterscheiden sein soll von dem der Laien, also auch im Fasten der Unterschied gehalten solle werden (Telesph. in epistola sua decretali).

Aber solch Gebot hat nicht die ganze Kirche Gottes allenthalben angenommen, sondern ist grosse Ungleichheit der Fasten gehalten worden, wie Solches aus der Kirchenhistorie zu sehen, da der heilige Lehrer Irenäus, Bischof zu Lyon in Frankreich, so ungefähr sechszig Jahr nach gedachtem Telesphoro gelebt, schreibt dem Bischof zu Rom, Victor genannt, auf diese Weise: Es ist aber nicht um den Ostertag allein der Streit, sondern auch von der Fasten. Denn Etliche meinen, man soll nur einen Tag Fasten halten, Andere zween, Andere mehre Tage, Etliche auch vierzig Tage, welche Ungleichheit der Fastentage nicht allererst jetzo, oder zu unserer Zeit angefangen, sondern lang vor uns. Und sind gleichwohl diese Alle, ob sie wohl unter ihnen selbst ungleich gewesen, in Haltung derselben mit uns friedlich gewesen, und noch, und hat diese Ungleichheit der Fasten die Einhelligkeit des Glaubens nicht zertrennt.

Es habe aber dieser Unterschied der Speisen und Fasten so lange gewähret, als er wolle, so fragen wir doch Nichts darnach, dieweil es ein pur lauter Menschentand und Satzung ist und nicht von Gott gepflanzt, darum es billig, wie der Salvator lehrt (Matth. 15), soll ausgereutet werden; so nennt er auch solchen Gottesdienst, der in Unterschied der Speise steht, mit einem gar seltsamen und hässlichen Namen, dass er, mit Ehren zu vermelden, durch den natürlichen Gang ausgeworfen werde, und sollen wir uns desshalb keinen Strick an den Hals lassen werfen. So warnt uns auch sein heiliger Apostel und auserwähltes Werkzeug, Paulus, vor der Speise Verbot, da er spricht (Col. 2): So lasset nun Niemand euch ein Gewissen machen über Speise oder Trank, oder über bestimmte Feiertage. Und gleich hernach: Lasset euch Niemand das Ziel verrücken, der nach eigener Wahl einhergeht, in demüthiger Geistlichkeit der Engel, dess er nie keins gesehen hat, und ist ohne Ursach aufgeblasen in seinem fleischlichen Sinne. So ihr denn nun abgestorben seid mit Christo den Satzungen der Welt, was lasst ihr euch denn fangen mit Satzungen, als lebtet ihr noch in der Welt? Die da sagen: Du sollst Das nicht angreifen, du sollst Das nicht kosten (versuchen), du sollst Das nicht anrühren, welches sich doch Alles unter Händen verzehret, und ist Menschengebot und Lehre, welche haben einen Schein der Weisheit durch selbsterwählte Geistlichkeit und Demuth.

Wie könnte doch Gott der heilige Geist unserer Pharisäer Heuchelei, Fasten und Speiseverbot sammt ihren Lehrern, Patronen und Vertheidigern mit besseren Farben abgemalt und herausgestrichen haben!

So Viel aber das Speiseverbot und sonderlich des Fleisches belangt, verwirft und verdammt der heilige Apostel Solches insonderheit, da er also schreibt: Alles, was feil ist auf dem Fleischmarkt, Das esset, und forschet Nichts, auf dass ihr der Gewissen verschonet (1. Cor. 10).

Und dieweil er als ein besonders hocherleuchteter Apostel Gottes im heiligen Geist vorgesehen hat solche künftige Menschenlehre und Heuchler, hat er treulich die ganze Christenheit davor gewarnt, und damit man ja solche Menschengesetze vermeide und als den Teufel selber fliehe, nennt er’s Teufelslehre, da er also schreibt (1. Timoth. 4). Der Geist aber sagt deutlich, dass in den letzten Zeiten werden Etliche von dem Glauben abtreten und anhangen den verführerischen Geistern und Lehren der Teufel, durch Die, so in Gleissnerei Lügenredner sind und Brandmaal in ihren Gewissen haben und verbieten, ehelich zu werden und zu meiden die Speise, die Gott geschaffen hat, zu nehmen mit Danksagung den Gläubigen und Denen, die die Wahrheit erkennen; denn alle Creatur Gottes ist gut und Nichts verwerflich, das mit Danksagung empfangen wird; denn es wird geheiligt durch das Wort Gottes und Gebet. Wenn du Solches, sagt er zu Timotheo, seinem Jünger, den Brüder fürhältst, so wirst du ein guter Diener Jesu Christi sein.

Höre Wunder über Wunder, lieber Christ, wie weit der heilige Apostel Paulus und die Päpstler von einander sind. Die Päpstler halten so hart ob ihrem vermeinten Menschengebot, betreffend der Speisen Unterschied, dass sie die Übertreter desselbigen viel höher und härter strafen, denn den Ehebruch, wie auch der Herr Christus den Pharisäern zu seiner Zeit gar tapfer desshalb einschenkt und sagt: Was zum Mund eingeht, Das verunreinigt den Menschen nicht. Er lässt es aber bei Dem nicht bleiben, sondern sagt weiter, schilt und straft sie gar hart, dass sie um ihrer Aufsätze willen übertreten Gottes Gebot. Inmaassen auch unsere Widersacher noch heutiges Tages bei solchem hellen Licht Gottesworts ob diesem Menschengebot so hoch halten, die armen Leute darob plagen, martern und strafen, als wäre es Gotteswort und sein höchster Dienst, und lassen daneben anstehen die rechten, von Gott gebotenen Werke und angenehmen Dienste. St. Paulus aber sagt, die abtrünnigen Mammelucken von dem christlichen Glauben werden verführerischen Geistern, das ist Lehrern, und Teufelslehren anhangen, welche doch weder den Namen, noch den Schein oder Ansehn haben werden, als seien sie solche Gesellen, sondern einen Schein der Heiligkeit führen, aber es seien Heuchler und Gleissner und nicht wahrhaftige, sondern lügenhaftige Lehrer. Damit man aber sie möge lernen erkennen, wer und welche diese Gesellen seien, visiert er ihnen ihr Wappen und streicht’s heraus mit ihren Farben, zeigt an, was sie im Schilde führen, dass sie nämlich die Ehe werden verbieten und meiden die Speise.

Wer nun diese Gesellen seien, liegt klarer und heller am Tage, denn der Bauer an der Sonne. Wer sie nicht will lernen kennen, und sich vor ihnen hüten, Der habe ihm den Schaden. Ob nun wohl die verführerischen Geister und Teufelslehrer solche hässliche Beschreibung und Abmalung oder Contrafactur von sich schieben und allein auf die alten Ketzer Tatianum, Encratiten, Monatnum etc. ziehen wollen, an denen es erfüllet sei, so mag doch solche ihre nicht werthe Aufflucht keine Statt und Platz haben oder den Stich halten. Denn St. Paulus nicht von Personen sonderlich schreibt, sondern eigentlich und fürnehmlich von der Teufelslehre, dass nämlich alle Die, zu welcher Zeit sie auch leben, mit was gesuchtem Schein und Fürgeben es immer geschehe, so die Ehe verbieten und lehren die Speise meiden, dass alle Die, sagt er, seien verführerische Geister und lehren Teufelslehre.

Hieraus erscheint nun klar und hell, dass das rechte Fasten nicht stehe in Unterschied der Speise; denn solche, wie gehört, von Gott in seinem Wort verworfen und verdammet wird, sondern in Nichtsessen, Das heisst und ist nach göttlicher Schrift Fasten.

Zu Dem so heisst auch Fasten in der Schrift schlecht oder übel essen, da man nicht köstlich lebet, noch wohl isset oder Gastung hält, sondern ein gar nüchtern Leben führet, damit das Gebet nicht verhindert, noch die Herzen mit Fressen oder Saufen, wie der Herr Christus redet, beschweret werden (Luc. 21). Also pflegt man auch und eben in diesem Verstande zu reden und zu sagen: Zwei Mal des Tages übel essen ist ein Mal gefastet.

Und also redet auch die heilige Schrift davon, als von David, dem Könige und Propheten (2. Sam. 12), dass er Gott um das Knäblein, so ihm Urias Weib geboren, aber todtkrank war, mit seinem Gebet ersucht habe und gefastet, über Nacht auf der Erde gelegen sei. Was nun das Fasten die sieben Tage über gewesen sei, legt Solches die Schrift daselbst aus mit diesen Worten, dass er nämlich nicht mit seinen Räthen gegessen habe; nachdem aber das Kind gestorben, habe er ihm lassen auftragen und gegessen.

Gleichergestalt redet auch die Schrift von Anna, der Prophetinn, dass sie nimmer von dem Tempel kommen sei und habe Gott gedient mit Fasten und Beten Tag und Nacht, nicht, dass sie gar Nichts gegessen, sondern Wenig und schlecht oder übel, nur zur Aufenthaltung ihres Leibes und Lebens. Inmaassen auch der Herr Christus den Pharisäern, so da murreten und fragten, warum sie und Johannis Jünger so oft fasteten und so viel beteten, seine Jünger aber ässen und tränken, antwortete und sprach: Ihr könnet die Hochzeitleute nicht zum Fasten treiben, so lange die Hochzeit währet und der Bräutigam bei ihnen ist; es wird aber die Zeit kommen, dass der Bräutigam von ihnen genommen wird, alsdann werden sie fasten (Luc. 5), das ist, mit guten Zähnen oft übel essen. Und Das sei auch genug vom Andern.

Von dem dritten Theil,

nämlich, wann und zu welcher Zeit man fasten sollte. Hievon ist zu wissen, dass wir im neuen Testament keine gewisse oder bestimmte Zeit oder Tag im Jahr haben, wie die Juden im alten Testamente; gleichwohl, wie gehört, nur einen Tag im Jahre. Wiewohl ich sehr wohl weiss, was hievon die Patres oder alten Kirchenlehrer gehalten und geschrieben haben, sonderlich Basilius, Epiphanius, Ambrosius und Hieronymus, welche sonderlich auf das vierzigtägige Fasten vor dem Ostertag gedrungen haben, welches Hieronymus hält für der Apostel Satzung und nothwendig. Darwider St. Augustinus ganz christlich schreibet (Epist. 96): Ego in evangelicis et apostolicis literis totoque instrumento quod appellatur Testamentum novum animo id revolvens video praeceptum esse jejunium. Quibus autem diebus non oportet jejunare et quibus oportet, praecepto Domini vel Apostolorum non invenio definitum, Das ist auf Deutsch: In den Evangelien und apostolischen Schriften und in dem ganzen neuen Testament, wenn ich dasselbige in meinem Gemüth überlaufe und bedenke, so sehe und finde ich, dass das Fasten geboten ist; welche Tage man aber fasten solle oder nicht, finde ich nicht von dem Herrn oder seinen Aposteln definirt, bestimmt, gesetzt oder beschlossen, - wie er auch an einem andern Ort (Epist. 119 Cap. 15) sagt: Denn dass man diese vierzig Tage vor Ostern fastet, kommt her von der Kirchen Gewohnheit oder Brauch.

Also ist auch aus St. Matthäo (Cap. 9) offenbar, dass der Herr Christus das selbsterwählte Fasten verwerfe, da er den Jüngern Johannis des Täufers auf ihre Frage, warum sie und die Pharisäer so viel fasten, seine Jünger aber fasten nicht, Antwort giebt und sagt: Wie können die Hochzeitleute Leid tragen, so lange der Bräutigam bei ihnen ist? Er nennt das Fasten ein Leiden nach Art hebräischer Sprache, da die Fasten genannt wird den Leib kasteien und demselbigen wehe thun, welches alle Welt für gross hält, wie die Pharisäer zu aller Zeit (Jes. 58. 1. Kön. 18). Die Baalspfaffen kratzten sich selbst mit Messer, bis das Blut herausging, und hie Johannis Jünger; dieweil aber solches Alles aus eigener Wahl angenommen, wie auch alle der Mönche und Nonnen Regeln, so ist es ein vergeblicher Gottesdienst, als der Heiland selber bezeuget.

Darum sagt der Herr Christus, seine Jünger fasten nicht, dieweil der Bräutigam noch bei ihnen ist, das ist, dieweil ihnen Gott noch nicht hat Leiden zugeschickt und er noch bei ihnen war, sie schützet und schirmet, so erdichten sie ihnen kein Leiden, legen auch ihnen kein Kreuz auf; denn Solches taugt vor Gott nicht überall. Sie mussten aber fasten und leiden, da Christus von ihnen weggenommen war; da ging das Kreuz und Leiden an, und da hatten sie genug zu fasten, da ihnen das Elend unter Augen schlug.

So ist nun das die rechte Zeit zum Fasten, wann Kreuz, Leiden und Unglück dahergeht, in’sgemein oder insonderheit, da wolle man zusammenkommen und, damit man zum Gebet desto eifriger und andächtiger sei, fasten, zu Gott rufen.

Also fastete das ganze Volk Israel (Richt. 20), da sie von den Benjaminitern geschlagen waren, und währete solch ihr Fasten den ganzen Tag über bis an den Abend. Dergleichen das jüdische Volk aus Befehl des gottseligen Königs Josaphat (2. Chron. 20), da er von einer unsäglichen Menge Volks vieler Feinde von mancherlei Orten überzogen ward, rufet er ein Fasten aus, dass das ganze Volk Juda zusammenkam, den Herrn zu suchen und anzurufen. Gleichergestalt lieset man auch in den Büchern Esther und Nehemia am 4. Capitel. Und von David dem Könige und Propheten, wenn es ihm übel ging, fastet und betet er, Ps. 55: Ich aber, wann sie krank waren, zog einen Sack an, that mir weh mit Fasten und betete stets von Herzen, Ps. 69: Ich weine und faste bitterlich, und man spottet mein dazu. Ich habe einen Sack angezogen.

Also, da der Prophet Joel verkündiget grossen Jammer und Verderben, vermahnt er sie zur Fasten und spricht (Joel 3): Blaset mit Posaunen zu Zion, heiliget eine Fasten, rufet die Gemeine zusammen, versammelt das Volk, heiliget die Gemeine, sammelt die Ältesten, bringet zu Hauf die jungen Kinder und die Säuglinge, der Bräutigam gehe aus seiner Kammer und die Braut aus ihrem Gemach. Lasset die Priester, des Herrn Diener, weinen zwischen der Halle und dem Altar und sagen: Herr, schone deines Volks und lass dein Erbtheil nicht zu Schanden werden, dass die Heiden über sie herrschen; warum willst du lassen unter den Völkern sagen: Wo ist nun ihr Gold? Also, da der Prophet Jonas (Cap. 3) den Niniviten aus Befehl Gottes angezeigt, sie sollten innerhalb vierzig Tagen untergehen, liess der König ein gemein Fasten ausrufen, dass weder Menschen noch Vieh Etwas sollten essen oder trinken und zu Gott heftig rufen.

Es ist mir zwar nicht unbewusst, wie auch droben hievon Meldung geschehen, dass gleichwohl ein alt Ding ist um die Fasten, und gewisse Zeit dazu verordnet; aber es ist auch gar ungleich gehalten, wie aus Irenäo angezeigt.

Dieweil, und zwar in Gottes Wort, uns keine gewisse Zeit oder Tag im Jahre zu fasten bestimmt, sollen wir uns dies Joch und Menschengesetz des heuchlerischen, vierzigtägigen Fastens der Päpstler ohne Gotteswort wider die christliche Freiheit nicht lassen auflegen und binden, dagegen aber uns darum nicht überfüllen zu irgend einer Zeit, sondern ein nüchtern und mässig Leben führen alle Zeit, auch, wann Unglück vorhanden, ein allgemein Fasten ausrufen vermöge hievor angezogener Exempel heiliger Schrift und zu Gott dem Herrn ämsig und ernstlich beten und schreien, getroster und ungezweifelter Hoffnung, er werde uns laut seiner Zusagung gnädiglich und väterlich anhören und erretten.

Von dem vierten und letzten Theil,

warum man fasten solle. Hie zweiet es sich auch und scheiden wir uns von unseren Widersachern. Die Päpstler lehren und sagen, wie auch etliche mönchische Väter, Fasten, das ist Haltung solches Unterschieds der Speise, dass man kein Fleisch esse (denn das ist ihr Fasten auf einen Haufen mit einander), sei ein nothwendig Ding und Gott angenehmer Dienst, dadurch wir Gott angenehmer werden, Gottes Zorn gemildert, die Sünde gebüsst und das ewige Leben verdient werde. Wann man aber Solches leugne, sei es der offenbarste Irrthum (Frater Petrus a Soto adsertione catholicae fidei de jejunio wider die würtembergische Confessio).

O Gräuel über Gräuel! Also hielten ja vor Zeiten auch die gottlosen, abergläubigen Juden und Pharisäer, wie zu sehen ist im Propheten Jesaia (Cap. 58), da Gott der Herr sagt: Sie fordern mich zu Recht und wollen mit ihrem Gott rechten, sagend: Warum fasten wir, und du siehest es nicht an? Also pranget auch der stolze Pharisäer, kommt mit seinem Fasten getrollt und tritt vor Gott den Herrn damit, rühmt sich, er faste zwei Mal in der Woche, gleich als thäte er damit Gott einen besondern Dienst, damit er genug thäte für seine Sünde und verdiente damit Gott den Himmel ab, wie gemeldeter Asotus sammt seiner katholischen Kirche hält und lehret; aber er wäre mit seinem Fasten und aller seiner vermeinten Frömmigkeit, auch guten Werken, in den Abgrund der Hölle gestürzt. Denn wir Gott angenehm werden und wird der Zorn Gottes gestillt, die Sünde gebüsst und das ewige Leben erworben und verdient, allein, allein sag’ ich, durch das bittere Leiden, Sterben und Blutvergiessen Jesu Christi, welches Blut uns reiniget von allen unseren Sünden, von welchem zeugen alle Propheten, dass Vergebung der Sünden haben alle Die, so an ihn glauben; denn es ist kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, dadurch wir müssen selig werden, ist auch in keinem Andern Heil, denn allein in Christo, welcher zu seinem Verdienst und Blutvergiessen und also dem schönen Kleide seiner Unschuld und Heils, damit er uns bedeckt und anzeucht, die alten Hudellumpen unserer Werke und Fastens nicht will lassen hinangeflickt werden.

Darum es ein gotteslästerlicher Irrthum ist, dadurch Christi Verdienst verdunkelt und geschmälert wird, wenn man lehret, dass man durch Fasten die Sünde büsse oder das ewige Leben verdiene, welches ist eine Gabe Gottes durch Jesum Christum.

Derhalben lehren wir dagegen, dass Fasten für sich selbst, eigentlich zu reden, kein Gottesdienst, auch nirgend in der ganzen heiligen Schrift also genannt werde; denn das Reich Gottes, sagt St. Paulus (Röm. 14), ist nicht Essen oder Trinken, sondern Gerechtigkeit und Friede und Freude in dem heiligen Geist; wer darinnen Christo dienet, Der ist Gott gefällig und den Menschen werth.

Wie nun das Reich Gottes nicht steht in Essen und Trinken, also stehet es auch nicht im Fasten, wie abermals daselbst St. Paulus sagt. Welcher isset, Der verachte Den nicht, der nicht isset, und welcher nicht isset, Der richte Den nicht, der da isset; denn Gott hat ihn angenommen; welcher isset, der isset dem Herrn, denn er danket Gott; welcher nicht isset, der isset dem Herrn nicht und danket Gott. Machet also St. Paulus diese Beide gleich vor Gott, die essen und die nicht essen, das ist, fasten, redet aber gar nicht von dem päpstlichen Fasten, welches nichts Anderes ist, denn ein lauter Gespött, wie oben gehört, sondern von Denen, so recht fasten, wie gleichergestalt oben angezeiget, in welchem, als vermeldet, das Reich Gottes nicht ist, wie dergleichen auch nicht der Gottesdienst ist, obwohl die Leute hiemit sich sehr geplagt und gemartert haben; sondern Gott gefällig und angenehmer Dienst, so wir Christo, dem Herrn, leisten sollen, ist Heiligkeit, Gerechtigkeit, Friede und Freude im heiligen Geist, darinnen sollen wir ihm dienen unser Leben lang.

Also ist nun auch das Fasten für sich selbst kein Gottesdienst, sondern macht nur allein die Leute geschickter und tauglicher zum Gottesdienst und Gebet. Denn volle und trunkene Leute können nicht beten, wissen auch Nichts um sich selbst, oder aber fluchen, toben, wüthen, führen ein säuisch, rohes, wüstes Wesen, wie St. Paulus bezeuget, da er sagt (Eph. 5): Saufet euch nicht voll Weins, daraus ein unordentlich Wesen folget, will geschweigen, dass Völlerei für sich selber eine Todsünde ist.

Darum, dieweil wir stets ohne Unterlass beten sollen und im Gebet nicht lass werden, so müssen wir auch stets ein nüchtern Leben führen und also fasten, wie droben im andern Theil dieser Predigt von dem Wörtlein Fasten geredet.

Und das ist Gottes ernstlicher Wille und Befehl, wie der Herr Christus sagt: Hütet euch, dass eure Herzen nicht beschweret werden mit Fressen und Saufen und Sorgen der Nahrung, und komme dieser Tag schnell über euch; denn wie ein Fallstrick wird er kommen über Alle, die auf Erden wohnen. So seid nun wacker alle Zeit und betet, dass ihr würdig werden möget zu entfliehen diesem Allen, das geschehen soll, und zu stehen vor des Menschen Sohn (Luc. 21).

Wir haben auch Dessen grosse Ursachen andere mehr, dass wir sollen nüchtern sein; denn unser Widersacher, der Teufel, sagt Petrus (1. Petri 5), schläft nicht, sondern geht umher wie ein brüllender Löwe und suchet, welchen er verschlinge; dem widerstehet fest im Glauben.

Dies können aber trunkene und volle Leute, deren Herzen beschweret sind mit Fressen und Saufen, nicht thun oder leisten, sondern wie sie sonst zu allen Sachen verderbt oder untüchtig sind – denn man sagt und ist die Wahrheit: Ein trunkener Mann ist ein geschlagener Mann – also viel weniger können sie wider den Teufel kämpfen und streiten; denn ihnen nicht allein Hände und Füsse gebunden, sondern ihr Herz, Gemüth und Verstand hinweggenommen; wie der heilige Prophet Oseas sagt (Cap. 4): Hurerei, Wein und Most machen toll und sind des Teufels eigen, wie sie gehen und stehn, oder vielmehr liegen in seinen Stricken und Banden. Und da sie zu Gott ernstlich und von Herzen im Gebet seufzen sollten und dasselbige zu Gott hinaufschicken, dass es die Wolken durchdringe, so thun sie etwas Anderes, das man mit Ehren nicht wohl nennen darf, und ist ihr Hals ein stinkendes heimlich Gemach, daraus aller Unrath kommt, welches auch die Menschen nicht riechen mögen, will geschweigen Gott.

Zu Dem, so haben wir noch einen Feind und argen Gast, den wir stetig beherbergen müssen die Tage unseres Lebens und können ihn nicht austreiben, das ist der alte Adam, unser altes keinnütz und mit Sünden verderbtes böses Fleisch, das ist wie ein böser, streitiger und stetiger Esel; ein Esel aber, wenn man ihn Ruhe lässt und mit dem Futter überschüttet, dass ihn das Futter anfäht zu stechen, so wird er gimmelich, geil oder gusel und will sich nicht paschken lassen, sondern schlägt auf. Also, wenn man in Wollust lebt, fähet an zu prassen und bausen, schlemmen und dämmen, wird das Fleisch auch gimmelich, thut keine Zucht, ruft und betet nicht ernstlich zu Gott dem Herrn, sondern wird sicher und ruchlos, frech, muthwillig, gedenkt nicht viel an Gott, noch Gottseligkeit, sondern geht dahin, ersoffen in Wollust dieser Welt und thut nichts Gutes, sondern fressen und saufen sich also Viele arm, krank, zu Tode, zum Teufel und in die Hölle. Denn der volle Zapfen keiner Theil hat an dem Reiche Gottes. 1. Cor. Gal. 5.

Darum, so soll man fasten, das ist, stets nüchtern sein und ein mässig, eingezogen Leben führen in aller Zucht, Ehrbarkeit und Gottseligkeit, damit uns der Teufel nicht unversehener Sache übereile und wir gerüstet und bereitet seien, wann und zu welcher Zeit der Herr Christus kommt, dass er uns wachend und wacker finde, wie er uns dazu vermahnet, als droben gehört.

Das wäre das rechte christliche Fasten und nicht wie die Heuchler, die sich allein diese vierzig Tage über von Fleischessen enthalten, welches Gott nirgend befohlen, und mit anderen Speisen den Bauch füllen, vermeinen damit Gott einen besondern Dienst zu leisten und ihm den Himmel damit abzuverdienen (ach, Herr, des elenden Gottesdienstes!) und nach Ostern gen Emaus gehen, welches doch uns auch gesagt sei, damit wir nicht nur diese Zeit über uns stellen, als wollten wir fromm sein und Busse thun, weil man davon predigt, sondern es soll die Tage unseres ganzen Lebens währen.

Wenn nun das Fasten und nüchterne Leben dahin (wie bis anher vermeldet) gerichtet wird und dieser Meinung geschieht, dass wir in bussfertigem Leben wandeln und zum Gebet desto eifriger, inbrünstiger und andächtiger werden, so gefällt es Gott wohl und wird ihm damit gedienet, will es auch belohnen, wie St. Lucas von der Prophetinn Hanna schreibet, dass sie nimmer vom Tempel kommen und habe Gott gedienet mit Fasten und Beten Tag und Nacht (Luc. 2).

Also haben dieser Gestalt und Meinung die Gottseligen im alten und neuen Testament gefastet, dass sie zusammenkommen, ihre Sünde Gott dem Herrn gebeichtet und bekannt, Reu und Leid darüber gehabt, sich von ihren bösen Wegen zu Gott bekehrt und ernstlich zu ihm gerufen, um Gnade, Hilfe und Rettung gebeten, darum er sie auch erhöret, errettet und erlöset.

Da wir nun auch also stets ein nüchtern Leben führen, und wann Gott, der gerechte Richter, von wegen unseres sündlichen Lebens die wohlverdiente Strafe über uns ergehen lässt, von Herzen Reue und Leid über die begangene Sünde hatten, von ganzem Herzen uns zu ihm bekehrten, mit Fasten, Heulen und Weinen ihn anruften, so ist kein Zweifel, er werde sich laut seiner gnädigen Vertröstung auch wieder zu uns bekehren, die Sünde verzeihen und die obliegende, wohlverdiente Strafe hinwegnehmen oder aber je milderen und um seines lieben Sohnes willen, der die Strafe unserer Sünde selbst an seinem eigenen Leibe getragen und erduldet hat, geringer machen, wir auch durch Gottes Hilfe im Glauben dem Teufel und allen seinen Werken Widerstand thun und in dem Sieg zum ewigen Leben erhalten werden, da sonst die tollen, vollen Zapfen, des Teufels Mastschweine und Märtyrer sind, hie zeitlich und dort ewiglich.

Derhalben, liebe Freunde, so lasst uns nicht allein diese Fasten üben, sondern die Tage unseres Lebens ein nüchtern, mässig Leben führen, nicht, dass wir damit das ewige Leben verdienen, denn dazu gehört ein ander Werk, nämlich der unschuldige Gehorsam und Verdienst Jesu Christi, unseres Seligmachers, und schenkt uns Das aus lauter Gnaden, wenn wir wahrhaftig an ihn glauben: sondern, dass wir unsern Leib kasteien, den alten Adam dämpfen und tödten, oder ja auf’s Wenigste im Zaum mögen halten, dass er nicht geil werde, dem Teufel Widerstand thun, dass er uns nicht übereile, zum Gebet geschickt und tauglich und alle Zeit wacker sein, damit, wenn der Bräutigam seiner Kirche, Christus, kommen wird, er uns bereitet finde, und also mit Freuden warten auf die selige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit des grossen Gottes und unseres Heilandes Jesu Christi und endlich mit ihm eingehen in die ewige Freude und Herrlichkeit. Ihm sei Lob, Ehre und Preis in Ewigkeit. Amen.

Quelle: Beste, Wilhelm - Die bedeutendsten Kanzelredner der lutherschen Kirche des Reformationszeitalters

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