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Harms, Ludwig - Auf Advent 1863

Harms, Ludwig - Auf Advent 1863

Die Gnade unsers HErrn Jesu Christi, die Liebt Gottes und die Gemeinschaft on heil. Geistes sei mit uns allen. Amen.

Text: Sacharja 9, 9-11.

Aber du Tochter Zion, freue dich sehr, und du Tochter Jerusalem, jauchze; siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm, und reitet auf einem Esel, und auf einem jungen Füllen der Eselin. Denn Ich will die Wagen abthun von Ephraim und die Rosse von Jerusalem, und der Streitbogen soll zerbrochen werden. Denn Er wird Frieden lehren unter den Heiden, und Seine Herrschaft wird sein von einem Meer bis an das andere, und vom Wasser bis an der Welt Ende. Du lässest auch durch das Blut Deines Bundes aus Deine Gefangenen aus der Grube, da kein Wasser innen ist.

Daß die Kirche des HErrn Jesu von Anfang an in dieser Weissagung eine Adventsweissagung erblickt hat, wird dadurch gezeigt, daß sie am ersten Adventssonntage das Evangelium von Jesu Einzug in Jerusalem gewählt hat, in welchem nachgewiesen wird, wie diese Weissagung erfüllt worden ist; denn kurz vor Seinem Leiden und Sterben ist Jesus gerade so in Jerusalem eingezogen, wie es der Prophet Sacharja vorher sagt. Er hat sich ein Eselsfüllen bringen lassen und ist in Jerusalem eingezogen unter dem Hosiannaruf Seiner Jünger, des Volks und der unmündigen Kinder, und die ganze Stadt war über den Einzug ihres Königs hoch erfreuet. Jerusalem aber ist ein Vorbild der christlichen Kirche. Wie der HErr in Jerusalem eingezogen ist, so ist Er auch in Seiner Kirche eingezogen, ist bei ihr geblieben und will bei ihr bleiben, bis Er sie einst mitnehmen kann auf die neue Erde, wo sie bei Ihm sein soll allezeit. Und weil Er sich von Seiner Kirche, die Seine Braut ist, nicht wieder trennen kann und will, - und wenn Er es wollte, so wäre Er ein Ehebrecher, denn Er bat sich mit ihr verlobt in Ewigkeit, - so bleibt Er bei ihr mit aller Treue, bis die himmlische Hochzeit gehalten wird. Darum ist Er nicht nur einmal gekommen, da Er Mensch wurde, sondern Er kommt Jahr aus Jahr ein, um sich immer wieder von Neuem mit Seiner Kirche zu verloben. Wir können eigentlich alle Tage ausrufen: Freue dich, du Tochter Zion, und du Tochter Jerusalem, jauchze! So haben wir seit der Zeit, daß Jesus sich mit der Kirche verlobt hat, ein tägliches Kommen des HErrn - täglich sollst du dich bereiten, den aufzunehmen, dessen Gang in Gnaden zu dir gekehrt ist. Damit wir nun den HErrn Jesum mit herzlicher Freude aufnehmen können, ist es nöthig diesen Heiland recht anzuschauen und Ihn recht lieb zu gewinnen; dann geht unsere Freude über alle Freude, denn unser König kommt zu uns. Und was für ein König ist das? Der König aller Könige und der HErr aller Herren, der Mensch geworden ist. Gott kommt zu uns und dieser Gott ist mein Bruder geworden. Ja Er heißt mit Recht König, denn Er ist wahrer Gott, wie der Vater, gelobt in Ewigkeit, gleich allmächtig, gleich gnädig, gleich barmherzig wie der Vater. Und dieser allmächtige Gott, dem Vater in allem gleich, wird Mensch und kommt zu dir.

Dies Wunder der Liebe beten wir an, daß Er an sich nimmt eines Knechts Gestalt, daß Er an Geberden erfunden wird wie ein anderer Mensch und zuletzt Sein Blut vergießt für die Sünden der Menschen, so daß es nun heißt: Das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht uns rein von aller Sünde. Das ist der König, der da kommt; darum freuet sich die Tochter Zion und die Tochter Jerusalem jauchzet. Und dabei heißt es nicht bloß: Der König kommt, Er kommt in die Welt, sondern es heißt geradezu: Dein König kommt zu dir. Da wendet sich der HErr zu einem Jeden persönlich; zu dir ist Sein Gang gekehrt, zu dir kommt der HErr, heiße du Ihn nur willkommen. Er spricht zu dir, wie einst zu Zachäus: Heute ist diesem Hause Heil widerfahren. Da ist kein Anderer gemeint, denn zu dir kommt der HErr; nach rechts und links brauchst du nicht zu schauen, sondern sage nur: HErr, da Du es sagst, daß Du zu mir kommst, so muß ich es glauben, Täuschung ist hier nicht möglich; wenn Du es aber nicht gesagt hättest, so könnte ich es nicht glauben, daß Du zu solchem Sünder, zu solchem Unreinen kämest, als ich bin. Dann kann ich aber auch nicht anders, als jauchzen und rühmen. Und diese Freude wird noch größer, wenn es heißt: Dein König kommt zu dir, ein Gerechter. Ja freilich, wenn das nicht da stünde, was könnte mir an Seinem Kommen gelegen sein? Wer mir Sünder helfen will, der darf nicht auch ein Sünder sein, wie ich bin, sondern der muß heilig, gerecht und rein sein. Nun schaue deinen Jesum an und freue dich, du Tochter Zion, jauchze, du Tochter Jerusalem! An deinem Jesu ist kein Flecken, keine Unheiligkeit zu finden; lauter Reinheit und Heiligkeit glänzt an Ihm von der Fußsohle bis zur Scheitel, von der Gottheit bis zur Menschheit. Dieser Gerechte, der ohne Sünde ist, ist ein Helfer. Wäre Er nicht gerecht, so könnte Er mir nicht helfen. Aber der Gerechte, den Keiner einer Sünde zeihen kann, der kann meine Sünde tragen, der ist Gottes Lamm geworden. Johannes sagt von Ihm: Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt. Alle meine Sünden hat Er getragen, meinen Tod hat Er gelitten, meine Verdammniß hat Er gebüßt, für mich hat Er die Hölle überwunden und nun bin ich von dem allen los und ledig. Ja, Er ist ein Meister im Helfen. Und das ist so schön, daß Er kommt arm, reitend auf einem Esel und auf einem jungen Füllen der lastbaren Eselin. Ach, wie soll ich's dem HErrn danken, daß Er so kommt und nicht anders! Wenn Er gekommen wäre als ein irdischer Königssohn, wer hätte dann ein Herz zu Ihm fassen können? Ein irdischer König hat Rosse und Kürassire, Soldaten und Trabanten zehnmal mehr als nöthig ist; willst du mit dem sprechen, so mußt du erst laufen von Herodes nach Pilatus, dazu fürchtest du dich vor einem solchen, daß dir das Herz entfallen möchte, und doch ist er ein Sünder. Wer kann Vertrauen fassen zu einem reichen, vornehmen Herrn, wenn man in Leibes- und Seelennoth ist? Gottlob, daß Jesus nicht gekommen ist als ein großer, reicher, irdischer König. Aus Erden hat Er nicht gehabt, wo Er Sein Haupt hinlegen konnte, und Sein Gefolge waren die Blinden, Lahmen, Aussätzigen, Tauben, Stummen rc. Zu diesem Heiland können alle gehen, die beladenen Herzens sind, zu diesem armen Jesus geht man gern. Fast über nichts kann man so sehr jauchzen, als daß Jesus als ein Armer kam. Ja, Er kam als ein Armer, nicht als ein König, nicht als ein Edler, nicht einmal als ein Bauer, die Herberge versagte man Ihm, im Stalle bei den Thieren mußte Er liegen; darum ist Er auch der HErr und Heiland der Armen. Demgemäß hält Er auch Seinen Einzug in Jerusalem, nicht mit Trabanten, Kürassiren und Heiducken, nein, auf einem Esel kommt Er, die Armen und Kranken sind Sein Gefolge. Und die breiten Kleider auf den Weg und rufen: Hosianna dem Sohne Davids, gelobt sei der da kommt im Namen des HErrn! Hosianna in der Höhe! Nun habt ihr euren König kennen gelernt und habt ihr ein Herz für Ihn, so jauchzt Ihm entgegen. Aber nicht nur den König, sondern auch Sein Werk sollt ihr kennen lernen und da hört nun, wie es beschrieben wird: Denn Ich will die Wagen abthun von Ephraim, und die Rosse von Jerusalem, und der Streitbogen soll zerbrochen werden. Denn Er wird den Frieden lehren unter den Heiden und Seine Herrschaft wird sein von einem Meer bis zum andern, und vom Wasser bis an der Welt Ende. Das sind die großen Werke dieses Königs. Er wird die Kriegswagen abthun von Ephraim und die Streitrosse von Jerusalem und den Streitbogen will Er gar zerbrechen. Also das Reich, das Jesus stiftet, ist ein seliges Friedensreich, darin giebt es keine Streitbogen und Streitrosse mehr. Der Friede hört auf, wo Jesus nicht regiert und der Friede regiert, wo Jesus herrscht. Ist dein Herz ein Friedensherz, ist dein Haus ein Friedenshaus, ist dein Dorf ein Friedensdorf, so ist das ein Zeichen, daß Jesus darin regiert. Höre mir zu und schreibe mein Wort in dein Herz: Hat dein Herz gegen irgend Jemand Groll und Haß? - frage dich vor Gott, - so sage ich dir, du hast kein Friedensherz, Jesus wohnt nicht darin, denn der ist ein Friedenskönig. Ihr, die ihr in einem Hause wohnt, habt ihr Frieden unter einander? findet man auch Klatschen, Beißen und Fressen bei euch? so gehört ihr Jesum nicht an, Jesus wohnt nicht darin, ihr habt kein Friedenshaus. Liegt ihr im Prozeß mit einander um das lumpige Mein und Dein, hasset ihr euch um elender Beleidigung willen, dann ist der Streitbogen bei euch noch nicht abgethan. Jesus, der Friedenskönig, herrscht nicht bei euch. Darum merket euch: Jesus kann nicht wohnen in einem Hause, in einer Gemeine, wo kein Friede ist. Darum ist auch unser Land ein rechtes Satansland geworden; allenthalben ist Streit und Zank, in der Kirche beißt man sich, in der Synode beißt man sich und im politischen Leben beißt man sich auch. Du kannst nicht sagen, was kann ich dafür? Und sagst du es doch, so antworte ich dir: Du hast deinen Theil Schuld auch daran, du hast nicht treu genug gebetet um Frieden. Laß die Menschen sich beißen und fressen, du sollst nicht daran Theil nehmen; laß Jesus bei dir den Streitbogen zerbrechen, zu einem Streithammel kommt Er nicht. Ein Friedensreich stiftet Er und darum ist allenthalben Friede, wo Jesus hinkommt und aufgenommen wird. Daß nun Jesu Reich ein seliges Friedensreich ist, das kommt daher: Er wird den Frieden lehren unter den Heiden. Von Natur ist Keiner ein Friedenskind, sondern alle sind Streithammel; aber Jesus macht uns zu Friedenskindern. Er lehrt den Frieden, Er bringt den Frieden und die Menschen, die den Friedenskönig aufnehmen, werben Friedenskinder. Und dies Friedensreich soll seine Herrschaft ausdehnen von einem Meer bis an das andere, und vom Wasser bis an der Welt Ende. Ein allgemeines Friedensreich soll gegründet werden auf der ganzen Erde, das ist die christliche Kirche; aber damit ist nicht gesagt, daß es von allen Menschen angenommen wird. Die Friedenskinder nehmen es an, die gehen hinein und wenn alle Auserwählten darin gesammelt sind, dann sagt Jesus: Es ist genug, wer nicht in Mein Reich eingehen will, der bleibe draußen, nun will Ich Meine Kinder in die ewigen Hütten auf der neuen Erde bringen. Höret nun auch den Grund, warum Jesus mit Seinen Kindern in die ewigen Hütten eingehen kann: Du lässest auch durch das Blut Deines Bundes aus Deine Gefangenen aus der Grube, darin kein Wasser ist. Kennt ihr wohl die Grube, darin kein Wasser ist? Das ist der Höllenpfuhl, der mit Feuer und Schwefel ewiglich brennt. Von demselben heißt es: Sein Wurm stirbt nicht und sein Feuer verlischt nicht. Das ist der Pfuhl, worüber die Gottlosen spotten: Wo soll das Feuer und der Schwefel herkommen! Das ist der Pfuhl, wohinein alle Gottlosen geworfen werden, und wenn sie erst darin sind, dann werden sie wohl glauben, daß es einen Höllenpfuhl giebt. Und dieses Höllenpfuhls Gefangene sind auch wir schon in diesem Leben, denn wir sind allzumal Sünder und haben den ewigen Tod verdient. Wenn Jesus Seine Gefangenen nicht aus dieser Grube führte, so müßten sie ewig darin bleiben. Aber wodurch ist es denn möglich geworden, daß Jesus uns daraus erlösen kann? Unser Text sagt: Durch das Blut Seines Bundes. Ja, das Blut Jesu Christi, das theure Bundesblut Jesu, das einst am Kreuze vergossen ist, das macht uns frei. Sein Blut, der edle Saft, hat solche Stärk und Kraft, daß auch ein Tröpflein kleine die ganze Welt kann reine und aus des Teufels Rachen frei, los und ledig machen. Meine Sünde ist getilgt und meine Schuld bezahlt. Womit? Mit dem reinen Blute Jesu Christi. Wer daran glaubt, der hat Vergebung der Sünden. Ich glaube das, darum bin ich herausgelassen aus der Grube, darin kein Wasser ist. Das ist der Weg des Heils. Glaubst du das von ganzem Herzen, so bist du geworden aus einem Teufelskinde ein Gotteskind, aus einer Braut des Teufels eine Braut Jesu Christi, und Jesus kann dich nun mit sich führen in die ewigen Hütten. Amen.

Quelle: Festbüchlein

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