Harms, Ludwig – Der Hebräerbrief - Das 8. Capitel.

Harms, Ludwig – Der Hebräerbrief - Das 8. Capitel.

Das ist nun die Summe, davon wir reden: Wir haben einen solchen Hohenpriester, der da sitzet zu der Rechten, auf dem Stuhl der Majestät im Himmel; und ist ein Pfleger der heiligen Güter und der wahrhaftigen Hütte, welche Gott aufgerichtet hat, und kein Mensch. Denn ein jeglicher Hoherpriester wird eingesetzt, zu opfern Gaben und Opfer. Darum muß auch dieser etwas haben, das Er opfere. Wenn Er nun auf Erden wäre, so wäre Er nicht Priester; dieweil da Priester sind, die nach dem Gesetz die Gaben opfern. Welche dienen dem Vorbilde, und dem Schatten der himmlischen Güter; wie die göttliche Antwort zu Mose sprach, da er sollte die Hütte vollenden: Schaue zu, sprach Er, daß du machest Alles nach dem Bilde, das dir auf dem Berge gezeiget ist. Nun aber hat Er ein besser Amt erlanget, als der eines bessern Testaments Mittler ist, welches auch auf bessern Verheißungen stehet. Denn so jenes, das erste, untadelich gewesen wäre, würde nicht Raum zu einem andern gesucht. Denn Er tadelt sie, und sagt: Siebe, es kommen die Tage, spricht der HErr, daß Ich über das Haus Israel und über das Haus Juda ein neues Testament machen will; nicht nach dem Testament, das Ich gemacht habe mir ihren Vätern an dem Tage, da Ich ihre Hand ergriff, sie auszuführen aus Egyptenland. Denn sie sind nicht geblieben in Meinem Testament; so habe Ich ihrer auch nicht wollen achten, spricht der HErr. Denn das ist das Testament, das Ich machen will dem Hause Israel nach diesen Tagen, spricht der HErr: Ich will geben Meine Gesetze in ihren Sinn, und in ihr Herz will Ich sie schreiben; u-d will ihr Gott sein, und sie sollen Mein Volk sein. Und soll nicht lehren Jemand seinen Nächsten, noch Jemand seinen Bruder, und sagen: Erkenne den HErrn. Denn sie sollen Mich Alle kennen, von dem Kleinsten an bis zu dem Größesten. Denn Ich will gnädig sein ihrer Untugend, und ihren Sünden, und ihrer Ungerechtigkeit will Ich nicht mehr gedenken. Indem Er sagt: Ein neues, macht Er das erste alt. Was aber alt und überjahret ist, das ist nahe bei seinem Ende.

Wenn der Apostel im Vorigen die Person des wahren Hohenpriesters mit der Person der levitischen Hohenpriester verglichen hat, so wendet er sich nun zum Amte und vergleicht das Amt des levitischen Priesterthums mit dem Amte des Hohenpriesterthums Christi. Zuerst kommt er noch wieder auf die Person des Hohenpriesters zurück und sagt: Das ist nun die Summe von der Person des Hohenpriesters, davon wir bisher gesprochen: Wir haben einen solchen Hohenpriester, der da sitzet zur Rechten, auf dem Stuhle der Majestät im Himmel. Damit wird in kurzen Worten der himmelhohe Unterschied des levitischen Priesterthums mit Jesu, dem wahren, vollkommenen Hohenpriester hingestellt. - Nun geht er gleich zum Amte über und sagt: Er ist ein Pfleger der heiligen Güter und der wahrhaftigen Hütte, welche Gott aufgerichtet hat, und kein Mensch. Wo ein Hoherpriester ist, muß auch ein Tempel sein und Güter, die er zu verwalten hat, oder wie es hier ausgedrückt ist, eine Stiftshütte. Sehen wir nun auf den Unterschied zwischen Jesu und dem Hohenpriester Israels, so hatte dieser es mit Bildern zu thun, während Jesus eine wahrhaftige Stiftshütte oder einen wahrhaftigen Tempel zu verwalten hat. Daß im Himmel ein wirklicher Tempel ist, sehen wir aus dieser Stelle. Dieser Tempel oder diese Stiftshütte ist nicht von Menschen gebaut, Gott hat sie aufgerichtet; darum ist es ein wahrhaftiger Tempel und es sind wahrhaftige Güter. Dieser Tempel ist jetzt im Himmel; aber am jüngsten Tage wird er auf die neue Erde hernieder fahren, und Jesus wird da Seine Wohnung haben bei den Menschenkindern. Der Begriff eines Tempels ist mit dem Begriff eines Hohenpriesters unzertrennlich verbunden. Denn ein jeglicher Hohepriester wird eingesetzt, zu opfern Gaben und Opfer. Darum muß auch dieser etwas haben, das Er opfere. So muß also Christus, der wahrhaftige Hohepriester, auch etwas haben, sonst ist Er nicht Hoherpriester; Er muß einen Tempel, Gaben und Opfer haben. Dies müssen aber himmlische Güter und Gaben sein. Auf Erden sind Priester genug, die nach dem Gesetz die Gaben opfern. Aber dieser irdische Tempel und die irdischen Hohenpriester sind nur Vorbilder, sie dienen dem Vorbilde und dem Schatten der himmlischen Güter. Die Stiftshütte, welche Moses baute, und der Tempel, welchen Salomo baute, sind Abbilder des himmlischen Tempels, und die Opfer, welche darin dargebracht wurden, sind nur Abbilder der wahren, himmlischen Güter. Das sagte der HErr selbst zu Mose in den Worten: Schaue zu, daß du machest Alles nach dem Bilde, das dir auf dem Berge gezeiget ist. Dieses Bild, welches er auf dem Berge sahe, war das Abbild der Stiftshütte des Himmels, und nach diesem Abbilde oder Risse sollte er Alles machen in der irdischen Stiftshütte. Aber nicht allein Moses hat diesen Tempel im Himmel gesehen, sondern auch der Prophet Jesaias erzählt im sechsten Capitel, daß er entrücket sei in den Himmel und er habe Gott gesehen in Seinem Tempel, und Feuer auf dem Altar, und der Saum Seines Kleides habe den Tempel erfüllt, und die Seraphim hätten das Loblied angestimmt: Heilig, heilig, heilig ist der HErr Zebaoth. Das ist der himmlische Tempel und das himmlische Amt, und das sind die himmlischen Güter und Gaben, die von Jesu, dem himmlischen Hohenpriester, verwaltet und ausgetheilt werden. Darum hat Jesus ein besonderes Amt erlangt und ist eines bessern Testaments Mittler geworden, das auch auf bessern Verheißungen stehet. Das eine ist das Vorbild, das andere im Himmel ist das ewige und vollkommene Urbild. Und diese Freude sollen wir Kinder Gottes haben, daß wir mit Jesu auf der neuen Erde in diesem Tempel sein, Seine Güter sehen, Seine Schönheit und Herrlichkeit beschauen und mit Ihm zu Tische sitzen sollen im Reiche Gottes. Daß dies aber so ist, sagt der Apostel, ist schon längst im alten Testamente anerkannt. Denn so jenes, das erste, untadelig gewesen Wäre, würde nicht Raum zu einem andern gesucht. Denn er tadelt sie und sagt: Siehe, es kommen die Tage, spricht der HErr, daß Ich über das Haus Israel, und über das Haus Juda ein neues Testament machen will. Also nach Gottes Rath und Willen sollte das alte Testament, der alte Bund und das alttestamentliche Priesterthum nur ein vorbildliches sein, dessen Schatten aufhören müsse, sobald der Körper selbst erschien. Um den himmelweiten Unterschied zu zeigen, sagt der Apostel: Nicht nach dem Testamente, das Ich gemacht habe mit ihren Vätern an dem Tage, da Ich ihre Hand ergriff, sie auszuführen aus Egyptenland. Denn sie sind nicht geblieben in Meinem Testament; so habe Ich ihrer auch nicht wollen achten, spricht der HErr. Denn das ist das Testament, das Ich machen will dem Hause Israel nach diesen Tagen, spricht der HErr: Ich will geben Meine Gesetze in ihren Sinn, und in ihr Herz will Ich sie schreiben; und will ihr Gott sein und sie sollen Mein Volk sein. Das ist also ein himmelweiter Unterschied zwischen dem alten und neuen Testamente. Das alte Testament fängt damit an, daß Gott die Hand der Israeliten ergriff und sie ausführte aus Egyptenland. Da hat Er einen Bund mit ihnen gemacht und ihnen die köstliche Perle, Sein Gesetz, gegeben. Da hat Er aber die traurige Erfahrung gemacht, daß Sein Gesetz ihnen nicht half, denn sie blieben nicht in Seinem Gesetz; und darum konnte Gott sie nicht als Sein Volk anerkennen. Zwar hat Er ihnen die größten Wohlthaten erwiesen. Er hat sie aus dem Henkerlande Egypten und von dem Drücken und Drängen Pharaos errettet; Er hat sie durch das Meer in die Wüste geführet; Er hat sie gespeiset und getränket mit Brot vom Himmel und Wasser aus dem Felsen; Er hat sie geführet und geleitet durch die Wolken- und Feuersäule, und ihre Schuhe und Kleider ließ Er nicht veralten; Er hat sie zuletzt ins Land Kanaan geführt, wo Milch und Honig innen fließet. Aber trotz dieser Wohlthaten, die sie doch zur Liebe und Dankbarkeit verpflichtete, trotz der Perle des Gesetzes war die Folge: Sie sind nicht geblieben in Meinem Testamente; so habe Ich ihrer auch nicht wollen achten, spricht der HErr. So war Alles im alten Testamente auch nur irdisch. Irdische Bedrückung in Egypten, irdische Errettung durch Mose, irdische Speise und Trank, denn das Brot vom Himmel und das Wasser aus dem Felsen war doch nur für den Leib, irdisch war in gewisser Weise auch nur das Gesetz, denn bei dem Gesetz, wenn sie es nicht hielten, war die Strafe, daß sie des Todes sterben sollten. Damit stimmt auch, daß das Gesetz in Steine gegraben war, daß es nicht vergessen werden konnte. Vergleichen wir nun damit das neue Testament, das der HErr mit uns gemacht hat nach diesen Tagen, da ist Alles himmlisch. Ich will geben Meine Gesetze in ihren Sinn und in ihr Herz will Ich es schreiben; und will ihr Gott sein und sie sollen Mein Volk sein. Im neuen Bunde ist das Gesetz nicht in steinerne Tafeln geschrieben, sondern in die Herzen; nicht mit einem irdischen Griffel, sondern Gott hat es ins Herz geschrieben mit dem Griffel des heiligen Geistes, und damit Lust und Liebe, es zu thun. So ist im neuen Bunde Alles himmlisch, dagegen im alten Alles irdisch. Der Hohepriester ist himmlisch, das Amt ist himmlisch, die Gaben sind himmlisch. Hat Gott die Israeliten im alten Bunde aus der Bedrückung und Knechtschaft Pharaos erlöst, so hat Er uns im neuen Bunde aus der Knechtschaft des Teufels und der Sünde erlöst! hat Er sie gespeiset und getränket mit dem irdischen Brot und Wasser, so speiset Er uns im neuen Bunde mit der himmlischen Speise des Leibes unsers HErrn Jesu und tränkt uns mit dem Tranke des Himmelsblutes unsers HErrn Jesu Christi. Im alten Bunde ist das Gesetz in steinerne Tafeln geschrieben, im neuen in die fleischernen Tafeln des Herzens und damit Lust an Gottes Gesetz. So ist also der alte Bund etwas Aeußerliches, außer dem Menschen Stellendes, das ihm das Herz nicht ändern kann; der neue Bund dagegen ist etwas Innerliches, ins Herz Geschriebenes, in dem Menschen Bestehendes, dadurch das Herz umgewandelt und die Gläubigen das rechte Volk Gottes werden und deren Gott der HErr Selbst ist, der ihnen Seinen Willen ins Herz geschrieben hat. Aber dies Alles, was hier auf Erden in uns angefangen ist, findet seine Vollendung nach dem jüngsten Tage auf der neuen Erde. Da tritt dann unter dem Volke Gottes, das dahin gekommen und das Ziel erreicht hat, dieser Zustand ein: Es soll nicht Jemand lehren seinen Nächsten, noch Jemand seinen Bruder und sagen: Erkenne den HErrn, denn sie sollen Mich Alle kennen, von dem Kleinsten an bis zu dem Größesten. Hier auf Erden ist es anders, selbst unter dem neuen Testamente kann man nicht sagen: Es soll nicht lehren Jemand seinen Nächsten, noch Jemand seinen Bruder, und sagen: Erkenne den HErrn; denn hier ist noch nicht, daß Alle Ihn kennen, vom Kleinsten bis zum Größesten. Hier muß der Stand der Lehrer und Prediger noch bleiben. Was sollte aus der Christenheit werden, wenn keine Lehrer und Prediger mehr wären? Nehmen wir die Lehre und Predigt weg, so würde bald auf der ganzen Erde ein wüstes, rohes Heidenvolk wohnen. Der Prediger- und Lehrerstand ist also das Nothwendigste auf Erden, und darum ermahnt uns die heilige Schrift auch so oft, Predigt und Lehre zu hören und darin immer treuer und eifriger zu werden. Auf der neuen Erde ist die Predigt nicht mehr nöthig, ist auch nicht mehr da; die Lehre ist ebenfalls nicht mehr nöthig und da. Alle kennen Gott aus unmittelbarer Anschauung; Alle erkennen Gott von Angesicht zu Angesicht! Alle sind vom heiligen Geist geleitet, was bedürfen sie da noch der Predigt und Lehre! Es wird auf der neuen Erde auch nicht König und Obrigkeit sein; was sollen sie dort auch! Hier sollen sie regieren und Recht und Gerechtigkeit handhaben; da ist es nicht nöthig, Jeder hat den HErrn vollkommen erkannt und gehorcht Ihm ebenso vollkommen. Die Obrigkeit ist da, die Uebelthäter zu strafen; da sind keine Uebelthäter. Da gibt es also keine Prediger, keine Lehrer, keine Könige, keine Obrigkeit mehr. Da tritt der Zustand ein, der hier auf Erden nicht eintreten kann. Die Leute sprechen viel von Freiheit und Gleichheit, das ist aber auf der Erde immer Revolutions-Geist. Auf der neuen Erde ist vollkommene Freiheit und Gleichheit. So sehen wir - Predigt, Lehre, Obrigkeit, Verbot, Befehl rc. muß auf dieser Erde sein um der Sünde willen. Wie lieblich muß es sein, wenn wir dort sind, wo Jeder den HErrn erkennt und vom heiligen Geist geleitet ist, wo allenthalben Friede und Freude im heiligen Geist ist. Und woher das Alles? Denn Ich will gnädig sein ihrer Untugend und ihrer Sünden, und ihrer Ungerechtigkeit will Ich nicht mehr gedenken. Sünde und Ungerechtigkeit ist abgethan. In der Vergebung der Sünden sind die Frommen entschlafen, in der Vergebung der Sünden sind sie aufgewacht; darum die vollkommene Freiheit und Gleichheit, weil keine Sünde mehr herrscht. Hier kann der Zustand der Gleichheit nicht eintreten um der Sünde willen; dort sind Alle frei und gleich, nur abhängig von dem HErrn ihrem Gott. - Zum Schluß sagt der Apostel: Indem Er sagt: Ein neues; macht Er das erste alt. Was aber alt und überjahret ist, das ist nahe bei seinem Ende. Dies Alles, sagt er, kann sein das Ende des alten Bundes, aber nie das Ende des neuen. Der alte Bund ist als ein überjahrter, der seinen Zweck erfüllt hat, abgeschafft, statt dessen ist eingetreten der neue Bund, hier zwar kämpfend und siegend, bis er auf der neuen Erde zur Vollkommenheit kommt. Aus diesem Allen sehen wir, daß der Mittler des neuen Testaments so unendlich viel höher ist als der Mittler des alten Testaments, und das Amt des neuen Testaments als das des alten Testaments, daß es uns die Erwartung gibt, auf der neuen Erde zu leben in seliger Freiheit und Gleichheit ewiglich. Gott gebe, daß wir Alle Theil daran haben. Amen.

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