Harms, Claus - Am neunzehnten Sonntag nach Trinitatis 1843

Harms, Claus - Am neunzehnten Sonntag nach Trinitatis 1843

Ges. 503 u. 1-7. Mein Jesus liebet mich rc.

Bin ich am Ziele denn - fährt der Prediger fort - bin ich am Ziele denn, Am Ende meiner Tage, So machet er mich frei Von aller Noth und Plage, Und ewig, ewig ist Die Wonn' und Herrlichkeit, Mit welcher Jesus mich Nach meinem Kampf erfreut. So weit der Prediger mit der Gemeinde, als auch ein Mitglied derselben, mitsingend, mitbetend; darnach soll er vortreten und vortragen. Ich glaube, darum rede ich, steht zweimal in der Bibel, selbst ein Apostel hat so gesprochen, 2. Cor. 4, und als im Namen seiner Mitapostel: Wir glauben, darum reden wir, den Geist des Glaubens habend, und spricht damit seine Berechtigung aus, vorzutreten und vorzutragen. Was immer denn auch für Zuhörer um die Kanzel sind, ob sie den Kopf schütteln zu dem, was gepredigt wird oder dazu lachen, wie es denn solche Lacher zu Zeiten hier geben soll, noch vorigen Sonntag einen solchen, da, in der Gegend der Kanzel gegeben haben soll - richte Gott zwischen denen und der Gemeinde, die sie ärgern, zwischen denen und mir, den sie betrüben, wenn er es zu hören bekommt - doch lieber will ich's hören und mich betrüben, als in Unkenntniß bleiben, wie mein Vortrag aufgenommen wird; denn ich soll ja das Wort zurichten, wie es allen Hörern heilsam ist. Was immer auch für welche um die Kanzel sind, so ist ein Glaube zu predigen, der nicht von ihnen und nicht von mir gemacht, sondern der für sie und mich längst gemacht ist, vollkommen fertig, und wir sollen uns finden in denselben und stets weiter, tiefer in denselben hinein, wie durch Anderes, so auch durch das Wort der Predigt erleuchtet und geleitet, wes Maßes ein schwacher, sündiger Mensch den Geist des Glaubens hat und in demselben Geiste redet. Daß wir es hiermit wissen beiderseits, wie es zwischen uns stehet. -

Luc. 7, 36-50. Es bot ihn aber der Pharisäer einer, daß er mit ihm äße. Und er ging hinein in des Pharisäers Haus, und setzte sich zu Tische. Und siehe, ein Weib war in dir Stadt, die war eine Sünderin. Da die vernahm, daß er zu Tische saß in des Pharisäers Hause, brachte sie ein Glas mit Salben. Und trat hinten zu seinen Füßen, und weinete, und fing an seine Füße zu netzen mit Thränen, und mit den Haaren ihres Haupts zu trocknen, und küssete seine Füße, und salbete sie mit Salben. Da aber das der Pharisäer sahe, der ihn geladen hatte, sprach er bei sich selbst und sagte. Wenn dieser ein Prophet wäre, so wüßte er, wer und welch' ein Weib das ist, die ihn anrühret; denn sie ist eine Sünderin. Jesus antwortete und sprach zu ihm: Simon, ich habe dir etwas zu sagen. Er aber sprach: Meister, sage an. Es hatte ein Wucherer zween Schuldner. Einer war schuldig fünfhundert Groschen, der andere fünfzig. Da sie aber nicht hatten zu bezahlen, schenkte er es Beiden. Sage an, welcher unter denen wird ihn am meisten lieben? Simon antwortete, uns sprach: Ich achte, dem er am meisten geschenket hat. Er aber sprach zu ihm: Du hast recht gerichtet. Und er wandte sich zu dem Weibe, und sprach zu Simon: Siehest du dies Weib? Ich bin gekommen in dein Haus; du hast mir nicht Wasser gegeben zu meinen Füssen; diese aber hat meine Füße mit Thränen genetzet, und mit den Haaren ihres Haupts getrocknet. Du hast mir keinen Kuß gegeben; diese aber, nachdem sie herein gekommen ist, hat sie nicht abgelassen, meine Füße zu küssen. Du hast mein Haupt nicht mit Oel gesalbet; sie aber hat meine Füße mit Salben gesalbet. Derhalben sage ich dir: ihr sind viele Sünden vergeben, denn sie hat viel geliebet; welchem aber wenig vergeben wird, der liebet wenig. Und er sprach zu ihr: Dir sind deine Sünden vergeben. Da fingen an, die mit zu Tische saßen, und sprachen bei sich selbst: Wer ist dieser, der auch die Sünden vergiebt? Er aber sprach zu dem Weibe: Dein Glaube hat dir geholfen; gehe hin mit Frieden.

Gleichwie es vorigen Sonntag der Glaube an Christum, den Sohn Gottes, war nach dem damaligen Texte, so wird es denn heute sein die Liebe zu Jesu Christo nach dem heutigen Texte, die wir nach demselben in dieser Stunde betrachten:

Die Liebe zu Jesu Christo, in Betracht welcher wir sehen:

  1. auf ihre äußerlichen Zeichen,
  2. auf ihren innern Bestand,
  3. auf ihre richtige Herkunft, und
  4. was Himmlisches ihr auf ihrem Wege mitgegeben wird.

1.

Da sind Zeichen der Liebe zu Jesu, von ihren Zeichen reden wir zuerst. Drei für Eins. Jesus zählt sie dem Pharisäer vor: sie hat meine Füße mit Thränen genetzt, sie hat meine Füße mit Salben gesalbet, sie hat nicht abgelassen, meine Füße zu küssen - ist morgenländisch, jedes Land hat seine Weise in solchen Dingen; es wird aber von Christo selbst ein Zeichen der Liebe gegen ihn genannt: sie hat viel geliebet. Lassen wir es bei dem Ausdruck Liebe, der hier genommen ist; ein umfassender ist er ja auch, als der ebenfalls Verehrung, Dankbarkeit, Demuth in sich schließt. Sehen wir aber zu, welche Zeichen, welche Aeußerungen unsrer Liebe bei uns zu sehen sind und unter uns sich finden. Welche sind es? Es sind ihrer eine Reihe, nennen wir nur die alleräußerlichste Aeußerung oder deren auf einmal zwei: das Zeichen des heiligen Kreuzes und die Beugung bei dem feierlichen Aussprechen des Namens Jesu. Was letzteres betrifft, so mag das Schriftwort, Phil. 2, daß in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie rc., nicht äußerlich zu verstehen sein, sondern innerlich, geistig verehren, tief verehren sollen wir ihn; jedoch ist es Sitte geworden, sich auch äußerlich zu beugen, ich meine, durch die ganze Christenheit, gleichwie das Zeichen des Kreuzes machen auch bei andern Handlungen noch als bei den vorkommenden öffentlichen Handlungen, so zu sprechen im Privatgebrauch, Sitte geworden ist. Was immer das sagt, das eine wie das andre, und selbst dann, wenn nicht der Glaube, sondern der Aberglaube die Hand führt, welche das Kreuz macht: so ist's doch, wenn auch die Liebe selbst nicht, ihr Zeichen doch, ihr äußerliches Zeichen; eben wie dieses Zeichen, das auf Gräber, auf Kirchen, in Kirchen gesetzt wird und wo es sonst vorkommt, an Jesus erinnert, und als ein Bekenntnis seiner Ehre, wir sprechen nach dem Texte: seiner Liebe gilt. Es sei nun gefragt, wie unter uns es mit diesen Zeichen steh', ob sie sich mehren oder mindern? und wie jeder Einzelne es mit denselben halte? Dann nenn' ich das Abendmahl. Dasselbe ist von ihm selbst, von ihm selbst eingesetzet zu seinem Gedächtniß, zu Anderem auch, aber dies giebt er selbst an. Was thun, die keinen Theil nehmen an diesem Mahle? Das wird doch kein Mensch sagen, daß sie den Herrn ehren, .wenn sie von seinem Tische sich fern halten. Es ist nicht zu hart gesprochen, wahrlich nicht, wenn man von Diesen sagt, daß sie Christum, wo nicht verachten, doch nicht achten, ihn nicht für hoch und werth genug achten, um dies Zeichen ihrer Liebe gegen ihn vor den Menschen zu geben. Was auch dahinter, darunter, zum Grunde liegen mag bei denen, die es thun - die Herzen kennt Gott allein und richtet sie - wir aber müssen davon sagen: So erweisen sie äußerlich wenigstens ihm keine Ehre und schämen sich des Zeichens, mit welchem Gläubige ihre Liebe äußern. Dann: Wir haben einen Ort, an welchem die Rede von ihm ist, so wie zur Stunde hier, ja, wie die Frommen es achten, daß er selbst, Jesus Christus, da spreche, rufe, lehre, locke, warne, dräue, tröste und erfreue. De n Ort unbesucht, unbetreten lassen, was zeigt es an? Aber ihn suchen, oft dahin kommen, äußerliche Abhaltungen überwinden, die Zeit dazu sich schaffen, wenn sie fehlt, und Anderes liegen lassen, um Christi Wort zu hören - wir küssen und salben ihm damit die Füße und wer Empfindungen dabei hat, das ist als die mit ihren Thränen seine Füße benetzte, da wir ihn äußerlich, leiblich nicht haben, daß wir doch auf diese Weise lassen es äußerlich werden, was in aller Welt als Zeichen der Verehrung gilt und als Zeichen der Liebe. Auch hier gefragt, wie vorher: wie steht es um diese Zeichen unter uns, in der Gemeinde? Mehren oder mindern sich diese äußerlichen Zeichen der Liebe gegen Jesum?

2.

Ob sie Werth haben, diese genannten, und die andern Zeichen, die nicht genannt sind? Eine Frage, mit welcher wir unsern Weg weiter gehen zu dem innern Bestande der Liebeszeichen. Wir reden aus dem Texte. Daß sie in den Augen des Herrn einen Werth hatten, daß er sie wohl aufnahm, lehret sein Wort an Simon, den Pharisäer. Dieser hatte ihn zu Tisch geladen, bewirthete ihn; allein das Weib that mehr, liebte mehr als er, was der Gast, veranlaßt dazu, ihm vorhielt: Du hast es fehlen lassen hieran und daran, sie aber hat das und das und das gethan. Gewiß, wenn sie es hätte angethan gelassen, obschon in ihrem Herzen sich Verehrung, Dankbarkeit, Liebe gefunden, wie es ja der Herr gewußt hätte - als welcher hörte, was Simon bei sich selbst sprach - und sie hätte das bei sich beschlossen, wär' ihres Wegs aber gegangen, ohne es zu thun, so würde er nicht gesagt haben, was er jetzt sagte und ihr äußerliches Thun also nennt: Sie hat viel geliebt, Simon wenig. Ja, die Zeichen gehören mit dazu, sie sind nicht die Liebe selbst, können sich finden ohne die Sache, aber die Sache kann nicht ohne sie sein, es fehlt an der Sache etwas, es fehlt der Sache etwas, wo ihr angemessenes Zeichen fehlt, und sie trachtet darnach, wie der Leib nach der Kleidung, wie das Leben nach der Luft. Werthe Zuhörer, da ist noch viel zu lernen und zu erforschen, wie die Sache und ihr Zeichen, wie das Innerliche und das Aeußerliche zu einander stehn, es ist ein Band dazwischen, das in all' seinen Fäden kein Mensch kennt. Aber schreiten wir nicht aus unsrer Bahn. Wovon sind es Zeichen, was wir so genannt haben? d. h. was ist die Liebe gegen Jesum? O, Liebe ist Liebe, sie hat zu ihrer Wohnung das Herz, da ist sie, da ist sie als Verlangen, näher und näher verbunden zu sein, da ist sie als Arbeit der Gedanken, nahe zu kommen, da ist sie als bereitliegendes Opfer, das man bringet oder zu bringen bereit stehet, da ist sie als Freude, wenn das Dargebrachte angenommen und gewürdigt wird, da ist sie als Schmerz, wenn man sich abgewiesen sieht, ja als Schmerz noch einmal, wenn etwas geschehen ist, was nicht selten geschieht, das den Geliebten betrüben muß; und noch einmal als Schmerz, wenn in solchem Fall der Schmerz fehlet, und wenn überall die Empfindung fehlet, letzterer Fall gar kein seltener, ein Zeugniß sowohl vom Dasein der Liebe, als auch, daß das ganze Herz in Liebe brennt. Ich wollte sagen, was für einen innern Bestand die Jesusliebe hätte: dies ist er. Und ob es gleich wenig gesagt ist, ich weiß es wohl, so sind im Gesprochenen doch die Haupterscheinungen aufgefaßt; d'rum noch einmal: das ist die Liebe zu Jesu. Und nun die vorhin genannten Zeichen, wie stehn diese dazu? Sie sind Ausstrahlungen, Ausflüsse dieser innerlichen Liebe, sind Gefäßen gleich, darin die Liebe gelegt wird. Das nur? Sind sie nicht mehr? Ja, sie sind auch Gefäße, darin uns die Liebe, die fehlende, niemals dagewesene oder wieder ausgegangene, verschwundene Liebe zugetragen wird. Dies Letzte ist sowohl der Fall, wie das Erste. Wir sind wohl ziemlich Alle mit unsrer Jesusliebe nicht zufrieden; darum, ergreifen wir die Zeichen nur, die Sache wird kommen; und gethan, als wenn wir liebeten, so werden wir wirklich lieben. Ist's nicht Heuchelei? Mit nichten, der gute Wille ist da, die Absicht, die redliche fromme Absicht; darum ist's keine Heuchelei. Die Zeichen sind Mittel zum Zweck, die wollen gebraucht werden, sind Wege zur Sache hin, die wollen gegangen werden. O Jesu, des Weges hast du deine meisten Liebhaber und Verehrer bekommen, siehe hier uns Alle auf diesem Wege und komm' uns entgegen!

3.

Alle unter euch, die mit mir einen solchen Seufzer heraus, hinauf geschickt haben, die haben es im Glauben an Christum gethan, daß er Gottes Sohn sei und als Gottes Sohn überall da, wo er angerufen wird, gegenwärtig; da ist Glaube, daß er ein Werk, welches seines ist, an uns gethan habe oder es zu thun geneigt und bereit sei. Das aber ist sein Werk, dazu er gekommen ist nach eigner Erklärung, sein bleibendes Werk, von ihm und von seinen Gesandten dafür erklärt, sein einziges Werk auf der Erde, denn Blinde und Blindgeborne, die es äußerlich sind, heilet er nicht mehr; das war ja auch, da er sichtbar auf Erden ging, nur sein Danebenthun. - Sein eigentliches Werk aber, von da die Liebe ihre richtige Herkunft hat, das ist dasjenige, was wir im Texte ihn thun sehen - er vergiebt die Sünde. Wes Jesusliebe eine andre Herkunft als diese hat, die ist nicht von richtiger Herkunft. Zugegeben, daß bei Einigen die Liebe anderswoher kommt, die seine Lehre nennen, die seine verrichteten Thaten nennen, die seinen geführten Wandel nennen: nein, ich begreife sie nicht und versteh' sie nicht, der ich des Falles bin, daß mir seine Gottheit hie und da seine Menschheit decken, vertheidigen und rechtfertigen muß. Hier stehe mein Bekenntniß, es ist die Zeit der Bekenntnisse, in unsern Tagen vornehmlich: Diejenigen irren, und ihre Liebe, wenn sie wirklich Liebe gegen Jesum haben, stehet auf dem rechten Grunde nicht, die nicht an Christum als an den Sündenvergeber glauben, sie haben ihr eignes Gedicht und Gemächt. Mir gelten die Worte als das ganze Evangelium: Dieser Kelch ist das neue Testament in meinem Blute, das für euch vergossen wird zur Vergebung der Sünden. Die im Text, die Sünderin, hatt' es gehört und hörte das aus seinem Munde, wogegen wir das Wort mit dem geweckten Glaubensohr hören müssen; doch war es auch bei ihr der Glaube und ihre Liebe hatte ihn zur Herkunft. Sagt Christus auch ja nicht: Deine Liebe hat dir geholfen, sondern: dein Glaube hat dir geholfen. Andre Gläubige zu der Zeit hatten zugleich andre Gutthat von ihm erfahren und andre Hülfen, leibliche. Daher steht mir eben diese Person in der evangelischen Geschichte unter den darin vorkommenden Personen so besonders hoch, daß sie, wie gelesen wird, auch nichts anderes empfangen hatte, als Vergebung von ihm. Jene Maria, Lazari Schwester, die kurz vor seinem Tode dasselbe that, dessen so rühmlich in der Passionsgeschichte gedacht wird, die hatte Lehre empfangen, zu seinen Füßen sitzend, hatte mit Schwester und Bruder seinen Umgang gehabt, wogegen diese hier nichts, als ihrer Sünden Vergebung auf ihren Glauben, und der war ihrer Liebe Herkunft. Christenheit, oder wie weit mein Wort nur geht, Gemeinde, Versammlung, zu diesem Glauben und seiner Erfahrung mußt du hinan, wenn du Liebe zum Heiland haben möchtest, deinen Heiland und Sündenvergeber mußt du ihn werden lassen, sonst kommst du zu keiner Liebe. Schlage, picke noch so viel an den Stein, du bringst keinen Funken heraus, der Stein ist stumpf, und der Stahl ist Eisen. Dies muß der Stein sein: das sündige Herz, davon du weißt, und der Stahl der Vergebung, daran du glaubst, die geglaubte Sündenvergebung. Das ist die Lehre, von der unlängst gesagt worden ist, sie stoße die Gebildeten ab; sie thue es denn, und die Ungebildeten mit den Gebildeten, ich habe keine andre. Christenheit oder Gemeindeversammlung, eurer Einige haben einen langen Weg bis dahin. Sie sollen noch erst zur Erkenntniß kommen, was Sünde sei, sie sollen noch erst zur Erkenntniß und Erfahrung kommen, was Vergebung sei, sie sollen noch erst zur Erkenntniß und Erfahrung kommen, daß Jesus Christus es sei, an welchem wir haben die Erlösung durch sein Blut, nämlich die Vergebung der Sünden, darnach und demnächst kommen sie auch zu der Liebe, zu der Liebe von richtiger Herkunft, wie hier im Texte die Liebe der Sünderin. Ihr Alle, die ihr auch liebet wie Simon, nicht im Herzen und nicht mit Zeichen, es ist begreiflich, hier steht der Grund geschrieben: euch ist wenig vergeben, ihr laßt euch wenig vergeben; ach, wenn ihr wolltet euch viel vergeben lassen! Das ist über euch Alle hin von mir gesprochen - sei's so und anders gefallen in aller Hörer Seelen.

4.

Dein Glaube hat dir geholfen, gehe hin in Frieden. Noch dieses letzte Wort, daraus wir hören, was der Jesusliebe, wo sie ist, mit auf ihren Weg gegeben wird.

Das muß doch wohl ein großes und bedeutungsreiches Wort heißen, das Wort Friede, da es zu einem solchen Gebrauch in der Christenheit, in ihren Gottesdiensten, bei ihren Religionshandlungen gelangt ist.

Auf den Frieden haben Aaron und alle Priester Israels gesegnet, die christlichen segnen mit ihm: „Und gebe euch Frieden“; „Gottes Friede sei mit dir“ wird zu dem getauften Kinde, „gehet hin in Frieden“ wird zu den absolvirten Beichtkindern gesprochen. Was ist er? Die Beruhigung des Herzens, die Stillung des Gewissens, das Zeugniß von der erlangten und wiedererlangten Gotteskindschaft, ein Zuschließen der Höllenthür und ein Aufschließen der Himmelsthür, dazu, während wir leben, ein Muth zu kämpfen, ein Trost, wenn wir leiden, kurz, der ruhige Hinblick über alle Kommnisse und Kommlichkeiten: es ist ja eine ebenso mächtige als gütige Hand, welche darüber schwebet. Wohin die, zu der Christus gesprochen hat: Gehe hin in Frieden, darnach gegangen, und wie sie sich gehalten hat, wie weit entfernt von ihren früheren Wegen, und welch' ein Exempel der Reinheit und Heiligkeit sie in ihrem Kreise geworden ist: das steht nicht geschrieben, allein wir wissen, was ihr mitgegeben, und sagen davon: Das ist ihre Bewahrung gewesen, und wenn sie vor Menschen Augen auch ihr Lebtag als eine Befleckte hat gehen müssen, hat sie sich doch rein gewußt vor Gott und allen Engeln durch diesen erhaltenen Frieden. Dazu ist sie nicht wieder gekommen, daß sie Jesu mit ihren Thränen die Füße hat benetzen können, aber wie manchmal wird sie doch vor ihm geweint haben in ihrer Liebe. Dazu ist sie nicht wieder gekommen, daß sie seine Füße geküsset hat, aber wie manchen Seufzer mag sie ihm nach geschickt und zu dem im Himmel Erhöhten hinaufgeschickt haben. Dazu ist sie nicht wieder gekommen, daß sie ihn salbete aus dem Glase, aber die reinere und viel besser riechende Salbe des Danks und der Liebe, die in ihrem Herzen war, wird sie vor ihm ausgeschüttet haben.

Sie ist ihren Weg zu Ende gekommen; wir Alle sind noch auf dem Wege, stehn im Augenblick vor Jesu; unser Einige werden ihm noch näher treten, an den Altar, dahin sie mit Glauben und Liebe gehen. O Jesu, laß uns nicht weggehen, laß heute keinen Einzigen hier aus der Kirche gehen, der nicht gehört, daß du zu ihm sprichst, wie du zu Jener gesprochen hast: Gehe hin in Frieden. Amen.

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