Grafe, Hermann Heinrich - Vom rechten und unrechten Richten

Grafe, Hermann Heinrich - Vom rechten und unrechten Richten

“Richtet nicht, auf daß ihr nicht gerichtet werdet.“
Mat. 7,1

Liebloses und hochmütiges Richten ist leider sehr häufig in den Reihen der Christen. Mit sehr ernsten Worten warnt der Herr davor: „Mit welcherlei Gericht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden, und mit welcherlei Maß ihr messet, wird euch gemessen werden. Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge, und wirst nicht gewahr des Balkens in deinem Auge? Ober wie darfst du sagen: Halt, ich will dir den Splitter aus deinem Auge ziehen? Und siehe, ein Balken ist in deinem Auge. Du Heuchler, zieh am ersten den Balken aus deinem Auge; danach besiehe, wie du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehest.“

Zuerst sollen wir uns selber richten und strafen; haben wir das getan, so sollen wir freilich den Bruder auch auf seine Fehler aufmerksam machen, denn es steht geschrieben: „Du sollst deinen Bruder nicht hassen, sondern strafen.“ Nicht alles Richten ist unrecht. Werden wir doch aufgefordert, alles zu prüfen und nur das Gute zu behalten, und nicht einem jeglichen Geist zu glauben, sondern die Geister zu prüfen, ob sie von Gott sind (1. Joh. 4,1). Wenn wir nach dem Wort des Herrn das Heiligtum nicht vor die Hunde und die Perlen nicht vor die Säue werfen sollen, so müssen wir doch die Menschen und Umstände beurteilen, damit wir wissen, ob wir es mit solchen zu tun haben, und zwar aus Liebe zu den Menschen und zum Heiligtum. So sündigt auch Paulus nicht gegen das Verbot des Richtens, wenn er 1. Kor. 5,13 sagt: „Tut von euch selbst hinaus, wer da böse ist“, so wenig wie der Herr, als er sprach: „Hört er die Gemeinde nicht, so haltet ihn als einen Heiden und Zöllner.“ (Mat. 18,17). Solches Richten entspringt nicht dem Hochmut und der Lieblosigkeit, sondern ist eine Frucht heiligen Eifers und wahrer Liebe.

Wer gering und niedrig von sich denket,
dem fällt's Lieben niemals schwer.
Wer dem andern gern den Vorzug schenket,
dessen Herz liebt immer mehr.
Ja, es ist zu wahren Freundschaftstrieben
und zu dem geschwisterlichen Lieben
nichts so nötig jederzeit,
als die Herzensniedrigkeit!

Quelle: Gärtner - Eine Wochenschrift für Gemeinde und Haus 1926

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