Grafe, Hermann Heinrich - Austritt von H. H. Grafe und anderen aus der reformierten Gemeinde

Grafe, Hermann Heinrich - Austritt von H. H. Grafe und anderen aus der reformierten Gemeinde

Einem ehrwürdigen Presbyterium der Reformierten Gemeine hier

erlauben sich die Unterzeichneten ihren Austritt aus der Reformirten Gemeine hierselbst anzuzeigen.

Elberfeld, den 30. November 1854

Hermann Heinrich Grafe
Johann Peter Wülfing E. S.
Johann Friederich Gottlob Paul

Daß die vorstehenden Unterschriften von den genannten dreien Herren von ihm anerkannt worden sind, beglaubigt

Elberfeld am 1.ten Dezember 1854
Der Ober-Bürgermeister
Lischke

Ehrwürdige Herren.

Die Unterzeichneten zeigen Ihnen hierdurch ihren Austritt aus der reform. Gemeine an.-

Wir können diese Erklärung nicht machen, ohne Ihnen zugleich den Beweggrund dazu kurz anzugeben.

Es handelt sich für uns nicht um herrschende Uebelstände, um eine mangelhafte Praxis in der Kirche, die mit der Zeit und nach Umständen beßer werden könnte; es handelt sich für uns vielmehr um die Grundlage der bestehenden Volkskirche, in welcher der Ungläubige mit den Gläubigen, auf Grund einer Massenkonfirmation dasselbe Recht genießt.

Ueberzeugt von der Nothwendigkeit, des persönlichen Glaubens, um Christo anzugehören, fühlen wir uns in unserm Gewißen gebunden, diesen großen evangelischen Grundsatz nicht nur mit dem Munde zu bekennen, sondern auch mit der That zu bewahrheiten. Und Was uns in dieser Beziehung für die Person gilt, als Christ, das gilt uns auch für die Gemeinschaft, als eine christliche, die aus Personen besteht und nicht aus Institutionen, welche blos objectiv gehalten, subjectiv nichts bedeuten.

Der kirchliche Formalismus enthält für die geistige Lebensgemeinschaft dieselbe Gefahr, wie die todte Orthodoxie für den seligmachenden Glauben. Es ist ein Unrecht an der Wahrheit, Jemanden auf ein Glaubensbekenntniß zu verpflichten, deßen Inhalt er doch nicht glaubt. Wozu der bloße Schein, wenn man wirklich die Wahrheit will! Es ist deßhalb nothwendig das persönliche Verhältniß zur Wahrheit entscheiden zu laßen, wenn es sich darum handelt, einer Gemeinschaft beizutreten oder anzugehören, deren erste Bedingung und Pflicht es ist, der Wahrheit zu dienen. Diese Gemeinschaft selbst soll aber auch eine Wahrheit sein: und da dürfen wir uns und Ihnen, ehrwürdige Herren, nicht verhehlen, daß wir die Wahrheit der Gemeinschaft in Christo da nicht finden, wo auch offenbar Ungläubige und Feinde Jesu Christi noch Raum haben. Wir trennen uns deßhalb von Ihrer Gemeine, weil die Gläubigen in derselbe sich grundsätzlich nicht von der Welt trennen wollen, deren Freundschaft doch Gottes Feindschaft ist und bleibt.

Indem wir so die Trennung der Gläubigen von den Ungläubigen nach II Cor 6,14-18 verlangen, könnte es den Schein haben, als wären wir in dem Wahn befangen, eine absolut reine Gemeine von Auserwählten und Wiedergeborenen herstellen zu wollen. Wir protestiren gegen einen solchen Irrthum. Wir wißen zu gut aus der Geschichte der ersten christlichen Gemeinen, daß sich Heuchler, oder falsche Brüder neben einschleichen können, als daß wir etwas verlangen, wozu uns das Wort Gottes kein Recht verleiht. Sie werden aber, ehrwürdige Herren, mit uns den großen Unterschied erkennen, der darin besteht, Heuchler in der Gemeine zu dulden, die als solche nur Gott bekannt sind, der das Herz prüfet und die Seinen kennt, oder mit der offenbaren Welt Gemeinschaft zu pflegen und an Einem Joche zu ziehen, die als solche doch den breiten Weg des Verderbens geht Matth. 7,13.

Wir bitten Sie daher, ehrwürdige Herren, unsern Austritt aus der Volkskirche als einen Act des Gewißens anzusehen und nicht als den Ausdruck einer bloßen Opposition.

Wir erklären es vor dem Herrn, daß wir die Brüder in Ihrer Gemeine, wie in jeder andern Kirche, von Herzen liebhaben und daß wir das Band, welches uns mit ihnen in Christus, unserm erhöhten Haupte, auf ewig umschlingt, nicht gering achten. Wir wünschen vielmehr durch die That zu beweisen, daß wir mit Ihnen, als Glieder Eines Leibes, aufs engste verbunden sind, damit die Welt an der brüderlichen Liebe untereinander erkennen, daß wir Christo wahre Jünger sind.

Mit dem Gruße aufrichtiger Ehrerbietung!

Johann Peter Wülfing E.S.
Johann Friederich Gottlob Paul
Hermann Heinrich Grafe

Elberfeld, 30. Novbr. 1854

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