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Klagelieder - Kapitel 4

Klagelieder - Kapitel 4

(Leander van Eß)

Klaglied über die Zerstörung Jerusalems, und über den bejammernswürdigen Zustand der Einwohner während der Belagerung. Den Edomiten wird wegen ihrer Schadenfreude über das Unglück des jüdischen Volkes der Untergang angekündigt.

1 Wie ist das Gold verdunkelt, das feinste Gold verändert! da liegen gestreut die heiligen Steine an aller Straßen Ecken!
2 Zions Söhne, die Edlen, sonst gediegenem Golde gleichgeschätzt, ach! jetzt sind sie wie irdenes Geschirr, geachtet, wie ein Werk von des Töpfers Händen.
3 Sogar die wilden Thiere reichen ihre Brüste her, und säugen ihre Jungen, die Tochter meines Volkes aber ist hartherzig geworden gleich den Straußen in der Wüste.
4 Des Säuglings Zunge klebt vor Durst an seinem Gaumen; die Kinder schreien nach Brod; aber Niemand bricht es ihnen.
5 Die sonst nur Leckerbissen aßen, verschmachten auf den Straßen; die sonst auf Purpur getragen wurden, umschlingen den Koth.
6 Fürwahr! noch größer ist die Sündenstrafe der Tochter meines Volkes, als Sodoms Schuldbestrafung war, das unterging in einem Augenblick, ohne daß Hände dabei müde wurden.
7 Reiner als Schnee waren ihre Fürsten, weißer waren sie als Milch; sie waren röther als Korallen, wie Sapphir war ihre Gestalt.
8 Dunkler als Schwärze ist jetzt ihr Antlitz; man kennt sie nicht mehr auf den Straßen; fest hängt an ihren Gebeinen ihre Haut, sie ist dürre wie Holz.
9 Glücklicher sind die vom Schwert Erschlagenen, als die vom Hunger Getödteten, die hinscheiden vor des Feldes Frucht durchbohrt!
10 Die Hände zärtlicher Mütter müssen ihre Kinder kochen; zur Speise sind sie ihnen bei der Noth der Tochter meines Volkes!
11 Zur Vollendung hat Jehova seinen Grimm gebracht, aufgeschüttet seines Zornes Gluth; er hat in Zion ein Feuer angezündet, das ihre Grundfesten verzehret.
12 Nie glaubten es der Erden Könige, und des Erdkreises Bewohner alle; daß in Jerusalems Thore eindringen könnte ein Gegner und ein Feind.
13 Um der Sünden ihrer Propheten, und der Laster ihrer Priester willen (ist es geschehen), die in ihrer Mitte der Gerechten Blut vergossen.
14 Sie streiften wie Blinde auf den Straßen herum, befleckten sich mit Blut; daß man nicht berühren konnte ihr Gewand.
15 „Kehrt zurück, Unreine!“ rief man ihnen zu; „kehrt zurück, zurück, rührt nicht an!“ Sie fliehen und streifen umher; selbst unter den fremden Völkern sagt man: „Sie dürfen sich nicht länger (bei uns) aufhalten.“
16 Jehova's Blick zerstreuet sie, sieht sich nicht mehr nach ihnen um; weil sie nicht achteten die Priester, kein Mitleid hatten für die Greise.
17 Noch schmachten unsere Augen nach unserer Hülfe, doch vergeblich! Auf unsern Warten starren wir nach einem Volke, das nicht helfen kann!
18 Sie legen Schlingen unsern Schritten, daß wir nicht auf unsern Straßen gehen können. Ach, unser Ende ist nahe! Voll sind unsere Tage! Unser Ende ist gekommen!
19 Schneller sind, die uns verfolgen, als die Adler in den Lüften; sie jagen uns auf den Bergen nach, sie lauern uns in der Wüste auf.
20 Auch unser Lebenshauch, Jehova's Gesalbter, ward gefangen in ihren Gruben, unter dessen Schatten wir glücklich zu leben glaubten unter den Völkern.
21 Freue dich nur und frohlocke, Tochter Edoms, die du wohnest im Thale Uz! auch an dich wird der Becher kommen; trunken wirst du werden, und dich entblößet zeigen.
22 Getilgt ist deine Schuld, o du Tochter Zions! nicht mehr wird er dich in's Elend führen. Deine Schuld, du Tochter Edoms! aber wird er strafen, und dich entblößen ob deiner Missethaten.

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