Dieterich, Veit - Das Hohe Lied Salomonis

Dieterich, Veit - Das Hohe Lied Salomonis

Dieses Buch, weil es durchaus von einer anderen Sache redet, denn die Worte lauten: läßt sich nicht von einem Kapitel zum andern mit kurzen Summarien fassen, wie andere Bücher. Und ob man gleich die Meinung kurz und einfältig anzeigen könnte, so wird doch der in der heiligen Schrift ungeübte Leser nimmermehr solche Meinung aus den Worten bringen können. Denn die Worte lauten dahin, als sey es ein Brautlied, da Braut und Bräutigam auf das Freundlichste mit einander reden, eines das andere lobt, und dem andern sein Herz und seine Liebe entdeckt. Aber Salomonis Meinung ist weit anders; denn mit solchen verdeckten Worten will er sein Königreich als eine schöne Metze und trautes Weib loben, und sich in allerlei Anstößen und Widerwärtigkeiten, die ihm als einem Regenten begegnen, damit trösten, daß er ein König sey unter einem solchen Volk, bei dem Gott, sein Wort und der rechte Gottesdienst ist. Weil nun durch und durch die Worte anders lauten, denn die Meinung ist, wird es zum gewissen Verstand von Nöthen seyn, daß man nicht ein Kapitel, sondern ein Stück nach dem andern vornehme, und eine kurze Meinung anzeige, auf daß Niemand an solchem Buch sich ärgern, sondern, wenn man's lieset, Jedermann daraus sich bessern möge.

Cap. I

Er küsse mich mit dem Kusse seines Mundes

Hier fängt Salomo an mit Gott von seinem Königreich zu reden, und bittet aufs Erste, daß es Gott küssen, d.i. sich freundlich und gnädig gegen dasselbe halten, und sein Wort ihm nicht entziehen wolle. Denn dies ist die Krone und der höchste Schatz. Hat man Gottes Wort im Haushalten oder im Regiment, so wird Gottes Segen sich finden, hat mans nicht, so kann man sich vor Sünden und Schanden nicht hüten.

Denn deine Brüste sind lieblicher denn Wein.

Er vergleicht das Wort den Brüsten deshalb, weil die Seele dadurch gestärkt und ernährt wird. Denn gleichwie einem Kinde alles an dem liegt, daß seine Mutter es säuge; hat es einen solchen Keller, so ist es bald geschweiget, also ist es mit dem Worte Gottes auch, das nähret und tröstet in allerlei Anfechtung eben wie die Mutter mit den Brüsten zugleich das Kind nähret und stillet.

Daß man deine gute Salbe rieche, dein Name ist eine ausgeschüttete Salbe.

Er vergleicht Gottes Wort auch einem köstlichen Balsam, der seinen Geruch weit gibt, weil das Wort sich nicht fangen noch binden, sondern je länger je weiter es ausbricht, sich riechen läßt und Früchte bringt.

Darum lieben dich die Mägde

Das ist, andere Städte und Flecken im Lande haben ihre Lust an meinem Königreich, weil es mit Gottes Wort und dem rechten Gottesdienst, der besonders zu Jerusalem gestiftet ward, so reichlich begnadet ist.

Zeuch mich nach Dir

Ist ein Gebet, daß Gott solch Königriech mit sich ziehen und führen, d.i. gnädiglich erhalten wolle. Solches herzliche Beten sollte weltliche Obrigkeit bedenken, und sonderlich dahin sehen, daß die Kirche, das Wort Gottes, und der Gottesdienst recht gehandhabt werde, und weder Fleiß noch Unkosten daran sparen. Ja sie sollte dem frommen Salomo nachbeten, und Gott täglich um Erhaltung solches Schatzes bei ihr und ihren Unterthanen anrufen.

So laufen wir.

Das ist, wenn Gottes Wort bei uns ist, so wird alles glückselig und schleunig von statten gehen. Denn obgleich Kreuz und Anstöße sich finden, so ist doch Gottes Segen und Hülfe gewißlich dabei. Denn sein Wort kann nicht trügen, wenn wir nur fest daran halten.

Der König führet mich in seine Kammer.

Das ist, wie wir bitten, so läßt auch Gott uns seine Gnade widerfahren. ER stellet sich gnädig und freundlich gegen uns und hilft uns. Und hie merke, Salomo ist ein König, und hat ein Königreich; aber er weiß, daß ein Anderer, der höher und im Himmel, König ist, dem läßt er die Ehre, daß er der rechte König sey über sein Volk.

Wir freuen uns, uns sind fröhlich über Dir.

Das ist, wir lassen uns deine Brüste, d.i. dein Wort lieber seyn, denn Wein, d.i. denn alles was auf Erden lieblich und köstlich ist. Es ist unser höchster Schatz und größtes Gut, deß wir uns am meisten trösten, ob wir gleich etwas darüber leiden müssen. Denn der Teufel ist ihm feind, und die Welt auch, die hält Gottes-Wort noch für Gift und höllisches Feuer.

Ich bin schwarz, aber gar lieblich.

Ist eine Lehre, daß sich Niemand an dem ärgern wollte, daß bisweilen in solchem Regiment nicht alles von Statten gehet. Darum spricht er: ich bin schwarz und zerrissen wie die Hütten Kedar, d.i. dem äußerlichen Ansehen nach scheint es, als sey es ein bettelarmes Königreich, denn die Sonne, d.i. allerlei Anfechtung drücken mich. Aber solches lasse sich Niemand ärgern, als hätte Gott mein gar vergessen, denn ob ich gleich schwarz bin, so bin ich doch lieblich, um des Wortes Willen, daran man alle Freude und Trost hat.

Meiner Mutter Kinder zürnen mit mir.

Hier hebe Salomon an zu klagen über solch Aergerniß, daß er Kinder habe, die mit ihm zürnen, d.i. ungehorsame Unterthanen, die alles Unglück anrichten, an Gottes Wort sich nicht halten, den Kopf nach der Heiden Regiment und Abgötterei hängen; wie es denn allerweg geschieht, wo Gott seine Kirche hat, dabei will der Teufel sein Tabern haben.

Man hat mich zur Hüterin der Weinberge gesetzt.

Ich bin ein Regent, spricht er, welchen Gott über diesen Weinberg gesetzt hat, aber leider, ich kann sein nicht genugsam warten, der Teufel und die Welt machen der Aergerniß zu viel. Darum hebt er an zu beten:

Sage mir an, den meine Seele liebet.

Hier ist ein Gebet, meine Seele liebet dich, d.i. ich hab allen Trost und Hoffnung an dir, lieber Gott. Aber, wenn es so übel gehet, und so viel Aergerniß sich findet, lasse ich mich bedünken, ich habe meinen Gott gar verloren, er habe meiner gar vergessen. Darum bitte ich dich, zeige mir, wo ich dich finden möge, auf daß du bei mir seiest, und solchem Aergerniß wehrest. Denn menschliche Weisheit ist viel zu schwach dazu, daß sie alles Unglück im Regiment verhüten könnte; darum bedarfs wohl des Betens, denn wenn hierin Gott nicht hilft, mag man wohl hin und her gehen, kann aber nirgends gewisse Hülfe finden.

Kennest du dich nicht, du schönste unter den Weibern?

Ist eine Trostpredigt und Vermahnung wider solche Anfechtung, als wollte Gott sagen: Lieber, sieh nicht so gar auf das Aergerniß, daß dir allerlei Unglück zustehet, siehe auch auf die Gaben, die du hast vor allen anderen Königreichen, nemlich, daß du einen gnädigen Gott und sein Wort hast, derhalben laß alle Aergerniß und Anfechtung fahren, befiehl es Gott und gehe hinaus an die Fußstapfen der Schafe, d.i. warte deines Amtes fleißig und treulich, und lasse dich nichts an deinem Beruf hindern.

Er führet aber sonderlich das Gleichniß von den Schafen; denn ein Regent soll seyn wie ein frommer treuer Hirt, der seine Schäflein vor den Wölfen behüte, ihnen Futter und Nahrung schaffe, er soll nicht schinden und tyrannisch mit den Unterthanen umgehen, als wäre er ein Wolf und kein Hirt.

Ich gleiche dich, meine Freundin, meinem reisigen Zeuge an den Wagen Pharao.

Dies gehört auch zum Torste. Wenn du die Aergerniß und Anstöße ansiehest, wirst du kleinmüthig und lässest dich dünken, du mußt gar zu Boden gehen. Aber weil du Gott und sein Wort hast, so bist du wie ein mächtiger reisiger Zug, der durch alle Weg und Steg hindurch reisset. Denn wie Christus sagt, auch die Pforten der Hölle soll diese nicht überwältigen, so auf sein Wort bauen, lobet also das Königreich Israel sehr trefflich; es gehet aber solches Lob auf alle Regimente, dabei Gottes Wort ist, wiederum das Regiment, da es nicht ist, ob gleich Geld, Gut, Macht und Pracht groß ist, doch nur eitel strohenes Gebäu ist, das in Feuersnöthen und Anfechtung nicht bestehen kann. Das ist gewißlich wahr. Darum eilen die Tyrannen, die Gottes Wort verfolgen, in ihr eigenes Verderben, und graben nach ihrem eigenen Unglück; es soll derhalben Niemand ihnen Unglück wünschen, sie selbst schaffen sich genug, und mehr denn ihnen ein Christ gönnen sollte.

Deine Backen stehen lieblich in den Spangen.

Neben solcher Macht und Stärke, welche du durch die Gnade Gottes und von seinem Wort hast, bist du auch geschmückt mit schönen Ketten und Spangen, d.i. mit allerlei Gaben des heiligen Geistes, daß also Schmuck und Stärke bei einander ist. Solcher Schmuck ist, daß in solchen Regimenten, dabei Gottes Wort ist, feine gottesfürchtige, weise, züchtige, friedsame Unterthanen sind, daß in allen Ständen Ehrbarkeit und Redlichkeit geübt, die Regenten fleißig, die Unterthanen gehorsam sind, da ist denn Heil und Glück dabei, daß es alles, wie gegen den schönen Sommer grünet, und in voller Blüthe stehet und jedermann bei solchem Regiment grünet und zunimmt. Dagegen bei den Gottlosen muß es alles abnehmen und verderben.

Da der König sich her wandte, gab mein Narde seinen Geruch.

Solcher Trost ist nicht vergebens, als wollt er sprechen: ich besorgte wohl, weil so viel Aergerniß und Unfall zuschlug, Gott wäre von mir abgewichen, aber er wendet sich durch seinen Trost und Hülfe gnädig zu mir. Und mein Nard, d.i. mein Gebet gibt seinen Geruch, und ist erhöret, denn ich sehe, daß sich Gott aufs allerfreundlichste und ganz genau zu mir thut, und zwischen meinen Brüsten ist wie eine wohlriechende Blume, oder edler Balsam.

Siehe, meine Freundin, du bist schön.

Gleichwie Gott eine sonderliche Freude und Lust an solchem Königreich hat, darinnen sein Wort und rechter Gottesdienst ist, also hat man wieder in solchem Königreich alle seine Lust und Freude an einem so gnädigen, hilfreichen Gott. Da muß man denn folgen, daß, wo man sich zuvor in der Anfechtung hat dünken lassen, es müsse also zu Boden gehen, wie ein alt baufällig Haus, es eitel andere Balken werden, die nicht faulen können.

Cap. II.

Ich bin eine Blume zu Saron und eine Rose im Thal.

Hie ist eine andere Klage. Im ersten Kapitel hat Salomo geklagt über die ungehorsamen Kinder, die viel Unglücks im Regiment anrichten. Hie klagt er, daß solch Königreich sey wie eine Rose auf dem Felde, darüber jedermann mit Füßen laufen mag, die nicht umzäunet noch verwahret sey, sintemal es mitten unter den heidnischen Königreichen gelegen ist. Da tröstet nun Gott sein Volk als ein Bräutigam seine liebe Braut und spricht, lasse dich nicht kümmern, du allein bist mir eine liebliche wohlriechende Rose. Die anderen Königreiche alle, sie seien so herrlich anzusehen als sie wollen, achte ich alle für stechende, unfreundliche Dörner, daran ich weder Lust noch Liebe habe, und die zu nichts Anderem denn zum Feuer und in den Ofen gehören. Ich will sie nicht hegen noch aufkommen lassen, daß sie meine Rose zerstechen und überwachsen sollen. Also siehet man, wie je und je Gott über seine Kirche und dem Volke gehalten hat, daß sein Wort gehabt hat; die es aber angefochten und verfolget haben, sind wie die Dörner ausgereutet worden, und hat ihnen weder Gewalt noch Gut helfen können.

Ich sitze unter dem Schatten deß ich begehre.

Solchen Trost läßt sich die Braut gefallen und sagt, wie sie wiederum ihre Lust an so einem gnädigen Gott habe; den halte sie wie einen schönen Apfelbaum, der da gibt beides, einen feinen gesunden Schatten, und eine edle Frucht zu essen, d.i. davon sie Schutz und Nahrung hat. Solches Gleichniß aber gehet auch auf das christliche Regiment, da man Gottes Wort hat, denn durch das selbige gibt Gott Friede und Nahrung, derhalben soll Jedermann von den Orten fliehen, da man Gottes Wort nicht hat, sondern verfolget, und sich dahin finden, wo Gottes Wort ist.

Er führet mich in den Weinkeller.

Ist noch ein Trost, daß Gott nicht allein nähret und wehret, sondern daß er auch seinem Volke alle Freude machet, und seine Liebe allenthalben sehen läßt.

Er erquicket mich mit Blumen.

Das ist ein sehr holdseliger Gedanke. Ich, spricht Salomo, und alle Frommen mit mir, sollten doch den gnädigen barmherzigen Gott so lieb haben, daß wir gleich vor Liebe krank würden; so viel Guts thut er uns, so gnädig hilft und liebt er uns.

Seine Linke lieget unter meinem Haupte.

Daß er die linke Hand unter seiner Braut Haupt legt, ist, daß er das weltliche Regiment selbst ordnet und erhält, und mit der rechten sie herzet, d.i., daß er den Gottesdienst, das Predigtamt und anderes, was dazu gehört, wider den Teufel und falsche Propheten erhält.

Ich beschwöre euch, ihr Töchter Jerusalem bei den Rehen.

Ist eine Vermahnung an die Unterthanen, daß sie still seien, und in solchem gottseligen feinem Königreich keine Unruhe anrichten, auf daß jedermann solche Gnade erkennen und brauchen, und Gott dafür danken möge. Solches, spricht der Bräutigam, gebiete ich und beschwöre ich euch bei den Rehen und Hinden, d.i. thuts doch um der heiligen Väter, Patriarchen, Propheten, Richter und Könige willen, die in solchem Königreich gelebt und willig dazu geholfen haben, daß es befriedet würde. Darum helft auch ihr dazu, und hütet euch vor Ungehorsam, Aufruhr und anderem Jammer, so könnt ihr euch solcher Vorfahren mit Ehren rühmen.

Das ist die Stimme meines Freundes, siehe er kommet und hüpfet auf den Bergen ec.

Ist eine Danksagung, als wollte Salomo sagen, Gottlob, ich hab ja ein friedlich Königreich, das macht nichts Anderes, denn daß Gott durch sein Wort auf allen Hügeln und Bergen, d.i. im ganzen Lande sich hören läßt, und eben wie ein Reh an keinem Ort bleibt, sondern hin und wieder hüpfet. Dasselbige Wort machet feine, stille, gehorsame Unterthanen.

Siehe, Er stehet hinter unserer Wand und siehet durchs Fenster.

Aber es begibt sich gleichwohl, daß er bisweilen sich hinter ide Thüre verbirgt und nur durch ein Fenster siehet, d.i., wer sich nicht an das Wort und Glauben halten will, sondern urtheilen, wie es im Werk, dem Fleisch nachgehet, derselbige wird solchen Segen und Gaben meines Königreichs nicht sehen, sondern verlieren.

Mein Freund antwortet und spricht zu mir, stehe auf meine Freundin, meine Schöne, und komm her.

Dies gehört auch zu der Danksagung, daß es allenthalben im Königreich selig und wohl stehe, eben wie ein schöner Garten, der im Lenz in voller Blüthe stehet, und auf das allerliebste grünet. Ein solch Ansehen hat ein gut Regiment, darinnen Gottes Wort ist, und Gott selbst hat Lust und Freude daran, darum wo mans hat, mag man Gott wohl von Herzen dafür danken.

Fahet uns die Füchse, die kleinen Füchse, die die Weinberge verderben.

Ist eine Warnung und Vermahnung, daß man bei solchem Segen beileibe nicht sicher sey. Denn gleichwie die Füchse sich in den Weinbergen finden und Schaden thun, also feiert der Teufel nicht, daß er durch falsche Propheten Gottes Wort verkehren, oder durch aufrührische muthwillige Buben den Frieden hindern könne. Darum ist solche Vermahnung sehr noth, daß man dem Aergerniß beizeiten begegne, und den Füchsen nicht Raum lasse, sie sind kein Nutzen, und thun nur Schaden, darum immer weg mit ihnen. Es müssen aber die Unterthanen der Obrigkeit zu solchem helfen, sie kann sonst nicht alles sehen noch wehren. Darum spricht Salomo: fahet uns die Füchse, die kleinen Füchse. Das ist, lasset das Aergerniß nicht aufkommen, wehret in der Zeit, ehe die Füchse groß werden.

Kehre um, und werde wie ein Reh mein Freund.

Darum darfs Bittens und fleißiges Aufsehens, wie denn die Braut hier auch bittet, daß ihr Freund wie eine Rehe umkehren, und auf den Bergen hin und wider sich finden lassen wolle. Das ist, daß Gott durch sein Wort selbst allenthalben mit und dabei seyn wolle, und auf allen Seiten dem Teufel, den bösen Unterthanen und allem Aergerniß wehren; solches Gebet will Gott annehmen und erhören. Darum tröstet er, und läßt sich hören; stehe auf, meine Freundin und komme her, der Winter ist vergangen, der Regen ist weg, d.i. ich werde dir helfen.

Cap. III.

Ich suchte des Nachts in meinem Bette, den meine Seele liebet.

Dies ist eine Klag, daß die Braut ihren Bräutigam verloren habe; denn wo Gottes Wort ist, da feiert der Teufel nicht, sondern versucht mit aller Macht, Unglück anzurichten. Da verliert sich denn bisweilen Gott, d.i. er lässet dem Teufel Raum, wie man denn in Regimenten viel und oft siehet. Da ist nun das beste, daß man nicht stille liege, sondern den Bräutigam wieder suche und sich zu dem Worte finde, welches durch die Wächter geprediget wird. Dann wird man endlich Trost und den Bräutigam wieder finden.

Wer ist, die heraufgehet aus der Wüste?

Hier fängt Salomon wieder an, sich zu trösten wider alle Anstöße und Aergerniß, so sich in seinem Regiment begeben haben, und lobet sein Königreich, daß es sey wie ein lieblicher Geruch, der in die Höhe fährt, und sich allenthalben ausbreitet. Wie denn die Schrift bezeugt, daß Salomonis Weisheit und Herrlichkeit bei allen Königen erschollen und in einem großen Ruf gewesen sey. Diesen Text haben die Papisten sehr getrieben, und auf die Jungfrau Maria gezogen, aber es reimet sich eben, wie eine Faust auf ein Aug. Man ist aber dergleichen Deutung bei den Papisten nicht ungewohnt.

Siehe, um das Bett Salomo her stehen sechzig Starke aus den Starken in Israel.

Das Bette heißt das Königreich Salomo; um dasselbige, spricht er, sind sechzig starke Menschen, das ist auch eine sonderliche Gnade Gottes, wenn ein Fürst seine erfahrne, geschickte und fromme Räthe an der Hand hat, zu welchen er sich versehen kann, daß sie den Sachen Recht thun, und treulich handeln, die allenthalben ein gut Aufsehen haben und nichts verwahrlosen. Solche Leute, spricht Salomo, hat mir Gott auch bescheret, darum mag ich mein Königreich wohl rühmen. Ich habe ihrer sechzig, das ist, viele und einen großen Haufen.

Der König Salomo ließ ihm eine Sänfte machen von Holz aus Libanon.

Die Sänfte heißt Salomo das Regiment, oder die Gerichte, oder andere Ordnungen, so im Regiment von Nöthen sind. Dieselben, spricht er, waren silbern, gülden und von Purpur, d.i. solche Ordnungen werden nach Gottes Wort ohne allen Falsch nach rechter Art der Liebe gehandhabt. Das ist ja auch ein Stück, das des Lobes werth ist. Man findets aber nirgends rechtschaffen, als wo Gottes Wort ist; das bringet solche Früchte.

Um der Töchter zu Jerusalem.

Solches, spricht Salomo, habe ich mit der Hülfe Gottes gemacht und geordnet um der Töchter Jerusalems willen, d.i. um meines Volkes, nicht um der ungläubigen Heiden willen.

Gehet heraus und schauet an, ihr Töchter Zion, den König Salomo in der Krone.

Ist eine Vermahnung, daß man solche Wohlthaten erkennen, und Gott von Herzen darum danken soll. Wenn er sagt, seine Mutter habe ihn gekrönet, damit meinet er, daß er das Regiment nicht mit Gewalt an sich gezogen habe, sondern ordentlicher Weise dazu berufen und gekommen sey.

Cap. IV.

Siehe, meine Freundin, du bist schön.

Dies Kapitel ist durchaus nichts anderes, denn daß Salomon sein Königreich lobet und preiset, um der sonderlichen und großen und herrlichen Gaben willen, weil es Gott mit seinem Wort geziert hatte. Solches rühmet er als den herrlichsten Schmuck an einer schönen Braut. Darum reimen sich alle Stücke fein auf das Wort und das Predigtamt:

  • Die Augen sind die Prediger, welche dem Volk mit reiner Lehre vorgehen sollen, diese lobet er also; sie setzen gleich wie Taubenaugen, einfältig und ohne Falsch, daß man allein Gottes Ehre und der Menschen Heil und Seligkeit suche.
  • Die Zöpfe sind die Leviten, so zum Opfer und anderm Gottesdienst verordnet waren, als Nebenpersonen, die nicht im vornehmsten Amte waren, und dennoch auch zum Gottesdienst sich brauchen ließen.
  • Die Haare, welche er einer Ziegenheerde vergleicht, wenn sie nemlich beschoren ist, weil sie denn fein gleich und gekämmet sind, bedeuten, daß die Personen, so zum Gottesdienst verordnet, fein einig seyn, und nicht einer dahinaus, der andere dorthinaus, wie ein ungekämmtes Haar sehen sollen.
  • Die Zähne bedeuten, daß das Predigtamt um sich beißen und hart strafen soll, was zu strafen ist, unangesehen, ob man Ungunst oder anderes damit verdiene. Doch sollen solche Zähne weiß seyn, wie eine schöne Wolle, daß solche Strafe nicht aus Zorn oder Neid, sondern aus Liebe komme, daß den Leuten zum besten geholfen und gerathen werde. Wo dies also gehet, sagt Salomo, da werde gewisse Frucht folgen, gleich wie bei einer Heerde, da sie alle Zwillinge tragen.
  • Die Lippen bedeuten, daß das Predigtamt in den zwei Stücken, im Gesetz und Evangelio gehen soll. Denn das Gesetz wehret der Sicherheit und strafet das Aergerniß. Das Evangelium aber tröstet, daß man um der Sünden willen nicht verzage.
  • Die rothen Wangen bedeuten den äußerlichen Wandel; der soll aus der Liebe fließen, und ohne Aergerniß seyn.
  • Den Hals vergleichet er einem starken, wohlgerüsteten Thurm; denn das Predigtamt muß wider den Teufel und die Ketzerei kriegen.
  • Die Brüste dienen zur Nahrung und bedeuten, daß man durchs Wort den rechten Trost und die rechte Speise der Seelen hat.

Dies, spricht Salomo, habe ich alles durchs Wort in meinem Königreich; darum andere Leute sehen es an, wie sie wollen, so achte ichs wie einen Wald von Myrrhen und Weihrauch, da es alles aufs lieblichste riecht. Denn wo Gottes Wort ist, da tödtet man den alten Adam, und befleißiget sich, Gottes Willen nachzukommen, welches durch die Myrrhen bedeutet ist, item man bittet in der Anfechtung um Hülfe, welches durch den Weihrauch bedeutet ist.

Du bist allerdings schön, meine Freundin.

Solches sagt Salomo nicht, als hätte er nicht auch allerlei Anstöße in seinem Königreich gehabt von bösen Buben, sondern er will uns dahin weisen, wo Gottes Wort ist, daß da allem Unglück gewehret werden kann, und um des Worts willen alles rein und heilig gedacht wird, wie Christus auch sagt: ihr seyd rein um meines Worts willen.

Komm meine Braut vom Libanon.

Was er nun weiter sagt: Komm' meine Braut vom Libanon, ist eine Vermahnung, daß sich solch sein Königreich fein zusammen halten, Gottes Wort vor Augen haben und vor der Heiden ärgerlichem Leben und falschen Gottesdienst sich hüten soll, welche er um solcher Ursach willen vergleicht den Löwen und Leoparden, von welchen alles Unglück zu gewarten sey.

Wie schön sind deine Brüste.

Dies ist leicht zu verstehen aus dem vorigen; denn er lobet hier wiederum die reine Lehre und den heiligen Wandel, der aus der Lehre folget.

Meine Schwester, liebe Braut, du bist ein verschlossener Garten.

Bisher hat Salomon sein Königreich gelobet, als wäre es eine schöne hübsche Jungfrau, an welcher Leib Niemand etwas tadeln könne. Jetzt lobt ers mit anderen Gleichnissen und vergleichet es erstlich einem schönen Garten, in welchem allerlei schöne Bäume und Gewächse sind, und der verschlossen ist, das ist, Gott verwahre ihn, daß der Feind ihn nicht könne verwüsten, sondern muß ihn grünen, blühen und Früchte tragen lassen wider seinen Willen. Zum andern vergleicht er es einem Brunnen, der auch versiegelt und verschlossen ist, daß man ihn weder vergiften noch trüb machen, noch in seinem Lauf hemmen kann, der immerdar feuchtet, daß es alles grünen und wachsen könne.

Stehe auf Nordwind und komme Südwind.

Daß er nun befiehlt: stehe auf Nordwind ec. hat diese Meinung: Salomon flehet, daß es unmöglich ist, daß man in Friede, Ruhe und voller Genüge sitzen, und sich nicht versündigen solle. Darum bittet er, daß Gott der Sicherheit wehren und durch Kreuz und Anfechtung dazu wolle Ursach geben, daß man nicht aus der Gottesfurcht schreite, und sicher werde, sondern daß man in steter Uebung des Glaubens und Worts möge erhalten werden, und gleichwie ein schöner Würzgarten, wenn der Wind drein gehet, Geruch gibt, also auch, daß das Wort in der Anfechtung Frucht bringe.

Cap. V.

Mein Freund komme in seinen Garten.

Hie ist ein Gebet, daß Gott die Gaben, so er seinem Volk hat widerfahren lassen, erhalten und mehren, dieselbigen auch ihm gefallen lassen wolle. Solches verheisset Gott, daß ers thun wolle. Daß er aber am Ende saget: esset meine Lieben, ist eine Vermahnung, daß das Volk solche Wohlthaten Gottes erkennen, dieselbigen brauchen, und Gott dafür danken solle.

Ich schlafe, aber mein Herze wacht.

Hier gehet die Anfechtung, das Kreuz und Leiden an, daß das Herz nicht kann zufrieden seyn; denn der Bräutigam ist nicht bei der Braut, sondern klopfet an durch Kreuz und Leiden, und lässet nur seine Stimme hören. Solches ist aber über die Massen artig und fein geredet; denn, wenn es übel gehet, hat man das Wort auch, aber es will sich nicht mehr so fassen lassen, als wenn es wohl zugehet, und kein Anstoß da ist. Es werden die Herzen matt und kleinmüthig darüber.

Thue mir auf, liebe Freundin, meine Schwester.

Daß er ihm aber heißt aufthun, dadurch vermahnet er sie Buße zu thun, fromm und im Leiden geduldig zu seyn, und nicht, wie man gemeiniglich pflegt, vor Gott sich fürchten, weglaufen und anderswo Hülfe suchen. Denn mein Haupt, spricht er, ist voll Thaues und meine Locken voll Nachttropfen, d.i. daß die Regenten in beiden Regimenten, geistlich und weltlich, ihres Amtes nicht mit Fleiß warten; aber die Braut ist zart und faul, mag nicht aufstehen, noch sich anlegen, und dem Bräutigam aufthun, das ist, Fleisch und Blut ist unwillig, wenn Gott mit der Ruthe kommet, wollt gern Friede und gute Tage haben, und murret, wenn es übel gehet.

Aber mein Freund steckt seine Hand durchs Loch.

Das ist, wenn Gott durchs Kreuz und Leiden angreift, so entsetzet sich das Fleisch davor, und gedenket, wie man fromm werden und der Strafe entfliehen möge. Daher sagt die Braut allhier, sie sey aufgestanden und habe dem Bräutigam aufgethan. Aber doch triefen mir, spricht sie, die Hände von Myrrhen, d.i. man muß sich angreifen, sich wehe thun, und dem Fleisch seinen Willen nicht lassen.
Daß sie aber klagt, ihr Freund sey weggegangen, dadurch wird fein angezeigt, daß Gott mit der Hülfe eine Zeit lang verziehen, und unseren Glauben und Geduld versuchen wolle, ob wir auch fest halten, und an seiner Hülfe nicht verzagen wollen.

Da gieng meine Seele heraus nach seinem Wort.

Der Bräutigam läßt in der Anfechtung sein Wort hören, aber mit der Hülfe verzieht er. ER läßt sich suchen, aber so bald nicht finden, er läßt bitten und höret doch nicht bald. Wer alsdann unter die Hüter kommt, d.i. unter die Gesetzprediger, der findet nicht allein keinen Trost, sondern wird noch dazu geschlagen und geplündert. Eben wie es dem frommen Hiob mit seinen Freunden ging, die trösteten ihn, daß er wohl hätte darüber verzagen sollen; darum vermahnet die Braut hier die Töchter Jerusalem, d.i. das ganze Volk, sie sollen bitten, und helfen suchen, ob sie doch den Bräutigam wieder finden möchten. Was ist dein Freund vor andern Freunden.

Eben wie zuvor der Bräutigam seine Braut gelobt hatte, also hebet die Braut jetzund auch an, und lobet ihren Bräutigam, nachdem sie ihn verloren hatte. Denn also gehet es mit uns armen sündigen Menschen zu. Wie erkennen Gottes Gaben nicht eher, denn bis wir sie wieder verloren haben. Sie heißt ihn weiß und roth, deshalb weil sie alle Lust und Liebe an ihm findet.

  • Das güldene Haupt bedeutet das Wort und den Gottesdienst.
  • Die schwarzen Locken bedeuten die, so des Gottesdienstes warteten, daß es feine, ernste, tapfere Männer gewesen sind.
  • Die Taubenaugen sind die, welche das Predigtamt führen, die sind gleich als mit Milch gewaschen, weil sie voll Liebe und Trostes sind.
  • Die Backen sind der äußerliche Wandel, der wohl riecht, daß andere sich darum bessern.
  • Die Lippen mit den Myrrhen sind die Strafpredigten, dadurch man den alten Adam tödtet.
  • Die Hände mit schönen Ringen sind die guten Werke.
  • Der elfenbeinerne Bauch sind die Schwachen in der Kirche, welche dennoch am Glauben und Wort bleiben, und gleichwie das Elfenbein nicht verwesen.
  • Die Beine von Marmelstein sind die Starken in der Kirche, die ihren Glauben und das Wort wider den Teufel und Ketzer verfechten können.
  • Der Berg Libanon ist voll schöner gesunder Bäume, also, spricht sie, pflegt es da zu seyn, wo mein Bräutigam ist.
  • Die Kehle heißt sie süße und lieblich, weil solche Gaben alle Gott wohlgefallen.

Ein solcher ist mein Freund, spricht sie, d.i. solche große herrliche Gaben habe ich von Gott gehabt, nun aber hab ich sie verloren, und bin billig darum bekümmert, und bedarf sehr wohl, daß Jedermann mir zu solchem seligen Stande wieder helfe mitbeten und womit man sonst kann.

Es kann aber solches auch wohl eine Prophezeihung seyn des Jammers, so nach Salomons Tod im Königreich Israel durch die Abgötterei entstanden, und da letztlich Juda auch verwüstet worden ist. Dazumal ist es übel zugegangen.

Cap. VI.

Wo ist dein Freund hingegangen, o du schönste unter den Weibern?

Nach der Anfechtung kommt der rechte Trost, daß die Braut nicht mehr denket, der Bräutigam habe sie gar vergessen, sondern sie sagt, er sey in seinen Garten gegangen, das ist, er sey bei seinem Volk, hüte und bewahre es, und habe alle Lust und Freude daran. Solches konnte sie nicht gedenken zur Zeit der Anfechtung, sondern gedachte, ihr Bräutigam wollte sie nicht mehr, ja wäre gar von ihr weggelaufen. Das war viel anders gesungen, als sie jetzt singet: mein Freund ist mein, und ich bin sein.

Du bist schön meine Freundin, wie Thirza.

Gott gefällt es wohl, daß seine Braut in der Anfechtung nicht vom Glauben abgefallen, sondern fest daran hangen geblieben ist, Gott habe sie nicht gar verlassen. Darum lobet er sie, und sagt, sie sey so schön als die schöne und feste Stadt Thirza, und schrecklich als die Heerspitzen, weil sie in der Anfechtung dem Teufel und der Welt und allen Aergernissen obsieget. Solches, spricht Gott, macht, daß ich alle Lust und Freude an dir habe, und mir an dir nicht genug sehen kann, wie der Psalm auch sagt: des Herrn Wohlgefallen ist an denen, die ihn fürchten, und auf seine Güte warten.

Sechzig ist der Königinnen, und achtzig der Kebsweiber.

Die Königinnen und Kebsweiber heißet er, seiner Art nach, die andren Städte und Flecken im Lande, groß und klein, darinnen Gottes Wort und andere feine Ordnung war; unter denselben behielt Jerusalem den Preis als eine Krone, nicht allein darum, weil der König seinen Sitz daselbst hatte, sondern vornehmlich darum, weil der Gottesdienst und Tempel von Gott dahin geordnet war. Um solcher großen Gaben willen vergleichet er sein Königreich billig der schönen hellen Sonne des Tages, und dem Monde des Nachts. Denn auch der Teufel sich davor fürchten und weichen muß.

Ich bin hinab in den Nußgarten gegangen.

Ist eine Klage über eine neue Anfechtung, daß Salomo sich in seinem Königreich, als in einem Garten umsiehet, wenn doch die Früchte kommen, so billig auf das Wort folgen sollten. Er spricht aber, da ich mich nach solchen umsah, fand ich so viel Aergerniß und böse Buben, daß ich nicht konnte gewiß schließen, ob ich zum Wagen, das ist, zum Regenten über Amminadibs, d.i. über Gottes Volk, das Gottes Wort vor Augen hat, und das zu allem, was ihm gebührt, Amts und Stands halben willig und lustig ist, gesetzt ward. Denn ich sah da keinen Vortheil, es waren ebensowohl böse Buben da, als mitten unter den Heiden.

Kehre wieder, kehre wieder Sulamith.

Da tröstet nun der Bräutigam seine Braut wider solches Aergerniß, und heißt sie Sulamith, d.i. eine friedsame und glückselige. Und spricht: kehre wieder d.i. schau nicht allein auf die Bösen, und auf das Aergerniß, sondern schau hieher, daß du eine rechte Sulamith seiest, die einen gnädigen Gott hat, welche niemand anders kann ansehen, als wie ein gerüstet Kriegsvolk. Denn ob der Frommen gleich wenig sind, so sind sie doch die rechten Helden, welche wider den Teufel und die Welt zu Felde liegen, und in allerlei Widerwärtigkeiten obsiegen.

Cap. VII.

Wie schön ist dein Gang in den Schuhen.

Hier lobet der Bräutigam seine Braut, d.i. das Königreich Salomonis, und meldet sonderlich des Ganges und der Schuhe. Nun ist im Hebr. sehr gemein, daß der Gang den äußerlichen Wandel, das Amt und die Uebung bedeutet. Er will also anzeigen, wie es herrlich und wohl stehe, weil dies Königreich seine herrliche Gottes Gaben erkenne, und stets im Brauch und Uebung habe.

Deine Lenden stehen gleich aneinander.

Darnach nennt er zwei Glieder, deren er bisher nicht gedacht, noch gelobet hat, die Lenden und den Nabel, welche beide dazu von Gott am Weib verordnet sind, daß das Kindlein im Mutterleib wohnen und ernährt werden möge. Er will also anzeigen, daß dies Königreich immerdar wachse, und fromme Leute ziehe, wie eine fruchtbare Mutter. Was folget, ist leicht zu verstehen aus dem Vorigen.

Wie schön und wie lieblich bist du, du Liebe.

Er vergleicht hier seine Braut einem Palmen- oder Tattelbaum, welcher sonderlich die Art hat, je mehr man ihn beschweret, je mehr er in die Höhe begehrt. Dadurch zeigt er an, daß, obwohl bei solchem Königreich, welches Gottes Wort und so viel herrlicher Gaben hat, viel Anfechtung und Widerwärtigkeit sich findet, wird dennoch Gottes Wort ungedämpft bleiben, und je mehr man es drücket, je mehr arbeitet es empor, und breitet sich je länger, je weiter aus. Darum, spricht er, will ich auf solchen feinen Baum steigen, d.i. ich will mich freundlich und nahend zu dir thun und dich herzlich lieb haben.

Darnach vergleicht er die Brüste dem Weinstock, deshalb weil die Lehre nicht allein als eine Milch für die Jungen, sondern auch für die Erwachsenen und Starken dienet. Nun ists sehr fein, daß er zu den Brüsten die Nasen setzet; denn gleichwie die Nase mit dem Geruch urtheilet, was wohl oder übel rieche, also muß dies Urtheil bei dem Wort auch bleiben, daß man Gut könne von Bös unterscheiden, wie Christus auch lehret: Hütet euch vor den falschen Propheten.

Die Kehle bedeutet die Danksagung für solche Gaben, daß man nicht vergesse des Vorigen, d. i. aller Wohlthaten, so Gott je und je seinem Volk hat widerfahren lassen. Denn dazu dienen Gottes Werke und gnädige Hülfe, daß man derselben nicht vergessen, sondern sich damit in allen vorkommenden Nöthen und Anfechtungen trösten und dergleichen Hilfe wieder erwarten solle.

Komm, mein Freund, und laß uns aufs Feld hinaus gehen.

Ist ein Gebet, denn zu Davids und Salomos Zeiten hatte das Königreich unter ihm die Syrer, Edomiter, Moabiter und andere ihm nahe gelegenen Länder. Da bittet und Salomo im Namen seines Königreiches, daß Gott an diesen Orten sein Wort und seinen Gottesdienst auch anrichten wolle, auf daß man daselbst, wie in einem schönen Weinberge oder Baumgarten auch Früchte des Wortes finden möge. Auf solchem Felde, spricht die Braut, will ich dir meine Brüste geben, das ist, unter den Heiden wollen wir das Wort und den Gottesdienst auch üben, dazu gib deinen Segen und das Gedeihen.

Wenn sie am Ende saget: Mein Freund, ich habe dir beide heurige und fernige behalten, so heisset sie die heurigen, was aus den Heiden sich gebessert und frömmer geworden ist, die fernigen heißet sie die Juden, so stets anher das Wort und den rechten Gottesdienst gehabt haben. Solches, spricht sie, habe ich dir behalten.

Denn es ist ein verborgen heimlich Ding um einen frommen Christen. Wer nicht auf das Wort und Glauben sie hat, der wird einen Christen nicht recht erkennen, es sind verborgen heimliche Leute, welche die Welt nicht kennet.

Cap. VIII.

O daß ich dich, mein Bruder, der du meiner Mutter Brüste säugest ec.

Hie ist ein Gebet, daß Gott Gnade geben, und sich draußen unter den Heiden durch sein Evangelium wolle finden lassen. Dann, spricht sie, will ich dich in meiner Mutter Haus bringen, d. i. wie St. Paulus sagt, daß das Evangelium erstlich den Juden, als der Mutter der christlichen Kirche, habe gepredigt werden müssen und darnach auch den Heiden. Alsdenn, spricht sie, wirst du mich anders und besser lehren, denn im Gesetz, nemlich durch den heiligen Geist.

Daß sie aber spricht: er sey noch ein Säugling, meinet sie also, daß Gott gleichwie ein Säugling und junges Kind sey unter den Juden gegen dem, was er seyn werde, wenn das Evangelium in alle Welt ausgebreitet werden.

Da wollt ich dich, spricht sie, weiter tränken mit gemachtem Wein, und mit Most von Granatäpfeln, d. i. wenn das Evangelium also gepredigt werden wird, da wird die Lehre weit reichlicher und stärker gehen in aller Welt, denn sie jetzt bei uns Juden gehet, und Gott wird ein sonderlich Wohlgefallen daran haben, und mit allen Gnaden dabey seyn.

Ich beschwöre euch, Töchter Jerusalem, daß ihr meine Liebe nicht aufwecket.

Ist eine Vermahnung, daß sich Jedermann dieweil stille halten soll, bis solches erfüllet werde. Daß er aber sich verwundert und fragt, wer diese sey, so aus der Wüste herfür komme, thut er darum, weil alle Gottes Werk sich dem äußerlichen Ansehen nach also schwache anheben, als wollte nichts daraus werden; andere Königreiche, spricht er, scheinen als kommen sie aus einem Paradies, und gehen doch endlich mit Schanden zu Boden. Aber dies Königreich, obwohl es arm und elend ist, uns scheinet, als werde es müssen zu Boden gehen, so soll es doch alle Welt überwachsen, wie wir am heiligen Evangelio sehen, das durch die ganze Welt ausgebreitet, und alle Königreich ist, so ihm entgegen gewesen, gedämpfet und gestürzet hat.

Unter dem Apfelbaum weckt' ich dich.

Das ist, gleichwie der Apfelbaum gegen den anderen Bäumen klein und dennoch sehr fruchtbar ist, also ist das Volk gegen andere Heiden auch ein kleines Volk, aber es soll noch groß und herrlich genug werden.

Setze mich wie ein Siegel auf dein Herz.

Das ist eine Vermahnung, daß die Braut an ihrem Gott und seinem Wort fest halten, und sich keine Widerwärtigkeit davon abwenden lassen soll. Daß aber solches geschehe, spricht er, dazu gehört eine starke Liebe und großer Eifer, welches ist eine Flamme des Herrn, das ist eine solche Lieb und Muth, welchen Gott gibt, und welchen kein' Anfechtung auslöschen noch dämpfen kann. An dieser Liebe soll man halten, und sich weder durch Geld noch Gut davon treiben lassen.

Unsere Schwester ist klein.

Salomo hat gebeten, daß Gott das Wort des Evangelii in alle Welt, unter alle Völker wolle kommen lassen. Wenn solches geschieht, spricht er, so wird dasselbige Reich Christi so ein großes, herrliches, schönes Reich seyn, gegen welches mein jetziges Königreich ist gleich wie ein junges Mägdlein, das noch klein, und gar keine Brüste hat, und noch zu einer starken mannbaren Dirne wachsen soll.

O, spricht er, wie wollen wir alsdann mit unserer Schwester leben, wenn sie Christus und die Apostel durchs Evangelium werden anreden. Zur selbigen Zeit wird sie seyn wie eine Mauer, auf der silberne Thürme und Bollwerke sind, d. i. wie Christus sagt: sie wird auf ein solch Fundament gebauet seyn, gegen die die Pforten der Hölle nicht werden seyn können; item, sie wird wie eine schöne zederne Thür seyn, durch welche alle Heiden zum Himmelreich eingehen werden.

Solche Verheissung nimmt die Braut in Gnaden an und spricht, ich bin eine Mauer, und meine Brüste sind wie Thürme, denn das Wort lehret und wehret. Darum die solch Wort haben, finden Friede, und haben einen gnädigen Gott, daß auch der Teufel und die Welt ihnen nichts abgewinnen kann.

Salomo hat einen Weinberg zu Baal Hamon.

Ist der Beschluß dieses Liedes, in welchem Salomo alles zusammenfasset, was er bisher von seinem Königreich gesungen habe, nemlich, daß er ein solches Königreich habe, welches noch die ganze Welt unter sich bringen, und durch das Wort des Evangelii, welches unter den Juden zu Zion zum ersten angehoben habe, allenthalben regieren werde. Das meinet er, wenn er spricht, er habe einen Weinberg zu Baal-Hamon, bei dem großen Volk. Solchen Weinberg hat Salomo den Hütern gegeben, das ist, er hat ihn nicht lassen wüste liegen, sondern daran gebauet und gebessert, daß er Früchte hat getragen.

Solcher Weinberg ist vor mir.

Aber solcher Weinberg, spricht der Bräutigam, ist nur insofern Salomonis, daß er dennoch vor mir ist, und ich sein einiger rechter Erbherr bin. Salomo, als dem Könige und Obersten, gehören tausend, den Hütern, so solch Regiment treulich helfen mitregieren, gebühren zwei Hundert, das ist, sie sollen ihres treuen Dienstes und Amtes reichlich genießen, ein jeder nach dem er verdienet hat.

Die du wohnest in dem Garten.

Hie beschließen Braut und Bräutigam mit einander. Der Bräutigam vermahnet seine Braut, sie soll ihre Stimme hören lassen, und das Wort mit Fleiß treiben, denn sie werde Aufmerker und treue Mithelfer haben. Er gibt ihr hier einen sonderlichen Namen: die du wohnest in den Gärten. Denn er siehet auf die Zeit des Evangelii und neuen Testamentes, als wollte er sagen, jetzt hab ich nur Einen Garten, euch Juden, aber wenn Christus kommt, so wird die Kirche nicht allein unter den Juden seyn, sondern in aller Welt; da werde ich mehr denn Einen Garten haben, in welchem meine Braut wohnen wird.

Fleuch, mein Freund, und sey gleich einem Reh.

Wiederum vermahnet und bittet die Braut den Bräutigam auch, er wolle solche Zusage vom Reich Christi und dem Evangelio fördern, und nicht allein auf dem einigen Berge zu Zion unter den Juden bleiben, sondern wie ein Hirsch von einem Berg auf den andern springen, und sein Wort in der ganzen Welt klingen und erschallen lassen, wie Christus auch spricht: Johann. 4: Es kommet die Zeit, daß ihr weder zu Jerusalem noch auf diesem Berge den Vater anbeten werdet.

Und das, spricht sie, werden nicht schlechte, unfruchtbare, kahle Berge seyn, sondern eitel Würzberge, da durchs Wort die Herzen recht unterrichtet, getröstet und gebessert werden, und allerlei Früchte des Glaubens aufleuchten.

Also hat Salomo fast die Weise, wie andere Propheten, daß er mit seinem Königreiche anhebt, dasselbige lobet und Gott für allerlei Wohlthaten darinnen danket, und endlich mit dem Gnadenreich unsers lieben Herrn Jesu Christi beschließt, in welchem Vergebung der Sünden, der heilige Geist, Gerechtigkeit und ewiges Leben uns vorgetragen, angeboten und umsonst aus lauter Gnaden geschenkt werden.

Also ist das Buch durchaus gleichwie ein Loblied eines gottseligen feinen Regiments, in dem Gottes Wort ist. Wir sollen aber daraus lernen, weil Gott uns heutigstags sein Wort auch gnädig hat widerfahren lassen, daß wir ihm dafür dankbar seyn, und solchen Schatz, wie Salomo hier thut, auch rühmen und uns sein von Herzen freuen, und Gott alle Tage bitten, daß er es in uns gnädig erhalten wolle; so ist alsdann gewisse Hoffnung, Gott werde um seines Wortes Willen, das nimmermehr ohne Frucht abgehet, Glück und Segen zum Regiment, und uns was wir bedürfen, reichlich widerfahren lassen. Amen!


Quelle: Dieterich, Veit - Das Hohelied Salomonis

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