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Calvin, Jean - Psalm 67.

Calvin, Jean - Psalm 67.

Inhaltsangabe: Dieser Psalm ist ein Gebet um einen glücklichen Zustand der Gemeinde Gottes; und zwar soll der Herr sie nicht allein im jüdischen Lande unversehrt erhalten, sondern ihr auch eine neue und bis dahin nicht gekannte Ausbreitung schenken. Wir empfangen dabei einen kurzen Hinweis auf das Reich Gottes, welches durch Christi Ankunft auf der ganzen Erde errichtet werden sollte.

1 Dem Vorsteher im Saitenspiel: ein Psalmlied. 2 Gott sei uns gnädig und segne uns; er lasse uns sein Antlitz leuchten! (Sela.) 3 Dass man auf Erden erkenne seinen Weg, unter allen Heiden sein Heil. 4 Es mögen dir danken, Gott, die Völker; es mögen dir danken alle Völker. 5 Die Völker mögen sich freuen und jauchzen, dass du die Leute recht richtest, und regierest die Leute auf Erden. (Sela.) 6 Es mögen dir danken, Gott, die Völker; es mögen dir danken alle Völker. 7 Das Land hat sein Gewächs gegeben. Es segnet uns Gott, unser Gott. 8 Es segnet uns Gott, und alle Welt wird ihn fürchten.

V. 2. Gott sei uns gnädig usw. Obgleich dieser Psalm eine Weissagung von Christi künftigem Königreich enthält, in welchem die Annahme zur Gotteskindschaft auf die ganze Welt erstreckt werden sollte, bittet er um Gottes Gnade doch insbesondere für die Kinder Israel. Denn sie heißen bekanntlich Gottes erstgeborener Sohn (2. Mos. 4, 22), so dass passender Weise bei ihnen der Segen Gottes anhob, der sich über alle Völker ergießen sollte. Ich haben nun die gesamten Aussagen des Psalms in Wunschform übersetzt. Möglich wäre auch die Zukunftsform, so dass wir es mit einer gewissen Zusage für den ununterbrochenen Fortgang der göttlichen Gnade zu tun hätten. Doch folge ich der Mehrzahl der Ausleger. Da nun nicht von Fremden, sondern von den Gliedern der Gemeinde Gottes die Rede ist, und der heilige Sänger doch alles, was er für sie an Gütern erbittet, aus dem Quell der Gnade Gottes ableitet, so folgt, dass während unsres ganzen Lebens alles Glück, aller Reichtum und jeder Erfolg nur daraus fließen kann, dass Gott uns mit unverdienter Liebe umfängt. Ist aber dies wahr, so kann niemand ihm mit eignen Verdiensten zuvorkommen. Dass Gott uns sein Antlitz leuchten lässt, begreift eine reiche Fülle aller Güter in sich: denn wenn der Herr unserm Herzen die Empfindung von seiner Liebe schenkt und auch noch äußerlich beweist, dass er uns gnädig ist, wird von ihm gesagt, dass sein freundliches Angesicht über uns leuchtet; wenn er aber durch unsre Sünden beleidigt ist, unser Gewissen erschreckt und uns die äußeren Zeichen seiner Gunst entzieht, heißt es, dass er sein Angesicht wie im Nebel verhüllt.

V. 3. Dass man Erden erkenne usw. Hier empfangen wir eine deutliche Weissagung auf die künftige Ausbreitung der Gnade Gottes, welche die Heiden mit dem Samen Abrahams zu einem Leibe verwachsen ließ. Der Prophet wünscht, Gottes Gnade möge an seinem auserwählten Volke derartig sichtbar werden, dass sie die Heiden durch ihren Glanz zur Teilnahme an der gleichen Hoffnung anlocken müsse. Unter dem Weg Gottes wird sein Bund verstanden, durch welchen er sich dem Volke Israel als Vater offenbarte. Diese Offenbarung ist dann noch deutlicher durch das Evangelium geschehen, vermittels dessen uns der Geist der Kindschaft in reicherer Fülle und damit das Heil geschenkt ward. So bezeichnet es ja auch Christus als den Weg zum ewigen Leben, dass man den wahren Gott erkenne (Joh. 17, 3).

V. 4. Es mögen dir danken die Völker. Nachdem wir soeben hörten, dass alle Völker an der Heil schaffenden Erkenntnis Gottes teil bekommen sollen, wird nun hinzugefügt, dass sie auch dankbare Verkündiger dieser großen Gnade sein werden. Darin liegt zugleich eine Mahnung, dass sie es sein sollen. Die Wiederholung des Satzes zeigt, dass es sich um ein ganz neues und ungewohntes Ding handelt: eines solchen Nachdrucks der Rede hätte es ja nicht bedurft, wenn wir nur an die gewöhnlichen Gnadenerweise gegen die Kinder Abrahams erinnert werden sollten. So aber kehrt der Ausruf (V. 6) sogar noch einmal wieder, und zwischendurch wird sehr passend der Grund dieser dankbaren Freude angegeben (V. 5): denn wahrhaft und ernstlich kann man den Herrn nur loben, wenn man ein ruhiges und heiteres Gemüt hat, wenn man auf Grund der Versöhnung mit ihm sich der gewissen Hoffnung des Heils rühmen kann, und wenn der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, im Herzen regiert (Phil. 4, 7). Was aber des genaueren als Grund der Freude angegeben wird, zeigt vollends deutlich, dass es sich um die Berufung der Heiden handelt: denn das Gott die Leute richtet und regiert, ist hier nicht von seinem allgemeinen Weltregiment zu verstehen, sondern von der geistlichen Leitung, welche er seiner Gemeinde angedeihen lässt. Denn eigentlich zu reden stehen nur diejenigen unter der inneren Leitung des Herrn, die er durch die Lehren seines Gesetzes zum Gehorsam anleitet. Dass er sie recht richtet, wird zum besonderen Lobe dieses Regiments gesagt. Übrigens lesen wir fast die gleichen Worte bei Jesaja (11, 4) und Micha (4, 3): und dort ist sicher davon die Rede, dass die Heilslehre über den ganzen Erdkreis ausgebreitet werden soll.

V. 7. Das Land hat sein Gewächs gegeben. Zu dem, was wir bisher über die Gnade Gottes im eigentlichsten Sinne hörten, wird jetzt hinzugefügt, dass er seine Geliebten auch mit irdischen Wohltaten geleitet, sodass, wer Gottes Gunst besitzt, am vollen Lebensglück nichts vermissen wird. Dabei wollen wir uns einprägen, was ich schon sagte, dass alle Wohltaten, mit welchen Gott das Volk des alten Bundes überschüttete, eine Leuchte für die ganze Welt und eine Lockung für die Heiden sein sollen, den Herrn zu suchen. Darum wird dies alles, was Gottes Freigebigkeit für die Anliegen und Bedürfnisse seines Volkes tat, ein Quell werden, aus dem Gottesfurcht fließt: alle Welt wird ihn fürchten. Denn wenn die Erfahrung an die Hand gibt, dass Gott sich als ein gütiger Vater seiner Kinder beweist, werden aller Welt Enden sich seiner Herrschaft umso williger unterwerfen.

Quelle: Müller, Karl / Menges I. - Johannes Calvins Auslegung der Heiligen Schrift - Psalter

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