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Calvin, Jean - Psalm 64.

Calvin, Jean - Psalm 64.

Inhaltsangabe: Dieser Psalm enthält eine Klage, unter die Bitten gemischt sind. David beschwert sich über das ungerechte Wüten seiner Feinde sowie über ihre hinterhältigen und falschen Machenschaften, um den Herrn desto gewisser zum Mitleid zu bewegen. Gegen Ende hebt er seine Augen zu Gott empor und wünscht sich Glück zu einem guten Ausgang.

1 Dem Musikvorsteher: ein Psalm Davids. 2 Höre, Gott, meine Stimme in meiner Klage; behüte mein Leben vor dem grausamen Feinde. 3 Verbirg mich vor dem Rat der Bösen, vor dem lärmenden Haufen der Übeltäter, 4 welche ihre Zunge schärfen wie ein Schwert, die mit ihren giftigen Worten zielen wie mit Pfeilen, 5 dass sie heimlich schießen den Frommen; plötzlich schießen sie auf ihn ohne alle Scheu. 6 Sie sind kühn mit ihren bösen Anschlägen, und sagen, wie sie Stricke legen wollen, und sprechen: Wer kann sie sehen? 7 Sie erdichten Schalkheit, und halten´s heimlich, sind verschlagen, und haben geschwinde Ränke.

V. 2.

Höre, Gott, meine Stimme usw. In diesem einleitenden Satze lässt David ersehen, dass er mit ernstem und brünstigem Eifer betet. Und zugleich zeigt er, dass die Notwendigkeit ihn dazu treibt. Ein Zeichen inbrünstigen Gebetseifers ist die laute Erhebung der Stimme. Darnach wendet sich die Rede zu der drückenden Angst, welche zum Gebet treibt, indem sie auf die Schrecken des Todes hindeutet, welche von Seiten der Feinde drohen. Weiter Umstände, um deren willen David auf Gottes Gnade glaubt rechnen zu können, werden alsbald erwähnt. Wenn er Gott als Hüter seines Lebens anruft, so muss diese wohl in Gefahr gewesen sein. Der nächste Vers lässt ersehen, dass David einen Kampf mit vielen Feinden zu bestehen hatte, deren Angriffe ihm zu mächtig werden, falls Gott ihm nicht seine Hilfe leiht. Das Wort, welches wir mit „Rat“ übersetzen, ist auch im Hebräischen doppelsinnig: es kann sowohl die Ratschläge, als auch die Ratsversammlung bedeuten. Ebenso kann im zweiten Gliede das Wort, das wir mit „lärmender Haufe“ wiedergeben, das Getöse und Geschrei, oder auch eine tosende Versammlung bezeichnen. So wäre es möglich, das erste Satzglied auf heimliche und hinterlistige Anschläge, das zweite auf offene, lärmende Angriffe zu beziehen; und David würde wünschen, dass Gott ihn sowohl vor der im Finsteren schleichenden Bosheit, als vor der Waffengewalt seiner Feinde schützen möchte. Immerhin wird der Gedanke einfacher, wenn wir in beiden Satzgliedern einen Hinweis auf die Masse der Feinde finden. Indem er darüber klagt, will er den Herrn zum Mitleid bewegen, und er bezeugt, dass gegen den Andrang noch so großer Schwärme ihm der Schutz genügen soll, den er vom Himmel erbittet. Weiter soll der Umstand zur Empfehlung seiner Sache dienen, dass seine Feinde Böse und Übeltäter sind: denn je ungerechter und grausamer Menschen mit uns handeln, desto gewisser dürfen wir behaupten, dass Gott uns gnädig ist.

V. 4.

Welche ihre Zunge schärfen wie ein Schwert usw. Obgleich die Feinde offen auf Tod und Leben wider ihn wüteten, beschwert David sich doch besonders über ihre verschlagen giftige Art. Wahrscheinlich sind es boshafte Verleumdungen und Zwischenträgereien, über die er hier klagt, weil er dadurch ohne seine Schuld dem ganzen Volke verhasst gemacht wurde. Er vergleicht die Zungen seiner Feinde mit Schwertern, ihre bitteren und giftigen Worte aber mit Pfeilen. Dem gegenüber betont er seine eigene Rechtschaffenheit, indem er sagt, dass man auf einen Frommen und Unschuldigen zielt. Dies muss ihm dann ein Unterpfand der Erhörung sein: er war sich keiner Schuld bewusst, und doch griffen ihn schlechte und verbrecherische Leute in unwürdiger und treuloser Weise an. Dass sie heimlich und plötzlich schießen, lässt ersehen, dass sie mit vielseitiger Schlauheit ausgerüstet sind: sie zeigen sich nicht nur eifrig und wachsam, um Schaden anzurichten, sondern auch erfinderisch und geschickt, so dass sie einem nichts ahnenden Menschen schon die Brust durchbohren, ehe er auch nur vermuten kann, dass ein Übel ihm droht. David kann auch hinzufügen, dass sie ohne alle Scheu ihrem Treiben sich hingeben. Solch unbeirrte Sicherheit ist ein Zeichen frecher Verstocktheit: mag die Bosheit auch hundertmal offenbar geworden sein, so fahren sie doch ruhig in derselben fort; keine Furcht vor Gott, noch Scheu vor Menschen hält sie zurück, ihre rohen und rücksichtlosen Angriffe zu unternehmen. Ist nun alles dies einem David widerfahren, der einen so heiligen, reinen und gerechten Wandel geführt hatte, konnte selbst er ungerechten Verleumdungen nicht entgehen, so dürfen wir uns nicht wundern, dass der Herr zuweilen auch uns, die wir an Reinheit weit zurückstehen, mit ähnlichen Versuchungen übt. Dabei wird der einzige Trost sein, dass wir zu Gott unsere Zuflucht nehmen und ihn bitten, unsere gute Sache zu schützen.

V. 6.

Sie sind kühn mit ihren bösen Anschlägen, wörtlich: „sie bestärken sich zu bösem Anschlag.“ Hier klagt David also über die Hartnäckigkeit, mit welcher die Feinde ihre verbrecherische Verschwörung durchführen. Er weiß auch von großer Zuversicht zu sagen, mit der sie sich zu allen Wagstücken gegenseitig antreiben. Ohne Zweifel hat Davids Schwachheit ihnen noch mehr Mut gemacht, den elenden und scheinbar von aller Hilfe verlassenen Flüchtling mit ihrer Frechheit zu quälen. Nachdem er also ihre unheilbare Verstocktheit geschildert hat, bei welcher man jede Hoffnung auf ein menschliches Rühren fahren lassen musste, fügt er hinzu, dass sie untereinander bereden, wie sie ihm Stricke legen, d. h. ihn mit ihren hinterlistigen Anschlägen verderben wollen. Endlich sehen wir, wie frech jene Leute sich gebärden, weil sie meinen, dass niemand ihre List durchschaue: Wer kann sie sehen? So pflegen ja gottlose Leute im Vertrauen auf ihre Schlauheit sich hoch über die Einfältigen zu erheben. Sie meinen immer hundert Mittel zur Hand zu haben, um ihre Schandtaten zu verhüllen. Der nächste Vers beschreibt ihr trügerisches Wesen noch abstoßender: Sie erdichten (wörtlich: sie durchforschen) Schalkheit. Sie haben also alles genau durchforscht, um ja alle nur erdenklichen listigen Künste üben zu können. Die übrigen Ausdrücke zeigen, dass man den David nicht bloß offen, sondern auch mit versteckter Bosheit angriff: sie halten´s heimlich usw. Für dies ihr Treiben sind sie mit höchstem Scharfsinn ausgerüstet, der sie selbst in tiefster Finsternis ungeahnte Weisen, Schaden zu tun, entdecken ließ.

8 Aber Gott wird sie plötzlich schießen, dass es ihnen wehe tun wird. 9 Ihre eigne Zunge wird sie fällen, und wird sich fürchten, wer sie siehet. 10 Und alle Menschen werden es sehen und sagen: „Das hat Gott getan!“ und merken, dass es sein Werk sei. 11 Die Gerechten werden sich des Herrn freuen und auf ihn trauen; und alle fromme Herzen werden sich des rühmen.

V. 8.

Aber Gott wird sie plötzlich schießen usw. Nunmehr bricht David in eine freudig-zuversichtliche Rede aus, in der gewissen Überzeugung, dass seine Gebete nicht vergeblich sein werden, sondern bereits von Gott erhört sind. Ließ sich nun auch im Augenblick Gottes Rache noch nicht sehen, so verkündigt David doch, dass sie plötzlich eintreten werde. Damit gibt er einen Beweis ungewöhnlich starken Glaubens: obgleich er sieht, dass die Gottlosen durch ihr Glück vollends verhärtet werden und aus dem Schweigen und der Geduld Gottes den Schluss ziehen, dass sie überhaupt ungestraft bleiben werden, gibt er sich doch nicht müdem Überdruss hin, sondern stimmt seine Seele, geduldig darauf zu warten, dass Gott nach langem Zusehen plötzlich als Richter erscheine, - wie er den unvermutet aufzutauchen und die Gottlosen zu packen pflegt, wenn sie sich schon entronnen glauben und darum sich maßlos übermütig gebärden. Währt uns also der Druck zu lange, so wollen wir uns als Trost vorhalten, dass Gott die Strafen, die er gewiss über die Gottlosen verhängen wird, deshalb absichtlich aufschiebt, um sie später desto heftiger zu treffen. Wenn sie sagen ( Jer. 8, 11): „Friede, Friede“, wird plötzliches Verderben über sie kommen.

V. 9.

Ihre eigne Zunge wird sie fällen. Dies ist noch eine Fortsetzung des gleichen Gedankens: das Gift, welches die Feinde in ihren Plänen zubereiten und mit ihrer Zunge ausspeien, soll ihnen selbst tödlich werden. Dieser Gedanke wird anderwärts mit einem andern Bilde ausgedrückt (Ps. 57, 7): „Sie graben eine Grube und fallen selbst drein.“ Dies ist eine gerechte Vergeltung, dass Gott alle die Schädigungen, die sie guten und einfältigen Leuten zugedacht hatten, auf ihr eignes Haupt zurückfallen lässt. Wenn nun auch heute der Herr unsern Augen viel derartige Beispiele täglich vorstellt, so wird es uns doch oft recht schwer, daran zu glauben. Umso mehr aber sollen wir uns mit unseren Betrachtungen darein versenken, dass Gott für uns auf der Wacht steht und bereit ist, alle trügerischen Pläne, welche die Gottlosen wider uns aushecken, derartig zu ihrem eigenen Verderben zu wenden, als wären sie absichtlich auf solchen Lohn ausgegangen. Das nächste Satzglied weist darauf hin, dass Gottes Rache sehr eindrucksvoll ausfallen wird: und wird sich fürchten, wer sie siehet. Da Gottes Gerichte den kurzsichtigen Augen der Menschen nur zu leicht entgehen, müssen sie sehr kenntlich gemacht werden: nur so wird der Welt Schrecken und Bestürzung eingejagt.

V. 10.

Und alle Menschen werden es sehen und sagen usw. Dieser Satz zeigt noch ausführlicher, welche Frucht aus Gottes Gericht ersprießen wird: das neue und ungewohnte Schauspiel wird Leute, die sonst Gottes Vorsehung für nichts hielten, aufwecken, sodass sie nun zu betrachten anfangen, was ihnen bis dahin verborgen war, und dass sie auch anderen davon erzählen. Denn nach Davids Worten soll die Kenntnis der wunderbaren Gnadentat Gottes nicht auf kleine Kreise beschränkt bleiben, sondern zu allen Menschen dringen. Die reichste Frucht von alledem stellt uns der letzte Vers vor Augen: Die Gerechten werden sich des Herrn freuen usw. Denn sie werden den Schluss ziehen, dass Gott sich gegen sie ebenso freundlich beweisen werde, wie gegen seinen Knecht David. Bemerkenswert erscheint, dass dieselben Leute, die zuerst „Gerechte“ hießen, jetzt als „fromme Herzen“ **bezeichnet werden: wir können daraus ersehen, dass vor Gott nur eine solche Gerechtigkeit gilt, die aus unverfälschtem Herzensgrunde kommt.

Quelle: Müller, Karl / Menges I. - Johannes Calvins Auslegung der Heiligen Schrift - Psalter

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autoren/c/calvin/calvin-psalmen/psalm_64.txt · Zuletzt geändert: von aj
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