Calvin, Jean - Lehre von der Kindertaufe

Calvin, Jean - Lehre von der Kindertaufe

wie dieselbe mit Christi Einsetzung und Wesen des Sakraments auf´ s Genaueste übereinstimme.

Vorwort des Übersetzers.

Das kräftige und gewaltige Wort Calvin´ s über die Kindertaufe, womit er die Schwarmgeister seiner Zeit, die wider dieselbe tobten, zu Boden schlug und die durch die scheinbaren Einwürfe der Wiedertäufer beunruhigten Gemüter der Gläubigen versicherte und tröstete, ist auch noch in unsern Tagen ein Wort zu seiner Zeit, wo, wie bekannt, Baptisten das deutsche Vaterland in der Absicht durchziehen, den lieben Christen ihre in der Kindheit empfangene Taufe zu verdächtigen und sie zu einer zweiten Taufe zu drängen; wodurch nicht allein viele gläubige Seelen beunruhigt, sondern auch, wie bereits traurige Erfahrungen an verschiedenen Orten gelehrt, manche schwache Gemüter verleitet werden, zum großen Ärgernis ihrer Angehörigen, ja der gesamten Kirche, sich zum zweiten Male taufen zu lassen und förmlich an die Gemeinde der Baptisten sich anzuschließen. Unter diesen Umständen wird es wohl an der Zeit sein, den teuren Kämpfer Gottes, Johannes Calvinus, noch einmal auftreten zu lassen, damit er belehrend, warnend, tröstend unsrer Kirche in diesem Stücke bezeuge, was ihr Not tut. So wie dies Wort Calvin’s über die Kindertaufe in der Ursprache schon manche Theologen, die durch die sophistischen Einwürfe der Wiedertäufer beunruhigt worden waren, aufs Neue kräftig überzeugt und beruhigt hat, so wird dasselbe hoffentlich, nunmehr durch eine einfache treue Übersetzung allen deutschen Lesern zugänglich gemacht, unter Gottes Segen der lieben Christenheit zum Trost und zur Erbauung, wie auch zur Verwahrung wider die Proselytenmachersche Umtriebe der Baptisten gereichen.
Gott walte es in Gnaden!

Weil in gegenwärtiger Zeit einige Schwarmgeister der Kindertaufe wegen große Aufregung in der christlichen Kirche hervorgerufen haben und auch jetzt noch nicht zu toben aufhören, so sehe ich mich, um ihren wütenden Angriffen einen Damm entgegen zu setzen, veranlasst, dieselbe zur Sprache zu bringen. Sollte indes die vorliegende Verhandlung über diesen Gegenstand vielleicht dem Einen oder Andern zu weitläufig erscheinen, den bitte ich zu bedenken, dass in einer so hochwichtigen Angelegenheit die Reinheit der Lehre samt dem Frieden der Kirche uns so sehr am Herzen liegen muss, dass wir nichts mit Überdruss aufnehmen sollten, was zur Wiedererlangung beider Stücke beitragen kann. Zudem will ich die Disputation so einzurichten suchen, dass sie zugleich zu einer leichtern Erklärung des Geheimnisses der Taufe nicht wenig beitragen wird. – Sie fechten die Kindertaufe mit einem allerdings scheinbar günstigen Einwurf an, dass sie auf keine göttliche Einsetzung sich gründe, sondern allein durch der Menschen Verwegenheit und argen Vorwitz eingeführt und hernach durch törichte Leichtfertigkeit in Gebrauch gekommen und angenommen worden sei. Ein Sakrament nämlich, das sich nicht auf ein festes Fundament des göttlichen Wortes stützt, hängt gleichsam nur an einem Faden. Wie, wenn nun aber nach genauer Untersuchung der Sache sich ergeben sollte, dass diese Verleumdung fälschlicher und ungerechter Weise gegen eine heilige Einsetzung des Herrn gerichtet wird? Zu dem Ende wollen wir den ersten Ursprung derselben erforschen; und wenn sich dann herausstellen sollte, dass sie durch bloße menschliche Verwegenheit ausgedacht worden sei, so wollen wir sie fahren lassen und die rechte Ausspendung des Sakraments der heiligen Taufe dem alleinigen göttlichen Willen gemäß einrichten. Wenn sich aber ergibt, dass sie allerdings das göttliche Ansehen für sich hat, mögen wir uns wohl hüten, dass wir nicht, indem wir die heiligen Anordnungen Gottes antasten, zugleich auch den Stifter selber schmähen.

Vorerst ist es ein allgemein bekannter und von allen Gläubigen angenommener Grundsatz, dass die rechte Betrachtung der Sakramente nicht bei den bloßen äußerlichen Zeremonien stehen bleibt, sondern hauptsächlich bei den Verheißungen und geistlichen Geheimnissen verweilt, zu deren Verdeutlichung und Versiegelung der Herr die Zeremonien einsetzt. Wer daher wissen will, was die Taufe bedeute, wohin sie ziele, was sie überhaupt sei, der muss mit seinen Gedanken nicht bei dem Element und dem äußerlichen Bild und Zeichen stehen bleiben, sondern sich vielmehr zu den göttlichen Verheißungen, welche uns darin dargeboten, und zu den innern Geheimnissen, welche uns dadurch vorgestellt werden, erheben. Wer dies tut, der hat die der Taufe zu Grunde liegende völlige Wahrheit und so zu sagen ihr ganzes Wesen erfasst, und lernt dann auch hieraus erkennen, was der Grund und Zweck der äußerlichen Besprengung sei. Wer dies hingegen gering achtet und übersieht, dagegen sein Gemüt allein an der sichtbaren Zeremonie haften und hangen lässt, der wird weder die Kraft, noch die eigentümliche Beschaffenheit der Taufe einsehen, noch auch, was die Besprengung mit Wasser bedeute oder was für einen Nutzen sie gewähre. Dieser Grundsatz ist durch so viele und so klare Zeugnisse der heiligen Schrift bewiesen, dass ich es nicht für nötig erachte, sie hier noch weiter auseinander zu setzen. Lasst uns dann jetzt aus den in der Taufe gegebenen Verheißungen erforschen, worin deren Kraft und Wesen bestehe. Die Schrift lehrt uns, dass durch dieselbe zuerst die Vergebung der Sünden, die wir durch Christum erlangen, vorgestellt werde, und darnach die Tötung des Fleisches, welche durch die Gemeinschaft Seines Todes zu Stande kommt, wodurch die Gläubigen zu einem neuen Leben wiedergeboren, ja Christo einverleibt werden. Hierin kann Alles, was in der heiligen Schrift von der Taufe berichtet wird, zusammengefasst werden; außerdem, dass sie auch ein Symbol ist, wodurch wir unsere Religion vor den Menschen bekennen.

Weil aber vor Einsetzung der Taufe an deren Stelle beim Volke Gottes die Beschneidung gebräuchlich war, so wollen wir untersuchen, worin diese beiden Sakramente sich unterscheiden und worin sie übereinkommen, woraus dann ihre beiderseitige Beziehung zu einander erhellen wird. Indem der Herr dem Abraham die Beschneidung zu halten befiehlt, verspricht Er ihm zugleich, Er wolle sein Gott sein und seines Samens nach ihm (1. Mos. 17, 10.), und fügt hinzu, dass ER der allgenugsame Gott sei, damit Abraham Ihn für den Brunnquell alles Guten hielte. In diesen Worten ist die Verheißung des ewigen Lebens enthalten, wie Christus es auslegt, indem Er daraus einen Beweis nimmt für die Unsterblichkeit und die Auferstehung der Gläubigen. „Denn Gott, spricht Er, ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebendigen.“ (Matth. 22, 32.) Weshalb auch Paulus, wenn er die Epheser darauf hinweisen will, aus welchem Verderben sie der Herr errettet habe – daraus, dass sie zu dem Bunde der Beschneidung nicht zugelassen waren, den Schluss ziehet, dass sie ohne Gott und ohne Hoffnung Fremde von den Testamenten der Verheißung gewesen wären (Eph. 2, 12.); welches Alles nämlich der Bund in sich fasste. Der erste Zugang aber zu Gott, der erste Schritt zum unsterblichen Leben ist die Vergebung der Sünden. Hieraus folgt, dass dieselbe der in der Taufe enthaltenen Verheißung von unserer Reinigung entspricht. Darauf fordert der Herr von Abraham, dass er vor Ihm wandeln solle in Unschuld und Herzensreinheit, was auf die geistliche Tötung oder auf die Wiedergeburt sich bezieht. Und damit Niemand Zweifel hege, dass die Beschneidung ein Zeichen der geistlichen Tötung sei, so erklärt dies Moses an einer andern Stelle deutlicher, da er das Israelitische Volk ermahnt, die Vorhaut ihres Herzens zu beschneiden, weil es ein vor allen Nationen der Erde auserwähltes Volk Gottes sei (5. Mos. 10, 16. 30, 6.). Sowie also Gott, da Er Abraham‘s Nachkommen zu seinem Volke annimmt, demselben die Beschneidung vorschreibt, so verkündigt Moses, dass es am Herzen beschnitten werden müsse und gibt damit zu verstehen, was die wahre Bedeutung der leiblichen Beschneidung sei. Und damit Niemand aus eigener Kraft darnach strebe, lehrt er, dass es ein Gnadenwerk Gottes sei. Dies Alles wird uns in den Propheten so oft vorgehalten, dass es nicht nötig ist, viele Zeugnisse dafür hier anzuführen, da sie hin und wieder ungesucht vorkommen. So ist also klar, dass den Vätern in der Beschneidung eine geistliche Verheißung von derselben Art, als auch uns in der Taufe gegeben wird, vorgestellt worden ist, indem sie ihnen nämlich die Vergebung der Sünden und die Tötung des Fleisches abgebildet hat. Und gleichwie außerdem unserer obigen Lehre gemäß Christus das Fundament der Taufe ist, da beide genannte Wohltaten in Ihm ihren Grund und Bestand haben, so ist Er auch der Grund der Beschneidung; denn eben Er ists, der dem Abraham verheißen ward, und in Ihm sollen alle Völker gesegnet werden; welche Gnade zu versiegeln, das Zeichen der Beschneidung hinzugefügt wird.

Jetzt ist es leicht einzusehen, worin diese beiden Sakramente übereinkommen und worin sie verschieden sind. Wir haben nachgewiesen, dass die Verheißung, worin die eigentliche Kraft der Zeichen besteht, bei beiden einerlei ist, nämlich die der väterlichen Liebe Gottes, der Vergebung der Sünden und des ewigen Lebens. Ferner ist auch die den beiden Zeichen zu Grunde liegende Wahrheit, nämlich die Wiedergeburt, eine und dieselbe. Und so ist auch das Fundament, worauf beider Erfüllung sich stützt, der beiden dasselbe. Daher ist kein Unterschied in Betreff des innern Geheimnisses, nach welchem die ganze Kraft und Eigentümlichkeit der Sakramente zu beurteilen ist. Die noch übrig bleibende Verschiedenheit liegt in der äußeren Zeremonie, welches das geringste Stück ist, da das Hauptsächlichste an der Verheißung und an der bezeichneten Sachen hängt. Daraus geht klar hervor, dass das, was der Beschneidung angehört, auch der Taufe zukommt, ausgenommen die Verschiedenheit der äußern Zeremonie. Zu dieser Vergleichung leitet uns die Regel des Apostels an, wenn er uns befiehlt, alle Auslegung der Schrift nach der Analogie und Ähnlichkeit des Glaubens zu richten (Röm. 12, 7.). Und zwar lässt sich in diesem Stücke die Wahrheit fast mit Händen greifen. Denn gleichwie die Beschneidung, weil sie den Juden ein Zeichen und Siegel war, wodurch ihnen zugesichert wurde, dass sie in das Volk und Haus Gottes aufgenommen würden, und sie dagegen ihrerseits sich dem Herrn weiheten, für sie der erste Eingang in die Kirche war: so werden auch wir jetzt durch die Taufe dem Herrn dargebracht, damit wir seinem Volke zugezählt werden und dagegen unserseits Ihm ewige Treue zu schwören. Hieraus ergibt sich unstreitig, dass die Taufe an die Stelle der Beschneidung getreten ist, damit sie bei uns denselben Zweck erreiche.

Wenn nun Jemand fragte, ob es recht sei, den Kindern die Taufe mitzuteilen, würden wir dann nicht sagen müssen, dass der töricht, ja unsinnig sei, der nur bei dem Element des Wassers und dem äußerlichen Gebrauch stehen bleiben, aber auf das demselben zu Grunde liegende geistliche Geheimnis nicht achten würde? Wer dagegen nur einigermaßen seinen Blick auf dasselbe richtet, wird sich ohne Zweifel überzeugen, dass den Kindern mit vollem Rechte die Taufe zu Teil werde und dieselbe ihnen gebühre. Denn der Herr hat dieselben in frühern Zeiten der Beschneidung in keiner andern Absicht teilhaftig werden lassen, als um sie zugleich auch mit allem dem zu begnadigen, was damals durch die Beschneidung bezeichnet und versiegelt worden ist. Sonst hätte Er sein Volk getäuscht und mit trügerischen Zeichen an sich gelockt, was ja auch schon schrecklich anzuhören ist. Denn Er sagt ausdrücklich, dass die Beschneidung eines Kindes statt eines Siegels sei, um die Bundesverheißung zu bestätigen. Wenn aber der Bund fest und unwandelbar bleibt, so erstreckt er sich heut zu Tage nicht weniger auf die Christenkinder, als er im alten Testamente die Judenkinder im Auge hatte. Wenn sie aber der bezeichneten Sache teilhaftig sind, warum sollten sie dann von dem Sakrament und Zeichen zurückgewiesen werden? Wenn sie die dem Zeichen zum Grunde liegende Wahrheit haben, warum sollte ihnen deren Bild und Zeichen verweigert werden? Obwohl das äußerliche Zeichen im Sakramente mit dem Worte so zusammenhängt, dass es von demselben nicht getrennt werden kann, so frage ich doch: wenn es davon getrennt würde, welches von beiden würden wir höher stellen. Ganz gewiss werden wir, da wir sehen, dass das Zeichen dem Worte dient, sagen müssen, dass es demselben unterworfen sei und ihm also eine untere Ehrenstufe anweisen. Da nun also das Wort der Taufe für die Kinder bestimmt ist, warum soll ihnen denn das Zeichen, d. i. des Wortes Anhang, versagt werden? Dieser Eine Beweisgrund, wenn keine andern vorhanden wären, würde hinreichen, um Alle zu widerlegen, die hier widersprechen wollen. Der Einwurf, die Beschneidung sei an einem bestimmten Tage geschehen, ist nur eine elende Ausflucht. Wir gestehen, dass wir nicht wie die Juden an bestimmte Tage gebunden sind; weil aber der Herr, wiewohl Er keinen bestimmten Tag vorschreibt, dennoch sein Wohlgefallen daran äußert, dass die Kinder durch einen feierlichen Ritus in seinen Bund aufgenommen werden, was wollen wir mehr? –

Die heilige Schrift schließt uns jedoch noch eine gewissere Einsicht in die Wahrheit auf. Denn es ist ganz klar, dass der Bund, den der Herr ein für alle mal mit Abraham geschlossen hat, für uns Christen heut zu Tage nicht weniger feste Gültigkeit hat, als ehemals für das Jüdische Volk, und auch jenes Wort des Bundes eben so wohl an uns Christen gerichtet ist, als an die Juden; wir müssten denn meinen, Christus habe durch seine Zukunft des Vaters Gnade verringert oder verkürzt: was ja eine abscheuliche Gotteslästerung wäre. Darum wurden auch die Kinder der Juden, weil sie, zu Erben jenes Bundes erhoben, von den Kindern der Ungläubigen unterschieden werden sollten, ein heiliger Samen genannt; und aus demselben Grunde werden auch die Kinder der Christen für heilig gehalten, möchten sie auch nur von einem gläubigen Vater oder umgekehrt von einer gläubigen Mutter abstammen, und sich nach dem Zeugnis des Apostels von dem unreinen Samen der Abgöttischen unterschieden (1. Kor. 7, 14.). Da nun aber der Herr gleichbald, nachdem Er seinen Bund mit Abraham geschlossen, denselben an den Kindern mit dem äußerlichen Sakrament zu versiegeln befohlen hat (1. Mos. 17, 12.), was für Ursachen wollen wir dann angeben, warum die Christen nicht auch jetzt denselben an ihren Kindern bezeugen und versiegeln sollten? Und hier kann mir keiner den Einwurf machen, der Herr habe kein anderes Zeichen, den Bund damit zu bestätigen, angeordnet, als das der Beschneidung, und dasselbe sei schon längst abgeschafft. Denn hierauf kann ich wieder gleich antworten, dass Er zwar für die Zeit des alten Testaments die Beschneidung eingesetzt habe, den Bund zu bestätigen, dass aber, nachdem dieselbe abgeschafft sei, dennoch immer derselbe Grund der Bestätigung desselben vorwalte, da wir ja in demselben Bunde mit Gott stehen, wie ehemals die Juden. Daher müssen wir immer fleißig sowohl das im Auge behalten, was wir mit ihnen Gemeinsames haben, als auch, was sie von uns Verschiedenes hatten. Der Bund ist ein gemeinschaftlicher und so ist auch der Grund der Bestätigung desselben gemeinschaftlich. Nur die Art und Weise der Bestätigung ist eine verschiedene, weil sie die Beschneidung hatten, an deren Stelle für uns die Taufe eingetreten ist. Wenn sonst das Zeugnis, wodurch die Juden von dem Heil ihres Samens versichert worden sind, uns entzogen würde, so hätte die Zukunft Christi die Folge gehabt, dass die Gnade Gottes uns weniger klar geoffenbaret und bezeugt worden wäre, als früher den Juden. Da nun solches nicht, ohne Christo die größte Schmach anzutun, behauptet werden kann, weil durch Ihn des Vaters unendliche Güte klarer und herrlicher als je zuvor verbreitet und den Menschen offenbart worden ist, so muss man bekennen, dass sie nicht boshafter Weise unterdrückt, noch mit geringerem Ruhme gepriesen werden darf, als unter den dunkeln Schatten des Gesetzes.

Aus diesem Grunde hat denn auch der Herr Jesus, um einen augenscheinlichen Beweis zu geben, woraus die Welt erkennen sollte, dass Er erschienen sei, um seines Vaters Gnade vielmehr zu erweitern, als zu beschränken, die Kindlein, die man ihm zugebracht, aufs freundlichste und herzlichste aufgenommen, dagegen seine Jünger scharf getadelt, als diese ihnen den Zugang zu Ihm zu verweigern versuchten, weil sie solche, derer das Himmelreich ist, von Ihm abhalten wollten, durch den der Zugang zum Himmel allein offen steht (Matth. 19, 13.). Aber, wird vielleicht Jemand einwenden, was hat die Taufe Ähnliches mit dieser Liebkosung Christi? Es wird ja nicht erzählt, dass Er sie getauft habe. Wenn wir seinem Beispiele folgen wollen, so müssen wir für die Kinder beten, nicht aber sie taufen. Aber wir müssen die Werke Christi etwas aufmerksamer überdenken, als diese Art Leute. Denn das muss man nicht leichtsinnig übersehen, sondern gehörig erwägen, dass Christus befiehlt, man solle die Kindlein zu Ihm kommen lassen und dabei den Grund angibt: „denn solcher ist das Himmelreich.“ Und diese seine Willensmeinung beweiset Er darauf tatsächlich dadurch, dass Er sie herzet und mit seinem Gebet und Segen sie dem Vater anbefiehlt. Wenn es billig ist, dass die Kinder zu Christo gebracht werden, warum sollen sie denn nicht auch zur Taufe, dem Symbol unserer Gemeinschaft mit Christo, zugelassen werden? Wenn das Himmelreich ihrer ist, warum soll ihnen denn das Zeichen und Siegel versagt werden, wodurch ihnen gewissermaßen der Zugang zur Kirche eröffnet wird, auf dass sie, in dieselbe aufgenommen, den Erben des himmlischen Reiches zugezählt werden? Wie unbillig sind wir doch, wenn wir die fortjagen, die Christus zu sich einladet? wenn wir die, welche Er mit seinen Gaben begnadigt, derselben berauben? wenn wir die ausschließen, die Er willig zu sich lässt? Will man den Einwurf machen, dass dasjenige, was Christus dort getan, noch lange keine Taufe sei: was soll dann für das Größere gehalten werden, dass Er die Kinder aufnimmt, sie herzet, ihnen die Hände auflegt, für sie bittet und somit augenscheinlich sie für die Seinen erklärt, oder aber, dass wir durch die Taufe bezeugen, dass die Kinder in Seinen Bund gehören? Durch ihre andern Einreden, womit sie diese Stelle verdrehen, legen sie nur ihre Unwissenheit an den Tag. Daraus nämlich, dass Christus sagt: „Lasset die Kindlein zu mir kommen“, schließen sie, dieselben wären schon soweit erwachsen gewesen, dass sie hätten gehen können. Aber sie werden von dem Evangelisten nach dem griechischen Urtexte mit einem Worte genannt, mit welchem die Griechen Kinder bezeichnen, die noch an der Mutter Brüsten hängen. „Kommen“ ist also hier einfach gesetzt für „Herzunahen.“ Siehe, welche Ausflüchte diejenigen suchen müssen, welche gegen die Wahrheit verhärtet sind. Ferner schützen sie vor, das Himmelreich sei nicht den Kindern, sondern ihres Gleichen zugesagt, denn es heiße „solcher“ und nicht „dieser“ ist das Himmelreich. Allein dies beruht auf einem eben so seichten Grunde. Denn wenn dies angenommen wird, wie soll dann Christi Verhalten damit bestehen, wodurch Er offenbar an den Tag legen will, dass diejenigen, welche noch Kinder vom zartesten Alter sind, gleichwohl Ihm angehören? Da Er befiehlt, dass man die Kindlein zu Ihm kommen lasse, so ist nichts klarer, als, dass mit diesem Wort wahre und eigentliche Kindheit bezeichnet wird; und, damit es nicht auffallend erscheinen möge, fügt Er hinzu: „Solcher ist das Himmelreich.“ Wenn nun hierunter notwendig Kinder verstanden werden, so ist ganz klar, dass durch das Wort „solcher“ sowohl die Kindlein selbst, als ihres Gleichen bezeichnet worden sind.

Nunmehr kann Jeder wohl einsehen, dass die Kindertaufe keineswegs ein Menschenfündlein sei, da sie sich auf eine so große Billigung und Gutheißung der heiligen Schrift stützt. Und die schwätzen recht albern, welche den Einwurf machen, man finde nirgends, dass je ein Kind durch der Apostel Hände getauft worden sei. Denn obgleich dies nicht ausdrücklich von den Aposteln gemeldet wird, so wird doch, da die Kinder nirgends ausgeschlossen werden, so oft erwähnt wird, dass ganze Familien getauft worden, Niemand so unsinnig sein wollen, daraus den Schluss zu machen, sie seien nicht getauft worden (Apg. 16, 32.).Wenn Beweise solcher Art gelten sollten, so müssten gleicherweise die Frauen vom heiligen Abendmahl ausgeschlossen werden, weil wir nicht lesen, dass sie zu der Apostel Zeit zugelassen worden sind. Hier aber lassen wir uns an der allgemeinen Glaubensregel genügen. Denn wenn wir erwägen, was der Einsetzung des heiligen Abendmahls angemessen ist, so können wir daraus auch leicht beurteilen, wer an dem Genusse desselben Teil nehmen darf. Und dasselbe halten wir auch bei der Taufe im Auge. Denn wenn wir wahrnehmen, zu welchem Zwecke sie eingesetzt worden ist, so können wir deutlich erkennen, dass sie den Kindern nicht weniger gebührt, als den Erwachsenen. Folglich kann man ihnen dieselbe nicht versagen, ohne dem Willen und der Absicht des göttlichen Stifters offenbar zu widerstreben. Was sie aber bei dem gemeinen Volk ausstreuen, dass nach der Auferstehung Christi eine lange Reihe von Jahren verflossen sei, wo die Kindertaufe ganz unbekannt gewesen, das ist schändlich erlogen, denn es gibt keinen noch so alten Schriftsteller, der nicht den apostolischen Ursprung derselben als eine zuverlässige Tatsache berichte.

Es bleibt uns noch übrig kürzlich zu zeigen, welcher Nutzen und Segen aus diesem Ritus sowohl für die Gläubigen, welche ihr Kinder zur Taufe darbringen, als auch für die Kinder selbst, welche mit dem heiligen Wasser besprengt werden, entsprieße, damit Niemand ihn für unnütz und vergeblich halte; wiewohl, wenn es Jemanden einfällt, unter diesem Vorwande die Kindertaufe zu verhöhnen, hiermit zugleich den vom Herrn gegebenen Befehl von der Beschneidung verlästert. Denn was können sie vorbringen, die erstere zu bestreiten, was nicht auch der letztern zur Schmach gereiche? So rächt Gott den Stolz derer, welche gleich verdammen, was sie mit ihrem fleischlichen Sinne nicht fassen. Aber Gott rüstet uns mit noch andern Waffen aus, womit wir ihre törichten Angriffe zurückschlagen können. Denn jene heilige Einsetzung, woraus unser Glaube so herrlichen Trost empfängt, verdient gar nicht überflüssig genannt zu werden, weil das dem Kind mitgeteilte göttliche Zeichen gleich als mit aufgedrücktem Siegel die den gläubigen Eltern erteilte Verheißung bestätigt und bekräftigt, dass der Herr nicht bloß ihr, sondern auch ihres Samens Gott sein, nicht bloß ihnen selbst seine Güte und Barmherzigkeit erweisen wolle, sondern auch ihren Nachkommen bis in’s tausendste Glied. Hier offenbart sich die unendliche Gnade Gottes, wodurch Er uns erstlich Anlass gibt, seinen Ruhm zu verkündigen, und dann auch die Gläubigen mit hoher Freude erfüllt und ihnen Mut gibt, sich gänzlich Gott zu ergeben, da sie sehen, wie der Herr nicht allein für sie, sondern auch für ihre Nachkommen Sorge trägt. Und hier frage ich nicht darnach, wenn mir Jemand wollte einwerfen, dass wir uns zur Versicherung von der Seligkeit unserer Kinder an der bloßen göttlichen Verheißung genügen lassen sollten: da Gott es anders für gut fand, indem Er auf unsere Schwachheit so gnädige Rücksicht nahm und sich so tief zu derselben herabließ. Deshalb sollen diejenigen, welche die Verheißung von der Barmherzigkeit Gottes gegen ihre Kinder von Herzen annehmen, ihrer Pflicht eingedenk sein, sie der Kirche darzubringen, um sie mit dem Gnadenzeichen bezeichnen zu lassen und daraus feste Zuversicht schöpfen, da sie mit eignen Augen sehen, dass der Bund des Herrn den Leibern ihrer Kinder aufgedrückt ist. Andererseits ziehen auch die Kinder aus der Taufe den Vorteil, dass sie, der Kirche einverleibt, den andern Gliedern umso angenehmer werden und auch später, wenn sie heranwachsen, dadurch zu desto größerm Ernste, Gott zu dienen, erweckt werden, dass sie von Ihm durch ein feierliches Gnadenzeichen angenommen worden sind, ehe sie Alters halber Ihn als Vater erkennen konnten. Endlich soll uns in hohem Grade jener Fluch schrecken, dass Gott den furchtbar strafen wolle, der sein Kind mit dem Bundeszeichen zu bezeichnen versäumt (1. Mos. 17, 15.), weil durch solche Geringschätzung desselben zugleich die dargebotene Gnade verachtet und verworfen wird. –

Nun lasset uns die Beweisgründe untersuchen, womit Einige gleich wütenden Untieren fortwährend diese heilige Satzung anfallen. Weil sie erstlich merken, dass sie durch die Ähnlichkeit der Taufe und der Beschneidung so sehr in die Enge getrieben werden, geben sie sich alle Mühe, zwischen diesen beiden Sakramenten einen bedeutenden Unterschied geltend zu machen, damit das Eine mit dem Andern nichts gemein zu haben scheine. Denn sie sagen, es würden in beiden Zeichen ganz verschiedene Sachen bezeichnet, auch der beiderseitige Bund sei ein ganz verschiedener und das Wort „Kinder“ sei ebenfalls verschiedener Bedeutung. Um das Erste zu beweisen, geben sie vor, die Beschneidung sei ein Zeichen der Tötung, nicht aber der Taufe gewesen; was wir ihnen sehr gerne einräumen, da es mit unserer Meinung vortrefflich übereinstimmt, für die wir keinen andern Beweis geltend machen, als dass die Taufe und die Beschneidung Zeichen geistlicher Tötung seien. Daraus eben schließen wir, dass die erstere an die Stelle der letztern getreten sei, damit sie uns Christen eben dasselbe bezeichne und versiegele, was diese ehemals den Juden bezeichnet und versiegelt hat. Indem sie die Ungleichheit des Bundes zu beweisen suchen, zerreißen und verfälschen sie mit grober Verwegenheit die heilige Schrift nicht bloß an Einer Stelle, sondern auch so, dass sie nichts an derselben unverletzt bleiben lassen. Denn sie stellen die Juden als so fleischlich dar, dass sie dem Vieh ähnlicher sind als den Menschen; so, dass nämlich der mit ihnen geschlossene Bund sich nicht über dieses gegenwärtige Leben hinaus erstrecke und die ihnen gegebenen Verheißungen sich allein auf zeitliche und äußerliche Güter beschränke. Wenn diese Ansicht gelten soll, so folgt darauf nichts anderes, als dass das Jüdische Volk gleich einer Herde Säue, die im Stalle gemästet werden, mit zeitlichen Wohltaten sei gesättigt worden, um darnach ewig zu verderben. Denn sobald wir die Beschneidung und die derselben anhängenden Verheißungen anführen, ist das ihre Antwort: die Beschneidung sei ein buchstäbliches Zeichen und ihre Verheißungen fleischlich gewesen.

Wahrlich, wenn die Beschneidung ein buchstäbliches Zeichen war, so ist auch nichts Anders von der Taufe zu halten: da der Apostel Kol. 2 der Einen nicht mehr Geistlichkeit zuschreibt, als der Andern. Denn er sagt, dass wir in Christo beschnitten seien nicht durch die Beschneidung, die mit Händen geschehe, sondern durch Ablegung des sündlichen Leibes im Fleisch, welche er die Beschneidung Christi nennt. Nachher fügt er zur bessern Erklärung des Ausdrucks hinzu, dass wir durch die Taufe mit Christo begraben seien. Was will er mit diesen Worten anders andeuten, als dass die in der Taufe enthaltene Segensfülle auch in der Beschneidung enthalten ist, weil sei beide eins und dasselbe bezeichnen; denn er will zeigen, dass den Christen das die Taufe sei, was den Juden die Beschneidung gewesen. Nun bitte ich die Gläubigen, zu erwägen, ob ein Zeichen für irdisch und buchstäblich zu halten sei, unter welchem nichts als Geistliches und Himmlisches verborgen liegt? Damit sie aber die Einfältigen nicht verblenden, will ich den Einwurf, womit sie diese unverschämte Lüge beschönigen, beiläufig widerlegen. Nichts ist gewisser, als dass die Hauptverheißungen, in denen der Bund enthalten war, welchen Gott im alten Testamente mit den Israeliten geschlossen hat, geistlicher Art gewesen sind und auf das ewige Leben sich bezogen haben; dass sie ferner auch von den Vätern, wie es sich geziemte, geistlich aufgefasst worden sind, damit sie daraus die zuversichtliche Hoffnung des ewigen Lebens schöpften, nach welchem sie von ganzem Herzen trachteten. Wir stellen unterdessen keineswegs in Abrede, dass Er ihnen seine Gunst und Gnade auch mit irdischen und leiblichen Wohltaten bezeugt hat, wodurch ihnen ebenfalls die Hoffnung auf die geistlichen Verheißungen bekräftigt worden ist. Als Er seinem Diener Abraham die ewige Seligkeit verhieß, fügte Er, um einen recht in die Augen fallenden Beweis seiner Gnade zu geben, die andere Verheißung vom Besitz des Landes Kanaan hinzu (1. Mos. 15, 1. 18.). So muss man alle dem Jüdischen Volk gegebenen irdischen Verheißungen verstehen, dass die geistliche, als die Hauptverheißung, den Vorrang behält, und die anderen sich darauf beziehen.

In dem Worte „Kinder“ finden sie diese Verschiedenheit, dass im alten Testamente diejenigen Abraham geheißen, welche von seinem Samen abstammten, jetzt aber mit diesem Namen diejenigen bezeichnet würden, welche seinem Glauben nachfolgeten. Nun ja, wir räumen gerne ein, dass der fleischliche Samen Abrahams’s eine Zeit lang die Stelle des geistlichen Samens, der Kinder Gottes, inne gehabt hat, die durch den Glauben ihm einverleibt werden sollten. Denn wir werden seine Kinder genannt, wiewohl wir in keiner natürlichen Verwandtschaft zu ihm stehen. Wenn sie aber, wie sie deutlich genug merken lassen, dies so verstehen, dass dem fleischlichen Samen Abraham’s niemals der geistliche Segen Gottes verheißen worden sei, so befinden sie sich da in einem gräulichen Irrtum. Daher müssen wir das Ziel besser zu treffen suchen, zu welchem wir unter der sichern Leitung der heiligen Schrift unfehlbar hingeführt werden. Der Herr verheißt dem Abraham einen zukünftigen Samen, in welchem alle Völker der Erde gesegnet werden sollen, und sagt ihm zugleich zu: Er wolle sein Gott sein und seines Samens nach ihm. Daher werden diejenigen, welche Christum als den Urheber dieses Segens im Glauben annehmen, Erben dieser Verheißung und darum Abraham’s Kinder genannt.

Wiewohl aber nach der Auferstehung Christi die Grenzen des Reiches Gottes weit und breit nach allen Völkern ohne Unterschied hin erweitert worden sind, so, dass nach dem Ausspruche Christi Gläubige von Morgen und von Abend gesammelt wurden (Matth. 8, 11.), welche mit Abraham, Isaak und Jakob im Reiche Gottes zu Tische sitzen sollten, so hat doch Gott viele Jahrhunderte lang vorher den Juden dieselbe Barmherzigkeit zu Teil werden lassen; und weil Er mit Übergehung aller andern Völker dies Eine Volk auserwählt hatte, um demselben eine Zeit lang seine Gnade ausschließlich zu verleihen, so hat Er dasselbe Sein Volk und Eigentum genannt. Und solche Gnade zu bezeichnen und zu versiegeln, ist die Beschneidung gegeben worden (2. Mos. 19, 5.), damit durch dies Symbol die Juden belehrt würden, dass Gott ihr Seligmacher sei und durch diese Erkenntnis ihre Herzen zur Hoffnung des ewigen Lebens erhoben würden. Denn, was kann dem fehlen, den Gott einmal zu Gnaden auf- und angenommen hat? Weshalb der Apostel, wenn er beweisen will, dass die Heiden samt den Juden Abraham’s Kinder seien, auf diese Weise redet: „Abraham ist gerecht worden durch den Glauben in der Vorhaut; darnach empfing er das Zeichen der Beschneidung; nicht derer, die sich der bloßen Beschneidung rühmen, sondern die dem Glauben folgen, den unser Vater Abraham schon in der Vorhaut hatte“ (Röm. 4, 10.). Da sehen wir, dass er sie beide gleich hoch stellt. Denn während einer von Gottes Ratschluss festgesetzten bestimmten Zeit war er ein Vater der Beschneidung. Darnach, als der Zaun abgebrochen war, wie der Apostel anderswo schreibt (Eph. 2, 14.), wodurch die Heiden von den Juden getrennt waren, ist auch jenen der Eingang in das Reich Gottes eröffnet, ist er auch ihr Vater geworden, und zwar ohne das Zeichen der Beschneidung, da sie statt der Beschneidung die Taufe haben. Dass er aber ausdrücklich sagt, Abraham sei nicht ein Vater derer, die bloß die Beschneidung aufzuweisen haben, stehet da, um den Stolz gewisser Leute zu dämpfen, welche mit Hintenansetzung des Ernstes der Gottseligkeit mit den bloßen Zeremonien prangten; womit auch heutiges Tages der leere Wahn derer widerlegt werden kann, welche in der Taufe nichts als das Wasser suchen.

Hier aber schieben sie eine andere Stelle des Apostels aus dem 9. Kapitel des Römerbriefes vor, wo er lehrt, dass nicht die, welche aus dem Fleische sind, Abraham’s Kinder seien, sondern die Kinder der Verheißung für Samen gerechnet werden. Solches scheint nämlich anzudeuten, als sei die fleischliche Verwandtschaft mit Abraham, welcher wir ja eine Bedeutung beilegen, ohne Gehalt und Wert. Man muss aber das, was der Apostel daselbst verhandelt, etwas aufmerksamer erwägen. Denn indem er den Juden zeigen will, wie die Gnade Gottes so gar nicht an den Samen Abraham’s gebunden sei, ja wie der derselbe an und für sich von keinem Nutzen und Segen sei, beweiset er dies an Ismael und Esau, welche verworfen worden sind, als wären sie fremde, obwohl sie nach dem Fleisch Erben Abrahams waren; und der Segen bleibt auf Isaak und Jakob beruhen. Daraus folgt, was er nachher bekräftigt, dass die Seligkeit von der Barmherzigkeit Gottes abhänge, nach welcher Er begnadigt, wen Er will, und also die Juden keine Ursache haben mit dem Bunde zu prangen, wenn sie nicht auch des Bundes Artikel einhalten, d. i. dem Worte gehorchen. Andererseits aber, nachdem er ihnen das eitle Vertrauen auf ihr Geschlecht benommen hatte, und er ihnen doch auch zur Einsicht bringen wollte, dass der Ein Mal mit Abraham’s Samen geschlossene Bund Gottes keineswegs für ungültig erklärt werden könne, handelt er im 11. Kapitel davon, dass auch der fleischlichen Verwandtschaft Abraham’s ihre Würde nicht ganz abgesprochen werden dürfe, und folgert daraus, dass die Juden die ersten und die natürlichen Erben des Evangeliums seien, sofern sie nicht ihrer Undankbarkeit wegen als Unwürdige enterbt würden, doch so, dass der himmlische Segen nicht ganz und gar von ihrem Geschlechte gewichen sei. Aus diesem Grunde nennt er sie, wie widerspenstig und bundbrüchig sie auch waren, Heilige; (so hoch ehrt er das heilige Volk, welches Gott seines heiligen Bundes würdig gehalten hat) uns aber im Vergleich mit ihnen nachkömmliche oder unzeitige Kinder Abraham’s, die nicht von Natur, sondern aus Gnaden Kinder seien durch Annahme an Kindes Statt; gleich einem vom Baume abgebrochenen Zweige, der in einen fremden Baum gepfropft wird. Damit die Juden also ihrer Vorzüge nicht verlustig gingen, musste ihnen das Evangelium zuerst verkündigt werden, denn sie sind in der Familie Gottes gleichsam die Erstgeborenen. Daher gebührte ihnen diese Ehre, bis sie das ihnen dargebotene Heil von sich stießen und durch ihre Undankbarkeit bewirkten, dass es den Heiden zugewendet wurde (Röm. 11, 29.). Und ob sie gleich noch immer halsstarrig gegen das Evangelium zu wüten und zu toben fortfahren, dürfen sie doch nicht von uns verachtet werden, wenn wir bedenken, dass um der Verheißung willen der Segen Gottes noch immer auf ihnen ruht, wie der Apostel bezeugt, dass derselbe nie ganz von ihnen weichen werde, weil Gott seine Gaben und Berufung nicht gereuen.

Siehe, was die dem Samen Abraham’s gegebene Verheißung und wie hoch sie zu schätzen ist. Wiewohl wir also nicht zweifeln, dass in Absonderung der Erben des Reichs von den Bastarten und Fremden die bloße Wahl Gottes ganz frei zu Werke geht, so erkennen wir doch zugleich, dass es Ihm wohl gefallen hat, Abraham’s Samen vorzüglich mit seiner Barmherzigkeit zu umfassen und zur stärkern Versicherung dieselbe mit der Beschneidung zu versiegeln. Ebenso verhält es sich mit der christlichen Kirche; denn, so wie Paulus oben lehrt, dass die Juden durch ihre Abstammung von ihren Vorfahren geheiligt werden, so lehrt er an einer andern Stelle, dass der Christen Kinder ebenfalls durch ihre Eltern geheiligt sind. Hieraus folgt, dass sie mit Recht von den Andern abgesondert werden, welche ihnen gegenüber für unrein gehalten werden müssen. Wer kann jetzt noch daran zweifeln, dass das, was sie daran knüpfen, ganz falsch sei, dass die, welche vor Zeiten als Kinder beschnitten worden sind, weiter nichts als die geistliche Kindschaft vorgebildet hätten, welche durch die Wiedergeburt vermittelst des göttlichen Wortes zu Stande kommt. Denn so spitzfindig klügelt der Apostel nicht, wenn er schreibt, Christus sei ein Diener der Beschneidung, um die den Vätern gegebene Verheißung zu bestätigen (Röm. 15, 8.); als wollte er sagen, dass, weil der mit Abraham geschlossene Bund zugleich auf seinen Samen gehe, Christus, um die ein für alle Mal von seinem Vater gegebene Verheißung zur Erfüllung zu bringen, zum Heil des Jüdischen Volkes erschienen sei. Siehest du, dass er auch nach der Auferstehung Christi die Verheißung des Bundes so versteht, dass sie nicht bloß in allegorischem Sinne, sondern so wie der Wortklang lautet, an dem leiblichen Samen Abraham’s in Erfüllung gehen müsse. Dahin gehört auch, was Petrus den Juden ankündigt, dass ihnen und ihren Kindern in Folge des Bundes die Wohltat des Evangeliums angehöre (Apg. 1, 39.) und anderswo nennt er sie Kinder des Testamentes, d. h. dessen Erben (Apg. 3, 25.). Hiermit stimmt doch die andere oben angeführte Stelle des Apostels überein (Eph. 2, 11.), wo er die an den Kindern vollzogene Beschneidung als ein Zeugnis der Gemeinschaft, welche sie mit Christo haben, geltend macht. Wenn wir jener Leute leere Einfälle annehmen wollen, wo wird dann die Verheißung des zweiten Gebotes bleiben, worin der Herr denen, die Ihn fürchten, verheißt, Er wolle ihrem Samen gnädig sein bis in’s tausendste Glied. Wollen wir auch hier zu einer allegorischen Auslegung unsre Zuflucht nehmen? Das wäre doch eine allzu elende Ausflucht. Oder wollen wir sagen, dass die Zusage aufgehoben sei? Aber so würde das Gesetz aufgelöset, welches Christus vielmehr zu erfüllen gekommen ist, so weit dasselbe uns zum Segen und zum Leben dient. Es stehet also unbestreitbar fest, dass Gott den Seinigen so gnädig ist, dass Er um ihretwillen auch die Kinder, welche sie gezeugt haben, seinem Volke zugezählt wissen will.

Die Verschiedenheiten, die sie sonst zwischen der Taufe und der Beschneidung aufsuchen, sind nicht bloß lächerlich und ohne Sinn, sondern auch einander widersprechend; denn nachdem sie bekräftigt haben, die Taufe gehe auf den ersten Tag des geistlichen Kampfes, die Beschneidung aber auf den achten, nachdem die geistliche Tötung vollbracht ist: so sagen sie gleich darauf, die Beschneidung bilde die Tötung der Sünde ab, die Taufe aber sei das Begräbnis, nachdem wir der Sünde abgestorben seien. Wahrlich, ein Wahnsinniger würde sich nicht so offenbar widersprechen. Denn aus dem Einen Satze würde hervorgehen, dass die Taufe der Beschneidung vorhergehen müsse; aus dem Andern könnte man schließen, dass sie derselben folgen müsse. Übrigens muss man sich über solche Widersprüche nicht verwundern, denn des Menschen Geist, wenn er mit Beseitigung des festen Wortes Gottes sich einmal dazu ergibt, träumerische Fabeln und Phantasien auszuhecken, ist sehr geneigt in solche Schwindeleien sich zu verirren. Wir sagen also, dass die erste dieser beiden Ungleichheiten ein reiner Traum ist. Wollte man über den achten Tag allegorisieren, so dürfte man es doch auf diese Weise nicht tun. Noch viel besser wäre dann, es mit den Alten so auszulegen, es wäre geschehen, um zu zeigen, dass die Erneuerung des Lebens von der Auferstehung Christi abhänge, welche am achten Tage stattgefunden, oder den achten Tag auf den Lauf des ganzen gegenwärtigen Lebens zu beziehen, in welchem die geistliche Tötung immer fortschreiten soll, bis nach dessen Vollendung auch sie selbst vollendet sei. Übrigens scheint es, hat der Herr, indem Er die Beschneidung auf den achten Tag verschob, auf die Zartheit des kindlichen Alters Rücksicht nehmen wollen, weil dem eben erst gebornen und noch ganz schwachen Kindlein die Wunde hätte gefährlich werden können. –

Nicht viel witziger und gründlicher ist der andere Unterschied, den sie geltend zu machen suchen, dass wir durch die Taufe begraben würden, nachdem wir schon vorher gestorben seien (Röm. 6, 4.); da ja die heilige Schrift es so bestimmt und klar hervorhebt, wie seien mit der Bestimmung in den Tod begraben worden, damit wir der Sünde abstürben und nach jener geistlichen Tötung von da an von ganzem Herzen rängen. –

Ebenso linkisch ist es, was sie vorgeben, dass, wenn die Taufe der Beschneidung gleich gestellt werden müsse, dann auch die Mädchen nicht getauft werden dürften, weil ja auch nur die Knaben die Beschneidung empfangen hätten. Denn, wenn ganz offenbar am Tag liegt, dass durch das Zeichen der Beschneidung die Heiligung des Israelitischen Samens versiegelt worden ist, so geht daraus unzweifelhaft hervor, dass dasselbe sowohl zur Heiligung des weiblichen als des männlichen Teils jenes Volkes gegeben worden ist, jedoch allein an den Leibern der Knaben vollzogen wurde, weil diese sich allein dafür eigneten: jedoch so, dass die Mädchen gewissermaßen an der Beschneidung der Knaben Teil hatten und derselben einverleibt wurden. So lasset uns dann, mit verdienter Verachtung jener närrischen Träumereien, an der Ähnlichkeit der Taufe und der Beschneidung festhalten, welche wir in Betreff ihres innern Geheimnisses ihrer Verheißungen, ihres Gebrauchs und ihrer Wirkung aufs genaueste übereinstimmen sehen.

Ferner behaupten sie, die Taufe dürfe darum den kleinen Kindern nicht mitgeteilt werden, weil sie noch außer Stande wären, das darin vorgestellte Geheimnis, nämlich die geistliche Wiedergeburt, als welche in diesem Alter nicht stattfinden könne, zu empfangen. Daher machen sie den Schluss, man solle die Adamskinder bleiben lassen, bis sie soweit herangewachsen seien, um zu der zweiten Geburt zu gelangen. Dies Alles aber streitet offenbar gegen die göttliche Wahrheit. Denn wenn man sie Adamskinder bleiben lassen will, lässt man sie im Tode, da wir in Adam nur sterben können. Dagegen sagt Christus, man solle sie zu Ihm kommen lassen (Matth. 19, 14.). Warum denn? darum, weil Er das Leben ist. Er will sie also Seiner Selbst teilhaftig machen, um sie zum Leben zu bringen; da Jene hingegen, indem sie dieselben von Ihm zurückhalten, sie dem Tode zusprechen. Denn mögen sie auch immer gleich vorschützen, sie verständen das nicht so, als wenn die Kinder darum, dass sie Adamskinder blieben, verloren gingen: so wird doch ihr Irrtum hinlänglich durch die heilige Schrift zurückgewiesen, welche sagt, dass wir in Adam Alle tot seien und keine Hoffnung des Lebens haben als nur durch Christum (1. Kor. 15, 22.). Seiner müssen wir also teilhaftig werden, um Erben des Lebens zu werden. Gleicherweise heißt es anderswo, dass wir von Natur alle unter dem Zorn Gottes sind, in Sünde empfangen (Eph. 2, 3.; Ps. 51, 7.), welche jedenfalls die Verdammnis mit sich führt. Daraus folgt, dass wir unsre Natur müssen ablegen, um am Reiche Gottes Teil zu nehmen. So muss also Alles, was von uns ist, vernichtet werden, um Gottes Erben werden zu können, was ohne Wiedergeburt nicht zu Stande kommt; denn was kann klareres gesagt werden, als dies: „Fleisch und Blut können das Reich Gottes nicht ererben.“ (1. Kor. 14, 6.). Kurz: das Wort Jesu Christi muss wahrhaftig bleiben, worin Er bekräftigt, dass Er das Leben sei (Joh. 11, 25. u. 14, 50.). Folglich müssen wir in Ihm sein, um der Knechtschaft des Todes zu entgehen. Aber wie, sprechen sie, sollten kleine Kinder wiedergeboren werden können, die weder Gutes noch Böses kennen? Hierauf antworten wir, dass, obwohl Gottes Werk für uns verborgen und unbegreiflich ist, dasselbe darum doch nicht aufgehoben sei. Ferner ist es ganz offenbar, dass der Herr die kleinen Kinder, die Er selig machen will, (wie Er wenigstens Einige unter ihnen selig macht) zuvor wiedergebiert. Denn da sie in Verderbnis geboren werden, so müssen sie zuvor gereinigt werden, ehe sie in’s himmlische Reich eingehen können, in welches nichts Beflecktes noch Unreines hinein kommt (Ezech. 2, 3.; Ps. 51, 7.; Offb. 21, 7.). Da sie als Sünder geboren werden, wie David und Paulus bezeugen, so müssen sie, damit sie nicht Gott unangenehm und ein Gräuel bleiben, gerechtfertigt werden. Und was fordern wir mehr, da der himmlische Richter uns sagt, dass wir Alle müssen wiedergeboren werden, um in das Reich Gottes eingehen zu können? (Joh. 3, 3.). Und um den Murrköpfen das Maul zu stopfen, so hat Er an Johannes dem Täufer bewiesen, was Er an Andern vermöge, da Er ihn von Mutterleibe an geheiligt hat (Luk. 1, 15.). Und zwar hilft ihnen hier keineswegs ihr gewöhnlich eingebrachter Einwurf, das sei nur Einmal geschehen, und folge daraus nicht gleich, dass solches die gewöhnliche Weise sei, wie der Herr mit den Kindern verfahre. Auch wir schließen nicht also, sondern wollen hier nur zeigen, dass sie ungerechter und übel wollender Weise die Kraft Gottes in jene engen Schranken schließen wollen, in welche sie sich doch keineswegs einschließen lässt. Ebenso ungereimt ist auch der andere Einwand, dass das Wort der Schrift „von Mutterleibe“ gewöhnlich so viel sagen wolle, als „von Jugend auf“. Denn es liegt auf der Hand, dass der Engel, als er dies dem Zacharias vermeldete, ihm damit etwas ganz anderes sagen wollte, nämlich, dass er noch vor seiner Geburt mit dem heiligen Geiste werde erfüllt werden. So lasset uns also nicht versuchen, Gott Gesetze vorschreiben zu wollen, dass Er diejenigen, welche Er nach freiem Wohlgefallen will, auf dieselbe Weise heiligen könne, wie Er Jenen geheiligt hat, weil seine Hand nicht verkürzt ist. –

Und in der Tat ist auch Christus deshalb von der ersten Kindheit an geheiligt worden, damit Er seine Erwählten aus jedem beliebigen Alter ohne Unterschied in sich Selbst heiligte. Denn gleichwie zur Tilgung der Schuld des Ungehorsams, der in unserm Fleische vollbracht war, Er selber sich in unser Fleisch gekleidet hat, um in demselben an unserer Statt einen vollkommenen Gehorsam zu leisten: so ist Er auch vom heiligen Geist empfangen worden, um von dessen Heiligkeit in dem angenommenen Fleische durch und durch erfüllt, dieselbe über uns auszugießen. Da wir in Christo ein vollkommenes Muster aller Gnadengaben haben, welche Gott seinen Kindern mitteilt, so ist Er folglich auch in dieser Beziehung uns ein Unterpfand, dass das kindliche Alter nicht durchaus unempfänglich für die Heiligung ist. Jedenfalls müssen wir dies als unbezweifelt festhalten, dass Keiner unter den Erwählten eher aus diesem Leben abgerufen wird, bevor er durch Gottes Geist wiedergeboren und geheiligt wird. Wie sie dagegen einwerfen, dass der heilige Geist in der Schrift keine andere Wiedergeburt anerkenne, als aus dem unvergänglichen Samen, d. i. aus dem Worte Gottes, so deuten sie jenen Spruch Petri (1. Petr. 1, 23.) fälschlich, da er offenbar in demselben nur diejenigen Gläubigen im Auge hat, welche durch die Predigt des Evangeliums unterwiesen worden waren. Wir bekennen allerdings, dass für Solche das Wort des Herrn der einzige Same der geistlichen Geburt ist; wir leugnen aber, dass man daraus schließen dürfe, als könnten Kinder nicht durch Gottes unmittelbare Gnadenkraft wiedergeboren werden, welche, wie unbegreiflich und wunderbar sie uns sein mag, Ihm gleichwohl leicht und durchaus angemessen ist. Kurz: es ist eine bedenkliche und voreilige Sache, dies dem Herrn absprechen zu wollen, dass Er sich ihnen auf jede beliebige Weise zu offenbaren vermöge.

Aber der Glaube, sagen sie, kommt aus dem Hören; wie sollten dann hierzu und überhaupt zur Erkenntnis Gottes Solche tüchtig und fähig sein, denen Moses jede Erkenntnis des Guten und Bösen abspricht? (5. Mos. 1, 39.). Sie bemerken aber nicht, dass der Apostel, wo er das Hören zum Grunde des Glaubens macht (Röm. 10, 17.), nur die gewöhnliche Art und Weise im Auge hat, deren sich der Herr bedient, um die Seinen zum Glauben zu bringen; nicht, als wenn Er nicht auch eine andere Weise anwenden könnte, wie Er oft bei Manchen getan hat, welche Er, ohne ihnen jemals das Wort verkündigen zu lassen, innerlich ergriffen und zur Erkenntnis seines Namens geführt hat. Warum wollen sie also die Macht Gottes so einschränken und es für so sehr widersinnig halten, dass Er den Kindern, welches Moses allerdings jede Erkenntnis des Guten und des Bösen abspricht, nicht wenigstens hienieden schon einen Teil der Einsicht in das Göttliche und überhaupt jener Gnade einflößen könne, deren volle Höhe und Tiefe ihnen dann etwas später zu Teil wird? Denn wenn die Fülle des Lebens in der vollkommenen Erkenntnis Gottes besteht, so ist gewiss, dass diejenigen unter den kleinen Kindern, welche der Herr gleich bald nach ihrer Geburt in das ewig - selige Leben aufnimmt, alsdann zur vollkommenen Offenbarung Gottes gelangen werden. Da sie nun dieselbe im Himmel in vollkommenem Maße genießen werden: warum sollten sie dann hienieden nicht schon einen kleinen Vorgeschmack davon empfangen oder eines Fünkleins derselben sich bewusst werden können? besonders da Er sie nicht eher aus ihrer Unwissenheit herausreißen wird, bis Er sie aus dem Gefängnis ihres Leibes erlöset. Nicht, als wenn ich verwegener Weise behaupten wollte, dass sie mit derselben Art und Weise des Glaubens begabt würden, als wir an uns erfahren; (was ich lieber auf sich beruhen lassen will) sondern ich will nur die törichte Anmaßung derer ein wenig in die Schranken zurückweisen, welche leichtfertiger Weise nach den Eingebungen ihrer törichten Phantasie Alles, was ihnen gut deucht, behaupten oder absprechen.

Nun aber dringen sie auf dieser Seite noch heftiger auf uns ein, die Taufe sei das Sakrament der Buße und des Glaubens; da nun keins von beiden in der zarten Kindheit stattfinden könne, so sei zu besorgen, dass, wenn man ihnen die Taufe mitteile, man dadurch die Bedeutung derselben vereiteln und verächtlich mache. Solche Pfeile aber werden mehr gegen Gott, als gegen uns gerichtet. Denn, dass auch die Beschneidung ein Zeichen und Siegel der Buße gewesen, ist durch eine Menge von Schriftzeugnissen, (so unter andern von Jeremia 4) völlig klar erwiesen, wie denn auch Paulus dieselbe ein Siegel der Gerechtigkeit des Glaubens nennt (Röm. 4, 11.). So möge man denn Gott zur Rechenschaft ziehen, dass Er sie an den kleinen Kindern hat vollziehen lassen. Denn da es in dieser Beziehung mit der Taufe und der Beschneidung einerlei Bewandtnis hat, so können sie der letztern nichts einräumen, was sie nicht auch der erstern zuerkennen müssen. Wollen sie zu ihrem gewöhnlichen Schlupfwinkel zurückkehren, dass damals durch das kindliche Alter die geistlichen Kinder seien vorgebildet worden, so ist ihnen dazu schon oben der Weg verbaut worden. Wir sagen also, dass, da Gott die Beschneidung als ein Sakrament der Buße und des Glaubens den Kindern mitgeteilt hat, es nicht unangemessen erscheine, wenn sie heut zu Tage der Taufe teilhaftig werden, wir müssten denn die göttliche Einsetzung einer offenbaren Ungereimtheit beschuldigen wollen. Aber, so wie in allen Werken Gottes, so leuchtet auch in diesem seine Weisheit und Gerechtigkeit genugsam hervor, um die Einwürfe gottloser Menschen zu Schanden zu machen. Denn obgleich die Kinder in dem Augenblicke, wo sie beschnitten wurden, die Bedeutung jenes heiligen Zeichens mit ihrer Einsicht nicht zu fassen vermochten, so wurden sie doch wirklich auf die geistliche Tötung ihrer verderbten und befleckten Natur beschnitten, damit sie, wenn sie zu den Jahren des Verstandes gelangten, darnach strebten. Kurz: jener Knoten ist dadurch gelöset, dass wir sagen, sie werden getauft auf zukünftige Buße und Glauben, wovon man zwar augenblicklich noch nichts zum Vorschein kommen sieht, nichts desto weniger aber der Same von beiden durch die verborgene Wirksamkeit des heiligen Geistes in ihnen verborgen liegt. Durch diese Antwort ist Ein für alle Mal alles dasjenige beseitigt, was sie aus der heiligen Schrift in Betreff der Bedeutung der Taufe gegen uns herleiten; wie z. B. wenn der Apostel dieselbe „ein Bad der Wiedergeburt und Erneuerung des heiligen Geistes nennt“ (Tit. 3, 5.); woraus sie auch wieder den Schluss machen wollen, man dürfe sie Keinem erteilen, als wer dazu befähigt sei, wir aber dagegen geltend machen, dass dann auch die Beschneidung der kleinen Kinder verwerflich gewesen. Kurz: wie gesagt, alle Gründe, die beigebracht werden, um die Beschneidung zu erschüttern, haben keine Gewalt, die Taufe zu bekämpfen. Auch hilft ihnen ihr Vorgehen nichts, das stehe uns allerdings fest, was sich auf ein Bestimmtes göttliches Ansehen stütze, wenn auch kein Grund dafür vorhanden sei, welche Ehrfurcht aber weder der Kindertaufe, noch andern ähnlichen Zeremonien gebühre, welche uns durch kein bestimmtes göttliches Wort befohlen worden seien; denn immerfort werden sie durch diesen Schlusssatz gefangen gehalten: der göttliche Befehl in Betreff der Beschneidung der Kinder war entweder gesetzmäßig und tadelfrei oder tadelnswert. Wenn aber nichts schädliches noch verwerfliches sich an demselben findet, so wird auch in der Beobachtung der Kindertaufe nichts Unangemessenes gefunden werden können.

Den Flecken aber der Ungereimtheit, den sie hier versuchen anzuhängen, wischen wir so ab. Seine Erwählten, welche nach empfangenem Sakrament der Wiedergeburt aus diesem Leben scheiden, ehe sie herangewachsen sind, erneuert der Herr vorher durch die uns unbegreifliche Kraft seines Geistes in Seiner Ihm allein bewussten Weise nach Seinem Wohlgefallen. Wenn sie zu den Jahren des Verstandes gelangen, wo sie in der der Taufe zum Grunde liegenden Wahrheit unterwiesen werden können, so werden sie dadurch desto mehr zum Eifer in der Erneuerung entzündet werden, wenn sie hören werden, dass sie mit dem Siegel derselben schon in zarter Kindheit beschenkt worden sind, damit sie während des ganzen Laufes ihres Lebens darnach ringen. In diesem Sinne ist zu verstehen, was Paulus an zwei Stellen lehrt, dass wir durch die Taufe mit Christo begraben werden (Röm. 6, 4.; Kol. 2, 12.). Denn damit versteht er nicht, dass der, welcher die Taufe empfangen wolle, zuvor mit Christo begraben sein müsse, sondern er lehret einfach die Wahrheit, die der Taufe zum Grunde liegt; und zwar lehrt er dieselbe solchen, die bereits getauft sind; so, dass also nicht einmal ein Unsinniger aus dieser Stelle den Beweis zu entnehmen versuchen wird, dass die Erneuerung der Taufe vorhergehen müsse. Auf dieselbe Weise belehren auch Moses und die Propheten das Volk über die Bedeutung der Beschneidung, welche sie doch schon als Kinder empfangen hatten (5. Mos. 10, 16.; Jer. 4, 4.). Dasselbe gilt auch von dem, was Paulus den Galatern schreibt, dass sie, indem sie getauft worden seien, Christum angezogen hätten (Gal. 3, 27.). Und zwar wozu? dass sie nämlich in Zukunft Christo lebeten, da sie früher Ihm nicht gelebt hätten. Und wiewohl bei den Erwachsenen die Erkenntnis des Geheimnisses dem Empfang des Sakraments vorhergehen muss, so hat es doch mit den Kindern eine andere Bewandtnis, wie später och näher auseinander gesetzt werden soll. Ebenso ist die Stelle Petri zu verstehen, worauf Jene sich einen gewaltigen Schutz bauen, wenn er sagt: die Taufe sei nicht ein Abtun des Unflats am Fleisch, sondern das Zeugnis eines guten Gewissens vor Gott durch die Auferstehung Jesu Christi (1. Petr. 3, 21.). Jene behaupten nämlich, diesem Spruche zu Folge bleibe für die Kindertaufe nichts weiter übrig, als dass sie ein leerer Dampf sei, indem sie von jener Wahrheit auch nicht das Geringste in sich enthalte. Aber da machen sie sich wieder derselben Gedankenlosigkeit schuldig, indem sie wollen, dass die Sache der Ordnung der Zeit nach immer dem Zeichen vorhergehen müsse. Denn auch die der Beschneidung zum Grunde liegende Wahrheit bestand in demselben Zeugnis eines guten Gewissens; wenn dasselbe notwendig hätte vorhergehen müssen, so würden die Kinder nie auf göttlichen Befehl beschnitten worden sein. Indem Er aber auf der Einen Seite zeigte, dass die der Beschneidung zum Grunde liegende Wahrheit das Zeugnis eines guten Gewissens sei und doch auch die Beschneidung der jungen Kinder verordnete, gibt Er damit deutlich zu verstehen, dass ihnen die Beschneidung in dieser Beziehung für die Zukunft mitgeteilt werde, d. h. zu Gute kommen solle. Daher ist der Kindertaufe für die Gegenwart nicht mehr Kraft und Wirksamkeit zuzuschreiben, als dass sie den vom Herrn mit den Kindern geschlossenen Bund bekräftigt und versiegelt. Die übrige Bedeutung jenes Sakraments wird später nachfolgen zu der Zeit, die Gott selbst vorgesehen hat.

Jedermann, hoffe ich, wird hiernach deutlich einsehen, dass alle solche und ähnliche Beweisführungen wahre Verdrehungen der heiligen Schrift sind. Die noch übrigen obigen ähnlichen Scheingründe werden wir kurz abfertigen. So machen sie unter Andern noch den Einwurf, die Taufe werde zur Vergebung der Sünden erteilt. Indem wir dieses gerne einräumen, zweifeln wir nicht, dass es unsre Ansicht vollkommen bestätigt. Denn da wir als Sünder geboren werden, so haben wir Vergebung und Gnade schon von Mutterleibe an nötig. Da ferner Gott dem kindlichen Alter die Hoffnung auf Seine Barmherzigkeit nicht abschneidet, sondern vielmehr versichert, warum sollten wir demselben dann das Zeichen und Siegel, welches ja viel geringer als die Sache selbst ist, vorenthalten? Die Waffe also, die sie gegen uns schleudern, lassen wir so auf sie selbst zurückfallen: die Kleinen werden mit der Vergebung der Sünden begnadigt, also soll ihnen das Zeichen derselben nicht verweigert werden. Zugleich bringen sie aus der Epistel an die Epheser den Spruch vor, die Kirche sei vom Herrn gereinigt worden durch das Wasserbad im Worte des Lebens (Eph. 5, 26.). Nichts Geeigneteres hätten sie zur Widerlegung ihres Irrtums anführen können, als grade diese Schriftstelle, indem eben dadurch unsere Beweisführung eine neue Stütze empfängt. Wenn Christus will, dass durch die Taufe die Abwaschung versiegelt werde, welche der Herr seiner Kirche angedeihen lässt, so würde es ja unbillig erscheinen, dass die jungen Kinder dies Sein Zeugnis entbehren, welche mit Recht für einen Teil der Kirche angesehen werden, da sie zu Erben des himmlischen Reiches angenommen worden sind. Denn Paulus umfasst die ganze Kirche, wenn er sagt, dass sie durch das Wasserbad gereinigt sei. Nicht weniger schließen wir auch aus dem, was er anderswo sagt (1. Kor. 12, 13.), dass wir durch die Taufe Christo einverleibt seien, dass die Kinder, die Er zu seinen Gliedern zählt, getauft werden müssen, damit sie von Seinem Leibe nicht losgerissen werden. Siehe wie ungestüm sie mit so vielen Belagerungsstücken auf die Festung unsers Glaubens eindringen!

Hierauf kommen sie auf den Gebrauch der apostolischen Zeit, wo Niemand ohne vorhergehendes Bekenntnis des Glaubens und der Buße zur Taufe zugelassen worden sei. Denn als Petrus von denen, welche sie bekehren wollten, gefragt wird, was sie tun müssten, erteilt er ihnen den Rat, dass sie erstlich Buße tun und darnach sich taufen lassen sollen zur Vergebung der Sünden (Apg. 2, 37.). Wie denn auch Philippus, als der Kämmerer nach der Taufe verlangt, die Antwort erteilt, es könne dies geschehen, wenn er von ganzem Herzen gläubig sei (Apg. 8, 37.). Hieraus glauben sie mit Recht schließen zu dürfen, dass es nicht recht sei, Jemand ohne vorhergehenden Glauben und Buße zur Taufe zuzulassen. Wenn wir aber diesen Beweis gelten lassen, so wird aus dem ersten Spruch, worin des Glaubens keine Erwähnung geschieht, soviel hervorgehen, dass die Buße allein hinreiche, aus dem Andern aber, worin der Buße gar nicht gedacht wird, erhellen, dass es am Glauben genug sei. Hier werden sie nun, denke ich, erwidern, dass Ein Spruch den andern ergänze und dass man darum beide zusammen nehmen müsse. Darauf entgegne ich wiederum, dass man dann auch andere Sprüche vergleichen und zu Hilfe nehmen muss, die uns diesen Knoten lösen helfen, indem es viele Sprüche der heiligen Schrift gibt, deren Sinn sich aus den Umständen ergibt; wie eben das vorliegende Beispiel beweiset. Denn eben diejenigen, denen Petrus und Philippus solches verkündigten, waren, was ihr Alter betrifft, geeignet, die Gesinnungen der Buße und des Glaubens in sich zu erwecken. Von Solchen sagen wir keineswegs, dass sie eher zur Taufe zugelassen seien, man habe denn zuvor von ihrer Buße und ihrem Glauben sich überzeugt; (so viel als Menschen darüber sich Gewissheit verschaffen können) dass aber kleine Kinder in eine andere Klasse gehören, unterliegt keinem Zweifel. Denn wenn Jemand in alter Zeit sich beim Volke Israel meldete, um mit demselben in religiöse Gemeinschaft zu treten, so musste er vorher in dem Bunde Gottes und in dem Gesetze sich unterweisen lassen, ehe er die Beschneidung empfangen konnte, weil er seiner Herkunft nach ein Fremdling und von dem Volke Israel abgesondert war, mit welchem er durch die Beschneidung bestätigte Bund bestand. –

Wie denn auch der Herr, wenn Er den Abraham in Seine Gemeinschaft aufnimmt, nicht so ohne Weiteres mit der Beschneidung beginnt und unterdessen verschweigt, was er mit jenem Zeichen beabsichtigte, sondern ihm zunächst über den mit ihm zu schließenden Bund die nötigen Offenbarungen erteilt und erst dann, nachdem Abraham den göttlichen Verheißungen Glauben geschenkt, ihn des Sakramentes teilhaftig macht. Warum folgt bei Abraham das Sakrament auf den Glauben, geht dagegen bei dessen Sohn Isaak aller Erkenntnis vorher? Weil derjenige, welcher erst im Mannesalter in die Gemeinschaft des Bundes, welchem er bis dahin entfremdet gewesen war, aufgenommen wird, des Bundes Bedingungen schicklicher Weise erst kennen lernen muss, nicht aber gleicherweise das von ihm gezeugte Kind, welches ja durch das Recht der Erbschaft, der bestimmt erteilten Verheißung gemäß, schon von Mutterleibe an in den Bund mit eingeschlossen war. Oder, (damit ich die Sache noch klarer und kürzer angehe) wenn die Kinder der Gläubigen schon vor erlangter Erkenntnis des Bundes teilhaftig sind, so ist kein Grund, sie darum vom Bundeszeichen zurückzuweisen, weil sie die Bundesartikel noch nicht beschwören können. Dies ist auch ohne Zweifel der Grund, warum Gott bisweilen die Kinder, welche von Israeliten abstammen, als Ihm Selbst gezeugte und geborne darstellt (Ezech. 16, 20. u. 23, 37.). Denn mit Recht hält Er die Kinder derer für seine Kinder, denen Er verheißen hat, dass Er ihres Samens Vater sein wolle. Wer aber ungläubig oder von ungläubigen Eltern geboren ist, wird so lange, bis er durch den Glauben mit Gott vereinigt wird, als von der Gemeinschaft des Bundes entfremdet angesehen. Daher ist es kein Wunder, dass er auch des Bundeszeichens nicht teilhaftig wird, da ja dessen Bedeutung an ihm fälschlich und trügerisch sein würde. In demselben Sinne schreibt auch Paulus, dass die Heiden, so lange sie in ihrem Götzendienst gesteckt, außer dem Testament gewesen seien (Eph. 2, 11.). Die ganze Sache scheint mir also darin ihre klare Entwicklung zu finden, dass diejenigen, welche als Erwachsene erst zum Glauben an den Herrn Jesum gelangen, da sie bis dahin vom Bunde entfremdet gewesen sind, erst dann das Sakrament der Taufe empfangen können, nachdem sie zuvor sich bußfertig und gläubig erwiesen haben, als wodurch ihnen allein der Zugang zur Bundesgemeinschaft sich öffnen kann; dagegen die von Christen abstammenden Kinder, so wie sie gleich von ihrer Geburt an von Gott in die Erbschaft des Bundes aufgenommen werden, zur Taufe zugelassen werden müssen. Darauf geht auch, was der Evangelist erzählt, dass diejenigen, welche vorher ein Sündenbekenntnis abgelegt, von Johannes getauft worden seien (Matth. 3, 6.); welches Beispiel uns auch noch heut zu Tage als Regel dient. Denn wenn ein Jude oder Heide sich bei uns zur Taufe meldet, so soll er nicht eher mit dem heiligen Wasser besprenget werden, als bis er ein für die Kirche genügendes Glaubensbekenntnis abgelegt hat. –

Außerdem bringen sie die Worte Christi Joh. 3, 5. vor, welche ihrer Meinung nach vorschreiben, dass die Wiedergeburt mit der Taufe verpaart gehen müsse: „Es sei denn, dass Jemand geboren werde aus Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen.“ Siehest du, sprechen sie, dass der Mund des Herrn selber die Taufe eine Wiedergeburt nennt; unter welchem Vorwande lassen wir dann diejenigen, die zur Wiedergeburt offenbar noch ganz untüchtig sind, zur Taufe zu, welche ohne jene ein Unding ist? Erstlich irren sie darin, dass sie deshalb, weil sie von Wasser reden hören, meinen, es geschehe hier Erwähnung der heiligen Taufe. Denn nachdem Christus dem Nikodemus die Verderbtheit der menschlichen Natur auseinandergesetzt und gelehrt hat, dass dieselbe neugeboren werden müsse, Jener aber sich einbildete, es sei von einer leiblichen Wiedergeburt die Rede: so erklärte Er ihm die Art und Weise, wie Gott wiedergebiert, nämlich durch Wasser und Geist; wie, wenn Er sagte: durch den Geist, welcher in der Reinigung und Abwaschung der gläubigen Seelen die Stelle des Wassers vertritt. Daher nehme ich einfach „Wasser und Geist“ für „den Geist, der ein Wasser ist“. Auch ist dies keine neue Redeweise, denn sie stimmt völlig überein mit jener andern, welche wir Matth. 3 verzeichnet finden: „Der nach mir kommt, der ists, der mit dem heiligen Geist und mit Feuer tauft“. Gleichwie nun „mit dem heiligen Geist und mit Feuer taufen“ so viel heißt, als den heiligen Geist geben, der in der Wiedergeburt die Art und Natur des Feuers beweiset: so heißt auch „aus Wasser und Geist wiedergeboren werden“ nichts anderes, als die Kraft des heiligen Geistes empfangen, welcher an der Seele das tut, was das Wasser am Leibe. Ich weiß wohl, dass Andere dies anders auslegen; doch zweifle ich nicht, dass dies der rechte Sinn sei, da Christi Absicht keine andere ist, als zu lehren, dass Alle, die das Himmelreich zu erlangen wünschen, ihre angeborne Natur ablegen müssen. Wiewohl, wenn wir nach ihrer Weise Lust hätten, mit elenden Sophistereien uns durchzuschlagen, wir ihnen (wenn wir gleich ihre Behauptung zugeben wollten) entgegnen könnten, dass die Taufe dem Glauben und der Buße vorhergehen müsse, da in den Worten Christi das Wort „Wasser“ vor dem Worte „Geist“ stehet. Dass unter diesem letztern die geistlichen Gaben zu verstehen sind, ist klar; wenn diese auf die Taufe folgen, so habe ich meine Absicht erreicht. Alle Sophistereien jedoch bei Seite gesetzt, ist die von mir beigebrachte einfache Auslegung festzuhalten, dass Niemand, er sei denn durch das lebendige Wasser, d. i. durch den Geist wiedergeboren, in das Reich Gottes eingehen könne.

Schon hieraus geht klar hervor, wie verwerflich die selbst ersonnene Ansicht derer ist, welche alle Ungetaufte zum ewigen Tode verdammen. Gesetzt nun, was diese fordern, dass die Taufe allein an Erwachsenen vollzogen werden dürfe: was wollen sie denn sagen von einem Kinde, welches in der christlichen Lehre gut unterrichtet worden ist, dann aber, wann sein Tauftag herannaht, wider Aller Vermuten eines plötzlichen Todes stirbt? Die Verheißung des Herrn ist klar, dass, wer an den Sohn glaubt, den Tod nicht sehen, noch in das Gericht kommen wird, sondern vom Tode zum Leben durchgedrungen ist (Joh. 5, 24.). Wir finden aber nirgends, dass Er einen noch nicht Getauften verdammet habe. Ich will dies allerdings nicht so gedeutet wissen, als stimmte ich damit überein, dass die Taufe ungestraft verachtet werden könne, behaupte vielmehr, dass durch solche Verachtung der Bund Gottes geschändet wird, geschweige, dass ich sie in Schutz nehmen sollte. Das allein will ich beweisen, dass sie nicht so nötig sei, dass darum derjenige ohne weiteres verloren gehen müsse, der sie nicht hat empfangen können. Wenn wir aber ihren Menschfündlein beistimmen, werden wir ohne alle Ausnahme alle diejenigen verdammen müssen, welche durch irgendeinen Zufall verhindert worden sind, die Taufe zu empfangen, ob sie gleich einen lebendigen Glauben haben, wodurch man an Christo Teil bekommt. Überdies stürzen sie, so viel an ihnen ist, alle unmündigen Kinder in den ewigen Tod, indem sie ihnen die Taufe versagen, welche nach ihrem eigenen Bekenntnis zur Seligkeit erforderlich ist. Da mögen sie nun zusehen, wie schön sie mit den Worten Christi übereinstimmen, in denen dem kindlichen Alter das Himmelreich zugesprochen wird (Matth. 19, 4.). Und selbst, wenn wir ihnen Alles, so viel das Verständnis dieser Stelle betrifft, einräumen, so werden sie doch nichts daraus herauspressen, es sei denn, dass sie zuvor die von uns früher bewiesene Lehre von der Wiedergeburt der Kinder umstoßen.

Die aller festeste Vormauer aber rühmen sie sich in der Einsetzung der Taufe selber zu haben, welche sie aus dem letzten Kapitel des Matthäi herleiten (Matth. 28, 19.), wo Christus, indem Er die Apostel zu allen Völkern sendet, ihnen den Befehl erteilt, dieselben zunächst zu lehren und sie erst darnach zu taufen. Daran knüpfen sie dann noch den Spruch aus dem letzten Kapitel des Markus ((Mark. 16, 16.): „Wer da glaubet und getaufet wird, der wird selig werden.“ Was bedarf es noch der Frage, (sprechen sie) da die Worte des Herrn ausdrücklich dahin lauten, man solle eher lehren, als taufen, und überhaupt der Taufe die zweite Stelle nach dem Glauben zuweisen? Wie ja der Herr Jesus auch durch sein eigenes Beispiel diese Ordnung eingehalten hat, da Er erst in seinem 30. Lebensjahre sich hat taufen lassen wollen. Aber, lieber Gott, wie vielfältig verwickeln sie sich hier und legen ihren Unverstand an den Tag! Denn schon darin irren sie sehr kindisch, dass sie die erste Einsetzung der Taufe daraus ableiten, deren Amt ja Christus von Anfang seines Predigtamts den Aposteln übertragen hat. Es ist folglich gar kein Grund vorhanden, Gesetz und Regel für die Taufe aus jenen beiden Stellen herzuleiten, als wenn sie die erste Einsetzung derselben enthielten. Und wollten wir ihnen auch diesen Irrtum durchgehen lassen, was für eine Kraft soll denn diese ihre Beweisführung haben? Wollte ich hier eine Ausflucht suchen, so stände mir nicht allein ein Schlupfwinkel, sondern ein sehr weites Feld offen. Denn, wenn sie so sehr auf den Buchstaben dringen, so dass sie, weil es heißt: „Gehet hin und lehret alle Völker und taufet sie“, ferner: „Wer glaubet und getauft wird …“, den Schluss machen, man müsse eher lehren, als taufen, und eher glauben, als die Taufe begehren: warum sollten dann auch wir nicht das Blatt umwenden und sagen dürfen: man müsse eher taufen, als lehren halten, was Christus geboten hat, da ja auch geschrieben steht: „Taufet sie und lehret sie halten Alles, was ich euch geboten habe.“ Wie wir denn auch bereits oben bei Anführung des Spruchs Christi von der Wiedergeburt aus Wasser und Geist eine ähnliche Bemerkung gemacht haben. Denn wenn derselbe in ihrem Sinne zu verstehen ist, so wird ohne Zweifel die Taufe der geistlichen Wiedergeburt vorhergehen müssen. Denn Christus sagt nicht, dass wir aus Geist und Wasser, sondern aus Wasser und Geist wiedergeboren werden müssen.

Schon scheint jener unerschütterliche Beweis, worauf sie so sehr vertrauen, einigermaßen zu wanken. Weil aber die Wahrheit in ihrer Einfalt schon Schutz genug hat, will ich mich mit solchen Spitzfindigkeiten nicht behelfen. Drum sollen sie folgende gründliche Antwort haben: Der Befehl Christi in dieser Stelle geht hauptsächlich auf die Predigt des Evangeliums und nur anhangsweise knüpft Er daran die Verordnung in Betreff des Amts der Taufe; so dass also der letzteren nur so weit Erwähnung geschieht, als ihre Ausspendung zum Lehramt gehört. Denn Christus sendet seine Apostel aus, um allen Völkern der Erde das Evangelium zu verkündigen, so dass sie die bis dahin verlornen Menschen aller Orten durch die Heilslehre in Sein Reich sammeln. Welche aber und welcherlei Leute? Ganz gewiss ist nur von Solchen die Rede, welche unterwiesen zu werden befähigt sind. Darnach fügt Er hinzu, dass dieselben nach empfangener Belehrung getauft werden sollen, indem Er die Verheißung damit verknüpft, dass die, so da glauben und getauft werden, selig werden sollen. Wo ist nun hier mit Einer Silbe von unmündigen Kindern die Rede? Was wird das dann nun für ein Schluss sein, den sie wider uns geltend machen? „Die Erwachsenen sollen, bevor sie die Taufe empfangen, unterrichtet werden, damit sie zum Glauben gelangen; folglich ists unrecht, den unmündigen Kindlein die Taufe zu verleihen.“ Nein, wenn sie sich auch noch so sehr darüber ärgern, so werden sie aus dieser Stelle nichts anderes beweisen, als nur, dass man Solchen, welche das Evangelium zu hören befähigt sind, dasselbe eher verkündigen soll, ehe sie getauft werden, da ja von Solchen allein die Rede ist. Nun mögen sie, wenn sie können, einen Riegel daraus verfertigen, um damit den kleinen Kindern den Zugang zur Taufe zu versperren.

Damit aber auch den Blinden die Trugschlüsse jener Leute handgreiflich werden mögen, will ich dieselben mit einem sehr deutlichen Gleichnis bezeichnen. Wenn Jemand urteilen wollte, dass den kleinen Kindern die Nahrungsmittel entzogen werden müssten, und zwar unter dem Vorwande, der Apostel habe gesagt: „Wer nicht arbeitet, der soll auch nicht essen“ (2. Thess. 3, 10.), wäre der nicht wert, dass ihn Jedermann in’s Angesicht spie? Warum? weil er das, was nur von einer besondern Klasse von Leuten und von einem bestimmten Alter gilt, auf Alle ohne Unterschied deuten wollte. Nicht größer ist auch die Geschicklichkeit jener Leute in dem vorliegenden Falle, indem sie das, was, wie Jedermann sieht, allein auf die Erwachsenen sich bezieht, auf die kleinen Kinder ausdehnen, so dass auch dieses Alter auf eine Regel, die nur für die Erwachsenen besteht, angewiesen sein soll. Was das Beispiel Christi anbelangt, so unterstützt dasselbe ihre Sache nicht im Geringsten. Er ist zwar nicht vor dem 30. Jahre getauft worden; dies hatte aber seine besondere Ursache, weil Er damals sein Predigtamt beginnen und durch dasselbe zu der von Johannes bereits angefangenen Taufe den festen Grund legen wollte. Indem Er also durch die Verkündigung seiner Lehre die Taufe einsetzen wollte, hat Er, um dieser seiner Einsetzung ein größeres Ansehen zu verleihen, dieselbe an seinem eigenen Leibe geheiligt und zwar in dem schicklichen Zeitpunkte, nämlich bei Gelegenheit des Antritts seines Predigtamts. Kurz: sie können hieraus nichts anders erlangen, als dass die Taufe ihren Ursprung und Anfang mit der Predigt des Evangeliums genommen habe. Wenn sie aber Lust haben, uns an das 30. Jahr zu binden, warum halten sie dann dasselbe nicht fest, sondern lassen einen Jeden, der nach ihrem Urteil weit genug gefördert ist, zur Taufe zu?

Endlich machen sie noch den Einwurf, es sei nicht mehr Grund vorhanden, den Kindern die Taufe zu reichen, als das Mahl des Herrn, welches ihnen doch keineswegs bewilligt werde. Gleich als zeigte uns die heilige Schrift nicht einen großen Unterschied zwischen diesen beiden Sakramenten. Es ist zwar das letztere in der alten Kirche den jungen Kindern öfters gereicht worden, wie aus Cyprian und Augustinus bekannt ist (Vergl. August. ad Bonif. lib. I.); mit Recht ist aber jene Sitte außer Gebrauch gekommen. Betrachten wir nämlich den Geist und die eigentümliche Beschaffenheit der Taufe, so ist sie gewissermaßen der Eintritt in die Kirche, gleichsam die Weihe, wodurch wir dem Volke Gottes einverleibt werden, das Zeichen und Siegel unserer geistlichen Wiedergeburt, durch welche wir zu Kindern Gottes gebildet werden; dagegen das heilige Abendmahl für Erwachsene bestimmt ist, welche die zarte Kindheit zurückgelegt haben und schon stärkere Speise vertragen können. Dieser Unterschied wird uns in der heiligen Schrift durchweg klar vor Augen gestellt, wo nämlich der Herr, was die Taufe angeht, in Beziehung auf das Alter keinen Unterschied macht, die Teilnahme am Abendmahl aber nicht Allen ohne Unterschied gestattet, sondern nur Solchen, welche den Leib und das Blut des Herrn zu unterscheiden, ihr Gewissen zu prüfen, den Tod des Herrn zu verkündigen und dessen Bedeutung und Kraft zu erwägen befähigt sind. Was wollen wir klareres, als was der Apostel sagt, da er ermahnt, dass ein Jeglicher sich selbst prüfe und erforsche, und sodann von diesem Brot esse und aus diesem Kelch trinke? (1. Kor. 1, 28.). Es muss also eine Selbstprüfung vorhergehen, die man von Kindern vergeblich erwarten würde. Desgleichen: „Wer unwürdig isset und trinket, der isset und trinket sich selber das Gericht, damit, dass er nicht unterscheidet den Leib des Herrn.“ Wenn nur diejenigen würdig Teil nehmen können, welche die Heiligkeit des Leibes Christi recht zu unterscheiden vermögen: warum sollten wir dann unsern zarten Kindlein statt der lebendig machenden Speise Gift darreichen? Was soll dann jener Befehl des Herrn: „Solches tut zu meinem Gedächtnis?“ Was jene Vorschrift, die Paulus daraus ableitet: „So oft ihr von diesem Brot esset und aus diesem Kelch trinket, sollt ihr den Tod des Herrn verkündigen, bis dass Er kommt?“ Wie wollten wir doch von den Kindern verlangen können, dass sie einer Sache gedenken, die sie nie erfasst haben, und dass sie das Kreuz Christi verkündigen, dessen Bedeutung und Wohltat sie noch nicht begreifen? Nichts von diesem Allem wird in der Taufe vorgeschrieben; deshalb ist unter diesen beiden Sakramenten ein großer Unterschied, den wir auch unter dem alten Testament in ähnlichen Zeichen wahrnehmen. Die Beschneidung zwar, mit welcher unsre Taufe übereinkommt, war für die Kinder bestimmt. Zu dem Osterlamm aber, an dessen Stelle jetzt das Abendmahl getreten ist, wurden nicht Alle ohne Unterschied als Gäste zugelassen, sondern dasselbe wurde vorschriftsmäßig nur von denen genossen, welche in dem Alter waren, um über dessen Bedeutung sich unterrichten lassen zu können (2. Mos. 12, 26.). Hätten jene Leute nur ein Körnlein gesunden Gehirns, wie könnten sie dann bei einer so klaren Sache noch so blind sein? –

Wiewohl ich die Leser nicht gerne mit Mitteilung so vieler leeren Einfälle beschwere, so wird es doch der Mühe wert sein, die gegen die Kindertaufe gerichteten merkwürdigen Scheingründe kürzlich zu widerlegen, welche insbesondere Servet, nicht der Geringsten Einer unter den Wiedertäufern, ja eine Hauptzierde dieser Sekte, in dieser Streitsache vorzubringen beliebt hat. So gibt er vor, die von Christo eingesetzten Sakramente, so wie sie selbst vollkommen seien, erforderten auch vollkommene oder wenigstens vervollkommnungsfähige Leute. Dieser Einwurf ist damit leicht und schnell abgefertigt, dass die Vollkommenheit, welche das Ziel der Taufe ist, da sie sich bis zum Tode hin ausdehnt, mit Unrecht auf Einen Moment beschränkt wird. Ich setze noch hinzu, dass es gar zu töricht ist, am ersten Tage der Taufe schon bei dem Menschen die Vollkommenheit zu suchen, nach welcher dieselbe während unsers ganzen Lebens täglich zu ringen uns auffordert. –

Sodann gibt er vor, dass die christlichen Sakramente Gedenktafeln seien, auf dass ein Jeder sich erinnere, dass wir mit Christo begraben seien. Darauf antworte ich, dass dieses Hirngespinst keiner Widerlegung bedarf, ja, dass das, was er auf die Taufe bezieht, wie der Ausspruch Pauli beweiset, dem heiligen Abendmahl gehört, denn er sagt, dass ein Jeder sich selbst prüfen solle. Dagegen wir in Betreff der Taufe nirgends etwas Ähnliches vorgeschrieben finden, und daraus schließen wir, dass solche, welche ihrer zarten Kindheit wegen zu einer Selbstprüfung noch nicht befähigt sind, mit Recht getauft werden. Auf das, was er zum dritten anführt, dass alle diejenigen, die an den Sohn Gottes nicht glauben, im Tode bleiben und dass der Zorn Gottes über ihnen bleibe (Joh. 3, 36.), und deshalb die Kinder, die ja nicht glauben können, in ihrer Verdammnis liegen: erwidre ich, dass Christus in jener Stelle nicht von der allgemeinen Schuld redet, in welche alle Nachkommen Adam’s verwickelt sind, sondern, dass jene Drohung allein den Verächtern des Evangelii gilt, welche die ihnen angebotene Gnade hochmütig und hartnäckig von sich stoßen. Das hat aber keinen Bezug auf die Kinder. Zugleich mache ich einen entgegen gesetzten Schluss geltend: dass der, den Christus segnet, von dem Fluche Adam’s und dem Zorne Gottes befreit ist. Da nun die Kinder von Ihm offenbarlich gesegnet worden sind, so folgt daraus, dass sie vom Tode befreiet sind. Darauf zitiert er fälschlicherweise einen Spruch, der nirgends geschrieben stehet, dass ein Jeder, der aus dem Geiste geboren sei, die Stimme des Geistes höre. Wollten wir aber auch zugeben, dass derselbe irgendwo geschrieben stehe, so wird er doch damit nichts anderes herausbringen, als dass die Gläubigen, je nachdem der heilige Geist sein Werk in ihnen hat, tüchtig werden, seiner Stimme zu gehorchen. Es ist aber erbärmlich, das, was von einer bestimmten Anzahl gesagt wird, gleicher Weise auf Alle zu beziehen. –

Zum vierten macht er den Einwurf: weil das, was sinnlich ist, vorhergeht, so müsse man die für die Taufe, welche geistlich sei, passende Zeit abwarten (1. Kor. 15, 46.). Wiewohl ich nun allerdings bekenne, dass alle Nachkommen Adam’s, da sie vom Fleische geboren sind, von Mutterleibe an ihre Verdammnis in sich tragen: so leugne ich doch, dass dies den Herrn hindern könne, gar bald das rechte Heilmittel dagegen anzuwenden. Denn Servet wird mir nicht beweisen können, dass Gott gewisse Jahre festgesetzt habe, in denen das geistliche Leben erst beginnen könne; da wenigstens Paulus bezeugt (1. Kor. 7, 14.), dass, obwohl wir von Natur verloren sind, dennoch diejenigen, welche von gläubigen Eltern geboren, durch die übernatürliche Gnade geheiligt sind. –

Darauf bringt er eine Allegorie vor, dass David, als er die Festung Zion bestiegen, weder Blinde, noch Lahme, sondern tapfere Soldaten mit sich genommen habe (2. Sam. 5, 8.). Wie, wenn ich ihm dagegen das Gleichnis entgegenstelle, in welchem der Herr grade die Blinden und Lahmen zum Himmelsmahl einladet (Luk. 14, 21.): auf welche Art gedenket dann Servet diesen Knoten zu lösen? Ich frage ferner, ob nicht auch früher schon die Blinden und Lahmen von David mit in den Streit genommen worden sind? Länger indessen bei diesem Einwurf uns aufzuhalten ist um so überflüssiger, da, wie die Leser aus der heiligen Geschichte bereits wissen werden, derselbe aus offenbar falsch zitierten Stellen seine Beweiskraft hergenommen hat. –

Darauf folgt eine zweite Allegorie, dass die Apostel Menschenfischer, nicht Fischer von kleinen Kindern gewesen seien. Ich aber frage, was dann der Ausspruch Christi sagen wolle, dass in dem Netz des Evangelii allerlei Gattung von Fischen gefangen werden (Matth. 4, 19. u. 13, 47.)? Weil ich aber nicht gerne mit Allegorien spiele, antworte ich, dass, als die Apostel das Amt empfingen, die Menschen in der Heilslehre zu unterweisen, ihnen darum nicht verboten war, kleine Kinder zu taufen. Übrigens möchte ich doch gerne wissen, warum er die Kinder nicht für Menschen gelten lassen will, da doch der Evangelist sie Menschen nennt? (unter welchem Wort ja das ganze Menschengeschlecht ohne Ausnahme begriffen ist, wie denn Joh. 16, 21 das Kind ein Mensch genannt wird.) –

Siebentens wirft er vor, da die geistlichen Dinge nur für geistliche Leute gehören (1. Kor. 2, 13.), die Kinder als solche, die nicht geistlich seien, auch der Befähigung zur Taufe ermangelten. Wie schändlich aber verdreht er hier jenen Spruch des Apostels. Es ist dort von der Lehre die Rede; da nämlich die Korinther allzu sehr in eitler Spitzfindigkeit Gefallen an sich selber hatten, so rügt Paulus ihre Fahrlässigkeit, dass sie noch die ersten Elemente der göttlichen Heilslehre nicht gelernt hätten. Wer wird denn daraus schließen, dass man den Kindern die Taufe verweigern müsse, welche ja doch, wiewohl vom Fleische geboren, aus freier Gnade von Gott zu seinen Kindern angenommen worden sind? Was seinen Einwurf betrifft, dass, wenn sie, wie wir sagten, neue Menschen seien, sie dann auch mit geistlicher Speise genährt werden müssten, so ist die Lösung leicht: Sie werden nämlich durch die Taufe in die Herde Christi aufgenommen, wo dieses Zeichen und Siegel ihrer Aufnahme vorläufig genügt, bis sie so weit herangewachsen sind, dass sie stärkere Speise vertragen können; und so muss dann die Zeit abgewartet werden, bis sie sich selber prüfen können, wie der Herr ausdrücklich bei dem Genuss des heiligen Abendmahls vorschreibt. –

Darauf macht er den Einwurf, dass Christus die Seinen Alle zum heiligen Abendmahl berufe. Dagegen bemerke ich, dass Er offenbar keine Andern zulässt, als die schon so weit vorbereitet sind, dass sie das Gedächtnis seines Todes feiern können. Daraus folgt, dass die Kinder, die Er seiner Umarmung gewürdigt hat, der Kirche angehören, wiewohl allerdings auf einer eigentümlichen Stufe. Auf seine Erwiderung, dass es doch etwas Entsetzliches sei, dass ein einmal geborner Mensch nicht esse, so antworte ich, dass ihre Seelen in anderer Weise gespeiset werden, als durch den Genuss des heiligen Abendmahls, und dass deshalb Christus auch den Kindern nichts desto weniger das Brot des Lebens sei, wenn sie auch zur Zeit des äußerlichen Sakramentes entbehren. Ganz anders steht es mit der Taufe, durch welche ihnen bloß die Türe zur Kirche aufgetan wird. –

Sodann macht er den Einwurf, ein guter Haushalter gebe seiner Familie die Speise zur rechten Zeit (Matth. 24, 25.). Wenn ich dies auch gerne einräume: mit welchem Recht will er uns dann die Zeit der Taufe bestimmen und somit beweisen, dass sie den Kindern nicht zur rechten Zeit gegeben werde? –

Außerdem bringt er noch jenen Befehl des Herrn an seine Apostel vor, dass sie zur Ernte eilen sollen, da das Feld reif sei (Joh. 4, 35.); da doch der Herr damit nichts anders beabsichtigt, als die Apostel dadurch, dass Er sie die nahe Frucht ihrer Arbeit sehen lässt, aufzumuntern, dass sie sich desto freudiger ihrem Lehramt hingeben. Wer wird nun daraus schließen, dass allein die Erntezeit die für die Taufe schickliche sei? –

Der elfte Grund ist der, dass in der ersten Kirche alle Christen seien Jünger genannt worden (Apg. 11, 26.), folglich die kleinen Kinder nicht dazu gehörten; wir haben aber bereits gesehen, welche Unwissenheit er darin verrät, dass er vom Teil aufs Ganze schließt. Jünger nennt der Apostel Leute von einem gewissen angemessenen Alter; die bereits unterrichtet waren und den Namen des Herrn bekannten; so wie unter dem Gesetz die Juden Mosis Jünger genannt wurden; Niemand aber wird daraus mit Recht die Folgerung ableiten, dass die Kinder, von denen ja der Herr erklärt hat, dass sie Seine Hausgenossen seien, Fremde gewesen sind. –

Sodann bringt er noch vor, dass die Christen alle Brüder seien; da wir nun den Kindern das Abendmahl nicht reichten, so zählten wir sie ja auch nicht zu denselben. Hier dienet zur Antwort, dass ich immer auf den Grundsatz zurückkomme, dass nur Christi Glieder Erben des Himmelreichs sind, dass aber die von unserm Herrn geschehene Umarmung der kleinen Kinder ein wahres Siegel ihrer Annahme an Kindes Statt ist, wodurch sie mit den Erwachsenen zu Einem geistlichen Leibe vereinigt sind; der Umstand, dass sie für eine Zeit lang vom heiligen Abendmahl ausgeschlossen bleiben, hindert nicht, dass sie zum Leibe der Kirche gehören. Auch der am Kreuz bekehrte Schächer war nichts desto weniger ein Bruder der Gläubigen, obgleich er nie am heiligen Abendmahl Anteil genommen hat. –

Darauf fügt er noch hinzu, Niemand werde unser Bruder genannt, als nur durch den Geist der Kindschaft, welcher uns doch allein aus dem Anhören der Glaubenslehre zu Teil werde. Ich erwidere, dass er immer wieder auf sein Steckenpferd zurückkommt, indem er verkehrter Weise das, was allein von den Erwachsenen gesagt ist, auf die Kinder bezieht, da doch Paulus in jener Stelle nur die gewöhnliche Weise der Berufung, wodurch der Herr seine Auserwählten zum Glauben führt, angibt, indem Er ihnen treue Lehrer erweckt, durch deren Dienst und Arbeit Er ihnen seine Hand reicht. Wer wird von daher Ihm ein Gesetz aufzuerlegen wagen, dass Er nicht noch auf andere verborgene Art und Weise die Kinder Christo einverleibe? –

Was seinen Einwurf betrifft, dass Cornelius erst, nachdem er den heiligen Geist empfangen, zur Taufe zugelassen worden sei, so ist es um so törichter, aus diesem Einen Beispiel eine allgemeine Regel herzuleiten, da Gott bei dem Kämmerer und dem Samariter eine ganz andere Ordnung beobachtete, indem bei ihnen die Taufe der Mitteilung der Gaben des heiligen Geistes vorherging. –

Der fünfzehnte Einwurf ist allzu abgeschmackt; er sagt, wir würden durch die Wiedergeburt Götter; Götter aber seien es, an welche das Wort Gottes gerichtet sei (Joh. 10, 35; 2. Petri 1, 4.); was folglich auf unmündige Kinder nicht passe. Dass er den Gläubigen eine Gottheit andichtet, ist eine Abgeschmacktheit, welche zu widerlegen nicht hierher gehört; das aber ist eine entsetzliche Unverschämtheit von ihm, dieser Stelle aus dem Psalmisten (Ps. 82, 6.) einen so fremdartigen Sinn unterzuschieben. Christus sagt, dass die Könige und Obrigkeiten von Propheten Götter genannt werden, weil sie von Gott zu ihren Ämtern verordnet worden sind. Jener subtile Schriftausleger aber zieht das, was von dem besondern obrigkeitlichen Amte lautet, auf die Lehre des Evangelii, um die Kinder aus der Kirche zu vertreiben. –

Darnach macht er den Einwurf, dass die jungen Kinder nicht für neue Menschen gehalten werden könnten, weil sie nicht durch das Wort Gottes wiedergeboren seien. Hier kommt ich wieder darauf zurück, was ich schon mehrmals gesagt habe, dass allerdings die Lehre des Evangeliums der unvergängliche Same der Wiedergeburt für diejenigen ist, welche im Stande sind, dieselbe zu fassen; dass aber, wo des jugendlichen Alters wegen noch keine Fähigkeit dazu vorhanden ist, Gott diejenigen, welche Er zu Kindern angenommen hat, auf die Ihm allein bewusste Art und Weise stufenförmig zur Wiedergeburt bringt. –

Sodann kommt er wieder auf seine Allegorien zurück, indem er sagt, dass unter dem Gesetze die Schafe und Ziegen nicht sogleich nachdem sie aus Mutterleibe gekommen, geopfert worden seien (2. Mos. 12, 5.). Wenn es gestattet wäre, die Vorbilder des alten Testaments auf den vorliegenden Fall anzuwenden, so könnte ich ihm gleich erwidern, dass alle Erstgeburt, sobald sie die Mutter gebrochen, Gott geheiligt worden sei, wie auch, dass man ein jähriges Lamm habe zum Opfer bringen müssen (2. Mos. 13, 12.). Daraus würde folgen, dass man gar kein männliches Alter abzuwarten nötig habe, sondern, dass man auch junge und zarte Kinder dem Herrn heiligen dürfe und solle. –

Außerdem behauptet er noch, dass nur die zu Christo kommen dürften, die von Johannes dazu vorbereitet worden seien. Als wenn das Amt des Johannes nicht ein zeitliches und vorübergehendes gewesen wäre. Aber auch davon abgesehen, so fand doch jene Vorbereitung nicht bei den kleinen Kindern Statt, welche der Herr Jesus umarmte und segnete. Hinweg also mit seinem falschen Prinzip.

Endlich nimmt er zum Beistand den Merkur und die Sybillen, nach welchen die heiligen Waschungen nur von Erwachsenen vorgenommen werden dürften. Siehe, wie hoch er die christliche Taufe stellt, dass er verlangt, sie solle nach den profanen Gebräuchen der Heiden und nicht anders eingerichtet werden, als es dem Merkur wohl gefalle. In unsern Augen aber hat die göttliche Autorität mehr Gewicht, welche es für gut befunden hat, die Kindlein durch das heilige Zeichen der Beschneidung sich zu heiligen und mit sich zu verbinden, ob sie gleich ihres zarten Alters wegen dessen Bedeutung noch nicht verstanden. Auch halten wir dafür, dass es nicht gestattet sei, von den Sühnanstalten der Heiden etwas zu entlehnen, wodurch das ewige und unverletzliche Gesetz Gottes, das Er über die Beschneidung gegeben hat, in unserer Taufe abgeändert werde. –

Zuletzt macht er den Schluss, dass, wenn es gestattet sei, die Kinder ohne vorherigen Unterricht zu taufen, dann auch die Taufe durch kleine Buben zum Spiel und Scherz vollzogen werden dürfe. Über diesen Punkt aber möge er mit Gott rechten, nach dessen Vorschrift die Beschneidung den Kindern zu Teil wurde, ob sie gleich noch nicht zur Erkenntnis derselben gelangt waren. Und war sie denn darum eine dem Spottgeist ausgesetzte Sache, so dass kleine Buben ihr Spielwerk mit ihr hätten treiben und so die heilige Einsetzung Gottes vernichten können? Aber es ist kein Wunder, dass jene verworfenen Geister, wie von Wahnsinn getrieben, auch die krassesten Abgeschmacktheiten zur Verteidigung ihrer Irrtümer vorbringen, da Gott ihren Stolz und ihre Halsstarrigkeit mit solchem Schwindelgeist, als mit einem gerechten Gerichte straft.

Ich vertraue fest, dass ich hinlänglich genug bewiesen habe, welchen schwachen Beistand Servet seinen anabaptistischen Brüdern geleistet hat.

Übrigens wird es, wie ich glaube, keinem Verständigen zweifelhaft sein, wie verwegen diejenigen die Kirche Christi beunruhigen, welche der Kindertaufe wegen Zank und Streit erregen. Es ist aber wohl der Mühe wert darauf zu achten, was Satan mit solcher Arglist bezwecke, dass er uns nämlich der großen Segnungen des Glaubens und der geistlichen Freude, welche wir daraus schöpfen können, verlustig mache und dadurch der göttlichen Güte desto mehr ihre Ehre raube. Denn tröstlich ist das für gläubige Seelen, nicht allein durch Gottes Wort, sondern auch durch ein sichtbares Zeichen und Pfand versichert zu werden, dass sie in so großer Gunst und Gnade bei dem himmlischen Vater stehen, dass Er sich auch ihrer Nachkommenschaft annehmen will. Denn daraus ersehen wir, wie Er gleich einem getreuen und sorgsamen Hausvater selbst nach unserm Tode seine Fürsorge für uns nicht ablegt, sondern auch unsere Kinder in seine gnädige Obhut nimmt. Sollten wir hier nicht nach David’s Exempel von ganzem Herzen jauchzend danksagen und für Seine so große uns erwiesene Güte Seinen Namen heiligen? (Ps. 48, 11.). Siehe das ists, was der Teufel durch seine so starke Anfechtung der Kindertaufe zu erreichen sucht, dass nämlich, nachdem das Zeugnis und Siegel der göttlichen Gnade einmal aus den Augen gerückt sei, auch die Verheißung selbst, welche uns dadurch so klar vor die Augen gestellt ist, endlich ganz und gar aus dem Herzen entschwinde. Hieraus würde dann nicht bloß gottlose Undankbarkeit gegen die Barmherzigkeit Gottes, sondern auch Nachlässigkeit in der Erziehung unsrer Kinder zur Gottseligkeit hervorgehen. Denn durch diesen Stachel werden wir nicht wenig angespornt, sie zur ernsten Gottesfurcht und zur Beobachtung seines Gesetzes anzuleiten, wenn wir bedenken, dass sie gleich von ihrer Geburt an von Ihm zu Kindern angenommen und gehalten worden sind. Wollen wir also nicht boshafter Weise Gottes Güte verdunkeln, so lasset uns Ihm unsre Kinder heiligen, die Er unter seine vertraute Hausgenossen, d. h. unter die Glieder seiner Kirche aufgenommen hat. –

Quelle: Johannes Calvinus
Lehre von der Kindertaufe,
wie dieselbe mit Christi Einsetzung und Wesen des Sakraments auf´ s Genaueste übereinstimme.
Aus dem Lateinischen verdeutscht von Herm. Philipp Kalthoff,
Pastor und Agent des Rheinisch - Westfälischen Vereins für Israel.
Rengshausen, 1852.
Druck und Verlag des Beiserhauses
(Rettungsanstalt für verwahrloste Kinder).

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