Calvin, Jean - Das Buch Josua – Kapitel 17.

Calvin, Jean - Das Buch Josua – Kapitel 17.

V. 3. Aber Zelophchad usw. Es war etwas ganz Neues, dass Frauen mit den Männern erben sollten. Hier waren fünf Töchter, die ihren Vater überlebten, und die man doch bei der Verteilung berücksichtigte. So hatte Gott den Mose unterwiesen, dass sie bei der Verteilung des Erbes als ein Haupt behandelt werden sollten (4. Mo. 27, 1 ff.). Nun beanspruchen sie die Erfüllung dieser Zusage. Zelophchads Töchter erhielten ihren Anteil durch Gottes Verfügung, und keiner durfte einen Widerspruch dagegen zu erheben wagen. Hätten sie geschwiegen, so würden sie ihr Recht nicht erlangt haben. Um den rechten Augenblick nicht zu versäumen, gehen sie zu Josua und Eleasar und dringen darauf, dass man ihnen den rechtmäßigen Besitz nicht raube. Josua zögert nicht und gibt ihnen, was ihnen zukommt. Auch das Volk murrt nicht darüber, woraus wir ersehen, dass jedermann zur Billigkeit geneigt war. Gewöhnlich ist es freilich so, dass man in demselben Maße rücksichtslos gegen die anderen wird, als man für das Seine sorgt.

V. 5. Es fielen auf Manasse zehn Messschnüre d. h. Teile. Obgleich man nicht deutlich sieht, in welcher Weise dieselben unter die zuvor (V. 1 f.) verzeichneten sieben Familienhäupter nebst den genannten Frauen verteilt werden, ist kein Zweifel, dass alles nach entsprechendem Anteil denjenigen zugewiesen wurde, die noch nicht im Ostjordanlande untergekommen waren.

V. 11. So hatte nun Manasse usw. Manasse bekam noch einige Städte im Gebiet Assers und Issaschars. Wahrscheinlich hat man, als später das ganze Gebiet genauer bekannt wurde, wegen der Gleichmäßigkeit einiges an der ersten Einteilung verändert. Man sah ein, dass die Kinder Manasses, ohne die anderen zu beeinträchtigen, ein größeres Gebiet bekommen konnten. Doch wurde ihnen nicht ein Wohnsitz angewiesen, dessen Bevölkerung schon unterworfen war: sie konnten ihr Erbteil nicht sofort genießen, sondern nur auf Hoffnung in Besitz nehmen; so durften sie sich nur auf die vom Himmel stammende Verheißung, aber nicht auf den irdischen Besitz stützen. Dass sie aber jene Städte nicht erobert haben, wird ihnen zum Vorwurf gemacht: das Los war ihnen doch eine sichere Bürgschaft des Sieges. Sie konnten die dortigen Einwohner nur deshalb nicht austreiben, weil sie nicht von ganzem Herzen von der Wahrheit Gottes überzeugt waren: so machten sie mit ihrer Trägheit seine Macht unwirksam. Schlimmer noch ist aber das andere Vergehen, das ihnen vorgeworfen wird. Obgleich es für sie leicht gewesen wäre, alle Kanaaniter zu vernichten, waren sie nicht nur träge in der Ausführung des göttlichen Befehls, sondern lassen sich durch schändlichen Gewinn verleiten, dieser zum Verderben bestimmten Bevölkerung das Leben zu schenken. Dadurch dass sie ihnen einen Tribut auferlegen, verpflichten sie sich, sie zu schonen und zu schützen. Gott hatte die Israeliten zu Werkzeugen seiner Rache bestimmt, hatte ihnen die Kraft zur Ausführung verliehen, sie aber zögern mit der Ausführung, mehr noch, sie berauben sich selbst der Freiheit, recht zu handeln. Darum wundert es uns nicht, dass Gott solche Gleichgültigkeit schwer gerächt hat. So wurden jene Völker, denen sie gegen ausdrückliches Verbot Verzeihung gewährt hatten, „Dornen, um ihre Augen zu durchstechen, und Stacheln, um ihre Seiten zu durchbohren“ (4. Mo. 33, 55). – Übrigens sind hier nicht alle Städte aufgezählt worden, die jeder einzelne Stamm erhielt. Sicherlich wurden an vielen Orten, wo erst unbedeutende Dörfer standen, wegen der Fruchtbarkeit des Landes und anderer Vorteile größere Städte gegründet. Sichem war später eine berühmte Stadt, doch wird sie damals nirgends erwähnt; ebenso auch Samaria, welche die Hauptstadt im Reiche Israels wurde und auch zum Gebiete Ephraims gehörte.

V. 14. Da redeten die Kinder Joseph usw. Ihre Klage könnte darauf schließen lassen, dass bei der Austeilung irgendetwas nicht klar geordnet war: doch wäre dies ganz unglaublich. Josua und die anderen Verteiler wussten doch, dass Ephraim und Manasse zwei verschiedene Zweige waren. Auch ist wiederholt davon die Rede gewesen, dass das Land in zehn Teile geteilt wurde: diese Zahl käme aber nicht zustande, wenn nicht die Stämme Ephraim und Manasse unterschieden worden wären. Sie haben doch sicherlich nicht zwei Namen auf ein Los vereint. Wahrscheinlich verhält es sich so, dass die zwei Brüder, die einen gemeinsamen Vater hatten, benachbarte Gebiete erhielten. Es ist nicht recht, dass sie nun behaupten, sie hätten nur ein Erbteil bekommen. So unaufmerksam war Josua doch nicht, auch nicht so böswillig, dass er sie um ihr klares Recht betrogen hätte. Ihre Beschwerde kam nur daher, dass sie das noch nicht eroberte Gebiet nicht mitrechneten, - als ob den anderen Stämmen nur friedliche Gebiete zugewiesen worden wären! Darum deckt Josua mit einem Worte ihre List auf und weist sie zurück. Er spricht: Wenn eure Zahl so groß ist, so greift doch die Feinde an, deren Gebiet euch zugewiesen ist. Wenn ihr nicht im Vertrauen auf Gottes Verheißung das Erbe, welches er euch zugeteilt hat, tapfer euch aneignet, werdet ihr keinen Erfolg haben. Ihre eigene Feigheit hatte sie blind gemacht; sie beklagen sich über zu enge Grenzen, weil sie zur Eroberung ihres Anteils keinen Finger rühren wollten. Wir lernen daraus, dass wir, wenn wir uns im Vergleich mit anderen benachteiligt fühlen, zunächst bei uns alle Hindernisse wegräumen müssen und die Schuld, die bei uns selber liegt, nicht auf andere werfen dürfen.

V. 16. Da antworteten sie ihm usw. Dem Vorschlage Josuas, so gerecht er war, wollen sie nicht folgen. Sie halten ihm vor, das Gebirge sei wild und wüst, sie würden von solchem Besitz keinen Vorteil haben. Auch von der fruchtbaren und wohl gepflegten Ebene hätten sie nichts, da die Feinde mit ihren furchtbaren Waffen sie bedrohten. Sie weisen auf die eisernen Wagen, - als ob sie noch nicht die Erfahrung gemacht hätten, dass Gott ohne Mühe Wagen und Reiter zerschmettern könne! Mit schlichten beherzten Worten tadelt Josua ihre Habsucht, Schlaffheit und Weichlichkeit: Wenn dir der Wald heute noch nicht fruchtbar genug ist, so reiße die Bäume aus und bereite dir dadurch gutes Ackerland. Wenn du es nicht an Mühe fehlen lässt, wird dein Wohnsitz dir wohl gefallen. Die Eisenwagen hindern Gott doch nicht an der Ausführung seines Versprechens, dass er dir gab. Dein ist das Erbe, ziehe nur hinein mit der nötigen Zuversicht!

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