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Calvin, Jean – Hiob 42, 6 – 8.

Calvin, Jean – Hiob 42, 6 – 8.

6) Darum bin ich erschrocken und tue Buße in Staub und Asche. 7) Da nun der Herr diese Worte mit Hiob geredet hatte, sprach er zu Eliphas von Theman: Mein Zorn ist gegen dich entflammt und über deine zwei Gesellen; denn ihr habt nicht recht geredet vor mir, wie mein Knecht Hiob. 8) So nehmet nun sieben Ochsen und sieben Widder und gehet hin zu meinem Knecht Hiob und bringet Opfer für euch dar. Hiob aber, mein Knecht, wird für euch bitten, und ich will sein Angesicht ansehen, damit euch eure Torheit nicht zugerechnet werde. Denn ihr habt nicht recht vor mir geredet, wie mein Knecht Hiob.

Hiob erklärt sich willig und bereit, sich Gott zu ergeben wie ein armer Missetäter: Ich tue Buße in Staub und Asche. Staub und Asche sind nur ein äußerliches Zeichen, aber nicht die Hauptsache an der Buße. Ja, das Zeichen ist gar nicht immer erforderlich, es bedeutet nur das öffentliche Eingeständnis einer besonders großen Missetat. Alle Gläubigen sollen die ganze Lebenszeit hindurch Buße tun und sich selbst missfallen. Denn es vergeht kein Tag, an dem wir nicht zahllose Fehler begehen, ohne dass wir es merken, ja sogar, wenn wir etwas Gutes zu tun meinen. Wenn wir uns nur gründlich erforschen, so finden wir, wie sehr wir der Einkehr in uns selbst bedürfen. Immer haben wir Anlass zum Seufzen, auch wenn wir kein öffentliches Sündenbekenntnis ablegen. Deshalb gibt es auch wohl eine rechte Buße ohne das äußere Zeichen; aber wenn es sich um eine besonders große Übertretung handelt und der Zorn Gottes gegen uns offenbar wird, dann sollen wir nicht nur seufzen und innerlich an uns Missfallen haben, sondern das auch – schon zur Erbauung unseres Nächsten – äußerlich in Erscheinung treten lassen. Hat einer ein Ärgernis angerichtet und sieht er, dass der Name Gottes dadurch gelästert wird, und Gott bringt seine Schande an den Tag, so muss er nicht nur im Inneren sich selbst hassen, sondern das auch vor den Leuten sichtbar machen. Die Demut muss verbunden sein mit einem Zeugnis und Siegel der wahren Buße, das sie bestätigt. Das gilt nicht nur von dem Einzelnen, sondern auch von einem ganzen Volke, und die Kirche hat es immer so gehalten. Vor allen Dingen also muss das Herz verwundet sein; es muss uns mit Grauen erfüllen, dass wir den Zorn Gottes herausgefordert haben, und wir müssen uns vor uns selber schämen. Das ist die Traurigkeit, von der Paulus spricht (2. Kor 7, 10): „Sie wirket zur Seligkeit eine Reue, die niemand gereut.“ Und deshalb heißt es auch beim Propheten Joel (2, 13): „Zerreißet eure Herzen und nicht eure Kleider!“ Das hat auch Hiob sagen wollen: es reut ihn, dass er unbedacht geredet hat; aber seine Sünde ist nicht etwa klein oder leicht, sondern sie ist so ungeheuer groß, dass er bereit ist, sich als einen armen Missetäter hinzustellen, der eine todeswürdige Sünde begangen hat und nun alle seine Hoffnung und Zuflucht nimmt zu der lauteren Barmherzigkeit Gottes; ja, er will auch gern vor den Menschen ein solches Bekenntnis ablegen, damit die, die an ihm Anstoß genommen, wieder durch ihn erbaut werden, und jeder soll erkennen, dass er nichts anderes verlangt, als sich zu demütigen unter Gottes Hand.

Nun wendet sich Gott an Eliphas von Theman. Gott hat den Hiob getadelt, jetzt tadelt er seine Freunde noch viel schärfer. Jetzt lobt er Hiob, die andern aber verwirft er ganz und gar. Aber wir haben auf die Reihenfolge zu achten: Erst nachdem Gott diese Worte mit Hiob geredet hat, wendet er sich gegen die, die ihn ungerecht verdammt haben. Obschon Gott also die Seinen mit väterlicher Güte züchtigt, übt er an ihnen doch sein Gericht, wie es Jer 25, 29 heißt: „Siehe, in der Stadt, die nach meinem Namen genannt ist, fange ich an zu plagen“, und 1. Petr 4, 17: „Es ist Zeit, dass anfange das Gericht an dem Hause Gottes.“ Wenn Gott sein Gericht übt, so fängt er nicht bei den Ungläubigen an; die lässt er gehen und schont ihrer, als hätte er ihre Fehler vergessen – nicht als hätte er sie nicht genau aufgezeichnet oder als wollte er mit ihnen nicht abrechnen, aber er lässt die Ungerechtigkeit derer, die er nicht lieb hat, ausreifen, ja überreif werden. Mittlerweile züchtigt er die, die er zu seinen Kindern angenommen hat; er lässt sie seine Strenge spüren, aber die Fremden haben gute Ruhe und leben herrlich und in Freuden.

Das ist eine heilsame Lehre. Denn das sehen wir alle Tage, dass die Gläubigen es viel übler haben als die Verächter Gottes. Es sieht aus, als wären die Gläubigen ganz von Gott verstoßen; sie schleppen sich nur so hin wie flügellahme Vögel, sie liegen wie in den letzten Zügen, die Gottlosen aber tragen ihren Kamm hoch, sie sind vergnügt und guter Dinge, ja, sie machen sich sogar über Gott lustig. Das könnte einen wohl irremachen, wenn man nicht wüsste, dass das Gericht anfangen muss am Hause Gottes, wie es auch beim Propheten Jesaja heißt (10, 12): „Wenn aber der Herr all sein Werk ausgerichtet hat auf dem Berge Zion und zu Jerusalem, will ich heimsuchen die Frucht des Hochmuts des Königs zu Assyrien.“ Die seiner Kirche angehören, das sind ihm die Liebsten; die liegen ihm am meisten am Herzen, sie muss er drum auch am ersten heimsuchen und von ihren Fehlern reinigen und erneuern, dass sie wieder zu ihm kommen, und das nicht nur für einen Tag, sondern bis er sein Werk ganz vollendet hat. Dann aber liegt eine schreckliche Vergeltung bereit für die, die seine Geduld missbraucht und sich verstockt haben, solange er sie mit Nachsicht trug, wie uns denn der Apostel Petrus mahnt: „Ihr Lieben, lasset euch die Hitze, so euch begegnet, nicht befremden, als widerführe euch etwas Seltsames … So aber das Gericht zuerst an uns anfängt, was will´s für ein Ende werden mit denen, die dem Evangelium Gottes nicht glauben? Darum, die da leiden nach Gottes Willen, die sollen ihm ihre Seelen befehlen als dem treuen Schöpfer in guten Werken“ (1. Petr 4, 12.17.19). Denn was soll einmal aus denen werden, die Gott völlig verworfen hat, wenn er schon uns so durchs Siebtuch schütteln und auf die Probe stellen muss? Lasst uns darin Gottes Güte erkennen, wie wir es auch bei dem Propheten hören (Jer 24, 3.8; 29, 17): die, auf die Gott lange wartet, vergleicht er mit Früchten, die bis zuletzt aufgespart bleiben, bis sie überreif sind, während die, die man schon zeitig pflückt, zwar verzehrt werden, aber das ist ihnen eine Ehre, ob man sie gleich abpflückt.

Also nichts als unser Heil hat Gott im Auge, wenn er uns an erster Stelle züchtigt, während die Ungläubigen es gut haben. Gewiss, wir können nicht sagen, Eliphas und seine Gefährten seien gänzlich verworfen gewesen – im Gegenteil, Gott hat sie angenommen. Gleichwohl aber mussten sie eine Zeitlang fern von Gott leben, und Hiob musste für sie Fürbitte einlegen, sonst hätten sie weder Gnade noch Verzeihung erlangt. Hiob war ein Hausgenosse der Gemeinde, die anderen aber waren für eine Weile ausgeschlossen, bis Gott sie wieder mit sich versöhnte. Nun wurde Hiob gestraft, den andern aber sagte Gott kein Wort. Je mehr Gott uns lieb hat, umso mehr eilt er, uns zu züchtigen. Sieht er, dass wir gefehlt und den Weg des Heils verlassen haben, so wacht er über uns, um uns nur schnell wieder zu sich zurückzubringen.

Nun stellt Gott zwischen Hiob und seinen Freunden einen Vergleich an: Hiob hat recht geredet vor Gott. Wie kann das sein? Gott hat ihn doch als einen unwissenden, vermessenen und ungeduldigen Menschen verdammt; wie kann er da recht geredet haben? Nun, Hiob hatte eine gute Sache, nur hat er sie schlecht geführt; in der Art, wie er seine Sache verteidigt, hat er gefehlt, gleichwohl war seine Sache gut. Hiobs Freunde aber bringen allerlei schöne Gedanken vor, denen man gute Lehren entnehmen kann, aber im Grunde taugte ihre Sache nichts. Sie brachten einen allgemeinen Gedanken vor, der doch in diesem Falle verkehrt war: Hiob, sagten sie, werde von Rechts wegen für seine Missetaten gestraft, und man müsse ihn für einen schlechten und fluchwürdigen Menschen halten, weil Gott ihn so strenge behandle. Auch darin hatten sie Unrecht, dass sie meinten, Gott behandle die Menschen in dieser Welt, wie sie es verdient hätten. Das heißt doch die Hoffnung des ewigen Lebens wegnehmen und alle Gnade Gottes in dies vergängliche und zerbrechliche Leben einschließen! Dann aber wird alles verkehrt.

Hiob hat recht geredet und seine Freunde nicht. Wenn einer fromm ist und Gott fürchtet, so hat Gott Gefallen daran, auch wenn er sonst noch grobe Fehler und Gebrechen an sich hat. Wenn aber einer keine rechte Wurzel der Gottesfurcht in seinem Herzen hat, so mag man gleich einige Tugenden an ihm erblicken, die von den Leuten gepriesen werden, aber das alles hat gar keinen Wert; wenn auch die Leute ihn in Ehren halten, Gott kann kein Gefallen an ihm haben. Das ist Hiobs Fehler, dass er nicht in seiner Geduld beharrt, indem er ja töricht und unziemlich redet. Aber nichtsdestoweniger streckt er sich doch immerfort nach seinem Ziel; er weicht wohl einmal einen Schritt ab, aber wendet sich doch nicht gänzlich von Gott weg. Gott ist und bleibt sein Ziel, und dem strebt er zu, obgleich nicht immer ganz auf dem rechten Wege. Er gleicht dem Schützen, der nach der Scheibe schießt: wenn er auch nicht immer ins Schwarze trifft, so sieht man doch, dass er darnach zielt. Darum gibt Gott dem Hiob auch das Zeugnis, er habe recht geredet.

Haben wir ein reines und heiliges Verlangen, das Gute zu tun, so mögen wir dabei noch schwach und in viele Fehler verstrickt sein, ja auch straucheln und gar fallen und Gottes Verwerfung verdient haben – dennoch trägt uns Gott in Geduld und sieht nicht an unsere Schwächen und Mängel, geschweige denn, dass er sie ohne Vergebung verdammte. Darum sagt auch die Schrift, dass die, die Gott und seinem Gesetze ernstlich dienen wollen, „gerecht“ sind, wie denn Zacharias und Elisabeth gerecht sind vor Gott. Gerecht? Wo ist denn ein Gerechter? „Da ist keiner, der Gutes tue … sie sind alle abgewichen und allesamt untüchtig; da ist keiner, der Gutes tue, auch nicht einer“ (Ps 14, 1.3)! Müssen wir uns da nicht alle als arme Sünder bekennen und den Mund schließen? Ja, freilich. Aber den Zacharias und die Elisabeth hat Gott nicht nur unter die Leitung seines Heiligen Geistes genommen, nein, darüber hinaus lässt er sich auch ihren Wunsch, Gutes zu tun, wohl gefallen, als wenn in unsern unvollkommenen Wünschen lauter Vollkommenheit wäre. Ihr Gehorsam ist wohl nicht, wie er sein sollte, aber nichtsdestoweniger nimmt Gott ihn an, weil er denen, die ihm von Herzen zu dienen begehren, alle ihre Unvollkommenheiten nicht anrechnet; deshalb nimmt er sie als Gerechte an. Ob wir also gleich noch Mängel an uns haben, so will Gott sie doch vergessen; sie sollen durch seine Barmherzigkeit begraben sein, so dass er uns als Gerechte annimmt, wenn nur unser Herz darauf gerichtet ist, ihn zu ehren und uns in seinen Gehorsam völlig zu ergeben.

Wenn aber Gott uns züchtigt, so dürfen wir uns nicht gegen ihn erbittern lassen, sondern müssen vielmehr bedenken, dass wir in den Tod gegeben werden müssen; denn wir hangen noch viel zu sehr an der Welt und dächten sonst gar nicht mehr an das himmlische Leben. Wenn alles nach unsern Wünschen ginge, was sollte dann aus uns werden?

Endlich verweist Gott den Eliphas und seine Gefährten an Hiob: Hiob, mein Knecht, wird für euch bitten, und ich will sein Angesicht ansehen. Gott will sie also doch nicht gänzlich von sich stoßen; sie sollen nicht ohne alle Gnade und Verzeihung bleiben. Es gibt also zwei Arten von Verdammnis, die Gott über die Menschen ausspricht, und die erste zerfällt wiederum in zwei Teile. Im Allgemeinen verdammt uns Gott entweder, um uns los zu sprechen, wenn er uns gedemütigt sieht, oder um uns ganz und gar zu vertilgen, so wie er es mit den Ungläubigen macht. Außerdem aber gibt es zwei Arten von Verdammnis, die uns heilsam sind. Die erste geht die Gläubigen an: Sie werden alle Tage gezüchtigt; denn obgleich uns Gott in seinem Hause behält und wir mit ihm versöhnt sind, haben wir es doch noch nötig, verdammt zu werden, und er muss uns mehr und mehr im Herzen dazu bringen, dass wir uns vor uns selber schämen, über unsere Fehler seufzen, sie hassen und nach der Arznei verlangen, damit wir desto mehr die Barmherzigkeit preisen, die er uns erweist, indem er uns die Sünden vergibt und uns zu Gnaden annimmt. Das ist die Verdammnis, die er über die Auserwählten ergehen lässt, auch nachdem sie mit ihm versöhnt und bereits Schafe seiner Herde sind.

Nun gibt es aber noch eine zweite Verdammnis, die uns heilsam ist: Sie betrifft die, die noch gleichsam ferne sind von der Kirche Gottes und keine Gemeinschaft mit ihr haben. So hat er den Paulus verdammt zu der Zeit, als er noch ein Verfolger war. An der Person des Paulus können wir besser sehen, was ich meine; denn wenn man zwei Personen heranzieht, ist die Sache nicht so leicht zu begreifen. Paulus war so verkehrt, dass man hätte meinen können, er sei hoffnungslos verloren; gleichwohl aber gehörte er zu Gottes auserwählten Kindern. Schon von Mutterleib an war er zum Apostel ausgesondert; trotzdem aber gehörte er scheinbar nicht zu Gottes Kirche, vielmehr war er ihr Todfeind. Da verdammt ihn Gott: er schlägt ihn nieder und zerbricht seinen Stolz, mit dem er zuvor behaftet war, so dass er daliegt wie ein armer Sklave. Das war für ihn eine sehr schwere Last, es war ihm wie eine Verdammnis, aber sie diente zu seinem Heil. Sein Stolz musste eben zerbrechen und mit Gewalt niedergeschlagen werden. Das ist also eine heilsame Verdammnis, aber es ist die eines Menschen, der weit in die Gottesferne geraten und scheinbar hoffnungslos verloren war. Ist nun Paulus nur einmal verdammt gewesen? Nein, Gott hat ihn zwar zu seiner Herde gebracht, dort ist er ein Schäflein, ja alsbald ein Hirt geworden – und dennoch musste er noch einmal verdammt werden! Gott schlägt ihn ins Angesicht; er lässt es zu, dass der Satan ihn mit Fäusten schlägt zu seiner Schande, auf dass er sich der großen Offenbarungen, die ihm zuteil geworden, nicht überhebe; das sollte ihm ein Gegengift sein, um ihn vor der Hoffart zu bewahren (2. Kor 12, 7). So sehen wir an Paulus, dass es zwei Arten von Verdammnis gibt, die uns zum Heile dienen.

Dasselbe sehen wir an unsrer Stelle: auch die Freunde Hiobs werden verdammt zu ihrem Heil. Denn Gott tut ihnen die Türe auf und zeigt ihnen, dass sie bestimmt auf Gnade rechnen können, wenn sie mit rechter Buße wieder zu ihm kommen. Aber nichtsdestoweniger stößt er sie noch zurück, er erzeigt sich ihnen nicht so freundlich wie dem Hiob und eröffnet ihnen keinen Zugang zu sich, es sei denn, dass Hiob für sie bittet. Da haben wir also zwei verschiedene Beispiele der Barmherzigkeit Gottes. Gott handelt mit den Menschen auf recht mannigfache Weise, aber in jedem Falle will er denen, die er nicht gänzlich verstoßen hat, zu ihrem Heile verhelfen. Deshalb haben wir alle seine Züchtigungen mit Geduld hinzunehmen, und wenngleich er scheinbar mit uns nicht wie mit Kindern, sondern wie mit Fremden umgeht, so sollen wir doch allezeit hoffen, er werde sich unser am Ende erbarmen und die Verdammnis, die wir eine Zeitlang haben aushalten müssen, uns endlich zum Heil und Segen wenden.

Hiob Freunde müssen Opfer bringen. Zu keiner Zeit hat Gott die Menschen in seine Barmherzigkeit aufnehmen wollen, ohne dass sie Opfer bringen mussten. Darin liegt ein Hinweis darauf, dass wir zur Vergebung unserer Sünden zu dem Opfer unsere Zuflucht nehmen müssen, das einmal am Kreuz zu unserer Erlösung gebracht ist. Denn solange Jesus Christus nicht der Mittler zwischen Gott und uns ist, bleiben wir verflucht, verdammt und hoffnungslos verloren. Ja, Gott ist ein Feind der Sünden, wie er der Brunnquell aller Gerechtigkeit ist. Nun aber wohnt die Sünde in uns; darum muss uns Gott öffentlich den Krieg erklären, und sein Zorn muss auf uns ruhen und ewig da ruhen bleiben. Ihm zu entrinnen aber gibt es kein anderes Mittel, als dass wir unsere Zuflucht nehmen zu diesem Opfer, durch das wir einmal mit Gott versöhnt sind. Umso unentschuldbarer sind wir heute, nachdem Jesus Christus sein Leiden und Sterben vollbracht hat, wenn wir doch noch meinen, durch ein anderes Mittel vor Gott los gesprochen zu werden, als durch diese Reinigung, wodurch allein wir von der Verdammnis des Todes frei werden können. Suchen wir Barmherzigkeit zu erlangen – und anders können wir ja Gott nicht nahen -, so müssen wir allezeit im Gedächtnis behalten das Leiden und Sterben unseres Herrn Jesus Christus, der unser Erlösungs- und Versöhnungsopfer ist. Dann aber sollen wir mit Gewissheit ohne allen Zweifel daran festhalten: Unser Herr, der sich gnädig erzeigt hat über die, die zur Zeit des Gesetzes ihn beleidigt haben, ja, der sein Erbarmen sogar auf die erstreckt hat, die gar nicht seinem Volke angehörten, der wird auch uns heute zu Gnaden annehmen; denn jetzt ist ja das Evangelium bekannt gemacht in aller Welt, und steht keine Wand mehr dazwischen, die die einen von den andern trennte. Nehmen wir unsere Zuflucht zu Gott durch dies Opfer, so sollen wir nicht daran zweifeln: Er kommt uns mit seiner Gnade entgegen, und wir dürfen unseres Heils ganz gewiss sein.

Endlich aber heißt: Hiob mein Knecht, soll für euch bitten, und ich will sein Angesicht ansehen. Ohne Zweifel ist also nicht allein das Opfer, sondern auch Hiobs Person ein Hinweis darauf, dass die Menschen irgendeinen Mittler nötig haben, der ihnen einen Zugang zu Gott schenkt und sie Gnade finden lässt. Im Gesetz war der Hohepriester dazu bestimmt, allein im Namen des ganzen Volkes in das Allerheiligste einzutreten, während die andern von ferne stehen und einsehen mussten, dass sie nicht würdig waren, in die Gegenwart Gottes zu gelangen. Damit sollte gleichnisweise dargestellt werden, dass ohne einen Mittler, der in unserm Namen vor Gott tritt, niemand von uns beten darf und dass wir billig und mit gutem Recht verworfen und ausgeschlossen sind. Hier handelt Hiob an der Stelle und im Amt des Hohenpriesters, indem er für seine Freunde fürbittend eintritt. Denn das hat er sich nicht selber angemaßt, es wäre sonst eine viel zu große Vermessenheit für ihn gewesen. Er musst vielmehr für sich selbst um Gnade bitten und konnte selbst nicht ohne Mittler und Fürsprecher vor Gott treten; wie hätte er denn für die andern Gnade erlangen können, wenn ihm nicht Gott diesen Auftrag erteilt hätte? In diesem Falle ist also Hiob von Gott zum Hohenpriester bestellt; und das konnte auch nicht anders sein, wie denn der Apostel sagt (Hebr 5, 4): „Niemand nimmt sich selbst die Ehre, sondern er wird berufen von Gott.“ Jesus Christus selbst, obwohl das Haupt der Menschen und Engel, der Herr der Kirche und mit der Herrlichkeit seines Vaters angetan, hat sich dennoch nicht selbst eingeschlichen, sondern ist berufen mit einem feierlichen Eid dessen, der da gesagt hat: „Der Herr hat geschworen, und es wird ihn nicht gereuen: Du bist ein Priester ewiglich nach der Weise Melchisedeks“ (Ps 110, 4).

Wenn also Hiob hier als Hoherpriester vorgestellt ist, so ist das geschehen, damit wir uns, wenn wir Vergebung unserer Sünden haben müssen, nicht vordrängen, ohne einen besseren Mittler zu haben; es soll uns vielmehr gezeigt werden: Jesus Christus hat dies Amt, uns Zugang zu Gott zu schenken und uns die Türe zu öffnen, um uns Gott, seinem Vater, darzustellen, damit wir bei ihm Erhörung finden und der Thron seiner Majestät uns nicht schrecklich, sondern tröstlich sei. Wenn wir gesündigt haben, soll nicht jedermann nur so ohne weiteres zum Thron des Himmels laufen, sondern wir müssen dahin kommen durch den Mittler, der uns verordnet ist. Dann sind wir gewiss: Gott wird uns nicht verwerfen; denn wir haben seine Verheißung, und die kann nicht trügen. Treten wir aber aufs Geratewohl vor ihn, so wird´s uns nicht gelingen.

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