Calvin, Jean - An Bullinger in Zürich (757)

Nr. 757 (C. R. – 4092)

Calvin, Jean - An Bullinger in Zürich (757)

Über die geplante Reise des Königs nach Lothringen vgl. 752. Bernard Bochetel, Bischof von Rennes, sollte die Tochter des römischen Königs Maximilian II. für Karl IX. werben.

Bericht von Krankheit und Politik.

Wegen meines langen Schweigens brauche ich nicht um Verzeihung zu bitten, verehrter Bruder, denn von andern weißt du, dass ich eine gute Entschuldigung für mein Säumen habe, die auch heute zum größten Teil noch andauert. Zwar die Schmerzen in den Lenden haben sich gelegt, aber die Lungen sind so verschleimt, dass mein Atem nur schwer und kurz geht. Auch sitzt schon seit zwölf Tagen ein Blasenstein in der Harnröhre und macht mir viel Not; besonders bedenklich und ängstigend ists, dass er bisher mit keinem Mittel wegzubringen war. Das beste Mittel wäre Reiten; aber ein Geschwür in den Hämorrhoidal-Gefäßen tut mir sogar schon beim Sitzen und Bettliegen sehr weh, geschweige, dass ich das Geschütteltwerden beim Reiten ertragen könnte. Auch die Gicht macht mir seit drei Tagen Beschwerde. Da wirst du dich nicht wundern, dass mich so viele Schmerzen faul machen. Man bringt mich kaum dazu, etwas zu essen; der Wein schmeckt bitter. Aber ich wollte dir zu lieb schreiben und bringe nichts vor, als was dich langweilen muss.

Beza hat mir versprochen, dir von den Verhältnissen Frankreichs zu schreiben; so lasse ich das, um nicht bereits Verhandeltes nochmals zu verhandeln. Nur eine geheimnisvolle Sache will ich berühren. Du hast schon früher vernommen, der König reise nach Lothringen. Der Grund wurde selbst dem Hofe verheimlicht; neulich ist er mir aber von einem diplomatischen Unterhändler offenbart worden. Der Gesandte des Königs, der beim Kaiser ist, (er war früher noch als Abt von St.-Laurent einmal bei Euch), hat der Königin-Mutter im Auftrag König Maximilians große, herrliche Hoffnungen gemacht, indessen mit der Forderung, die Königin solle nicht dergleichen tun, als hege sie Hoffnung. Damit will er ohne Zweifel dem Kardinal von Lothringen einen Gefallen tun; denn dieser, in seinen andern Hoffnungen getäuscht, hält nun das für den einzigen Ausweg, die Sache mit solchen Umschweifen in die Länge zu ziehen. So scheint diese Reise keine andere betrügerische oder verräterische Absicht zu Grunde zu liegen, als dass er der Königin-Mutter falsche Hoffnung machen und sich so einschmeicheln will, damit allerlei Dinge unternommen werden, die doch nicht zur Ausführung kommen. Denn dass Bochetel den Namen König Maximilians missbraucht, ist ziemlich klar dadurch, dass er in kindischer Weise die Königin-Mutter mahnt, alles zu verhehlen und zu verbergen.

Nun nimmt mir der Husten und die Atemnot die Stimme, [dass ich nicht mehr diktieren kann]. Also lebwohl, verehrter Bruder, samt Herrn Gwalther, den andern Kollegen und deinem ganzen Haus. Der Herr erhalte Euch alle gesund, mache Euch mehr und mehr reich an seinen Wohltaten und unterstütze Euch mit seiner Kraft. Mit einer Darstellung unserer hiesigen Verhältnisse will ich mir nicht umsonst Mühe machen.

Genf, 6. April 1564.
Dein
Johannes Calvin.

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