Calvin, Jean - An Herrn de Sechelles in Frankfurt am Main.

Nr. 487 (C. R. – 2399)

Calvin, Jean - An Herrn de Sechelles in Frankfurt am Main.

Herr de Sechelles war in der französischen Gemeinde in Frankfurt ein Hauptgegner Valerand Poulains vgl. 475. Über Calvins eigne persönliche Stellung zu Poulain vgl. 190, 468.

Mahnung zur Unterordnung unter die Mehrheit.

Geliebter Bruder, indem ich Sie im Namen Gottes grüße, danke ich Ihnen zugleich herzlich für das Geschenk, das Sie mir letzten September sandten. Ich wünschte, ich könnte es Ihnen vergelten und hoffe, dass mir Gott einmal die Gelegenheit dazu gibt, wiewohl ich weiß, dass Ihr Hauptzweck nur war, mir Ihre Liebe zu erweisen, damit ich meinerseits Anlass habe, Sie wieder zu lieben, woran ich es nicht fehlen lassen will. Da Sie aber wissen, dass für Christen die Freundschaft nicht dazu da ist, dass einer dem andern schmeichle, sondern dass man sich gegenseitig ermahne, wie es der andere bedarf, so kann ich Ihnen eben jetzt keinen besseren Beweis meiner Zuneigung zu Ihnen geben, als indem ich Sie in einer Sache ermahne, die Sie vielleicht für gar nicht tadelnswert halten, bevor ich Sie darauf aufmerksam mache. Ich zweifle nicht daran, dass die Zwistigkeiten, die Sie früher schon mit Mag. Valerand, Ihrem Pfarrer, hatten, ihre Ursache in Ihrem frommen Eifer hatten, und dass Sie nur deshalb ihm entfremdet wurden, weil Sie einige Fehler an ihm bemerkten. Aber doch mussten Sie darauf achten, dass dieser Eifer Sie nicht zu übertriebener Strenge fortriss; denn wir wollen uns immer an die Regel halten, dass wir, wenn auch mit Seufzen, ertragen, was wir nicht bessern können, besonders wenn es sich um den Frieden der ganzen Gemeinde dabei handelt. Andrerseits sehe ich, dass einige Gemeindeglieder sich gereizt fühlten und, um ihr Mütlein zu kühlen, die Amtsstellung des Mannes nicht anerkennen wollten, der durch sein Wirken die Gemeinde in Frankfurt gegründet hat, was ich weder vernünftig, noch berechtigt finde. Derjenige unter ihnen, der mich anklagt, ich hätte ihrer Gruppe Unrecht getan, beleidigt selbst vielmehr Gott mit solchen Worten; denn er verwirft doch gar zu oberflächlich die Gründe, die ich in meinem Briefe anführte. Doch inzwischen ist noch der Streit über die Wahl der Ältesten und des Diakons dazu gekommen, und hat schlimme Folgen nach sich gezogen. Soviel ich höre, haben Sie und einige andere Protest eingelegt gegen die Gültigkeit dieser Wahl, obwohl die große Mehrheit der Gemeinde sich damit einverstanden erklärte. Damit haben Sie, scheints mir, das geziemende Maß überschritten; den wiewohl Sie allerlei dagegen einzuwenden haben, so muss man doch stets darauf zurückkommen, dass wir bei einer solchen Amtswahl es eben dulden müssen, wenn es nicht nach unserm Willen geht, und dass man eben die Einigkeit des Ganzen so hoch achten muss, dass jeder sich seines Privaturteils entschlägt und sich dem fügt, was die Mehrheit beschlossen hat. Deshalb bitte und ermahne ich Sie im Namen Gottes, verlassen Sie sich darin nicht auf Ihre persönlichen Gefühle, vielmehr treten Sie energisch alle die Worte, die im Streit etwa von beiden Seiten gefallen sind, nieder und nehmen Sie Mag. Valerand friedlich als Pfarrer an und ebenso die Ältesten nach ihrem Rang und Stand; hindern Sie sie nicht daran, ihr Amt auszuüben, sondern unterstützen Sie sie darin, soviel Sie können. Ich meine damit nicht, dass Sie durch Schweigen das Böse unterstützen sollen, denn die Freiheit, die Fehler, die Sie bemerken, zu tadeln, an wem es auch sei, will ich Ihnen nicht nehmen; aber tun Sie doch darin Ihre Christenpflicht und ertragen Sie das, was nicht nach Ihrem Wunsch zu bessern ist, ohne Unruhe und Ärgernis und ohne Verwirrung der ganzen Gemeinde. Ich wollte Ihnen das persönlich schreiben in der Hoffnung, dass Sie meinen Zuspruch und Rat mit freundlichem Herzen aufnehmen, und ich bitte Sie, enttäuschen Sie mich darin nicht. Damit will ich schließen und Sie der Obhut unseres lieben Gottes anempfehlen, indem ich ihn bitte, er wolle Sie allezeit mit seinem Geiste leiten, Sie unterstützen mit seiner Kraft und Sie stets zunehmen lassen in seinen Gnadengaben.

[Genf, März 1556].

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