Bengel, Johann Albrecht - An J. J. Erbe (Diacon in Neuenstadt.)

Bengel, Johann Albrecht - An J. J. Erbe (Diacon in Neuenstadt.)

1751

Das Licht ist überhaupt im neuen Testament völliger, als es im A. T. war, und doch ist auch die Zeit der Zukunft des Messias angedeutet worden in den 70 Danielischen Wochen. So auch Luc. 2, 26, 28. Also vielmehr die Zukunft in der Herrlichkeit. Man mag nun den Tag Christi so nahe setzen, und die Bestimmungen desselben so ungewiß machen, als man wolle, so ist es doch auch nur in Betrachtung des Textes, Offb. 20, 2, ungezweifeltes, daß Allen, die zu dieser Zeit leben, die Auflösung des irdischen Hauses dieser Hütte bevorstehe. Daß aber solches den Gläubigen, sonderlich seitdem Christus gestorben und auferstanden ist, keine fürchterliche Sache sein soll, ist ebenso richtig. Man erwäge die Stellen Joh. 11, 26. 1. Cor. 15. 2. Cor. 4, 7.; 6, 10. Phil. 1, 20. 21. 1. Thess. 4, 13-18. 2. Thess. 2, 2. Hebr. 12, 23. Offb. 7, 9-17.; 14, 13. Einem Chymikus ist es etwas Leichtes, eine einzige Masse von einer Gestalt in die andere zu verwandeln, und vielmehr sollten wir uns der allmächtigen Hand des getreuen Schöpfers überlassen, wenn er uns alle Tage zerstäuben und wieder lebendig machen wollte. Warum sollten wir es denn für etwas Schweres halten, unsern Geist ihm ein einziges Mal in die Hände zu empfehlen? Es braucht nicht einmal einiger Sterbekunst. Ein Kind, das sich schlafen legen läßt, hat keine Kunst dazu nöthig. Er lege mich zur Ruhe, wenn es ihm beliebt, seine große Haushaltung wird dennoch in ihrem Gang fortfahren. Schlafe ich hier ein, so wache ich an einem bessern Orte auf, und der Leib wird nicht zurückbleiben. Röm. 8, 11. Auch bei denen, die der Tag Christi lebendig antrifft, geht es ohne Verwandlung nicht ab. Der Tod wird auch bei ihnen verschlungen in den Sieg. Daß die Stelle Marc. 13, 32. bei dem Herrn Jesu Christo allein den Stand seiner Niedrigkeit betroffen habe, ist außer Zweifel, und wie ferne die Zeit des Endes auch in den folgenden Zeiten den Gläubigen verborgen sei oder nicht, das muß aus dem Maaß der hernach verliehenen Entdeckungen abgenommen werden. Die Erkenntniß von dem Tage Christi wird Marc. 13, 32. Engeln und Menschen nicht schlechterdings abgesprochen, sonst würde man auch an selbigem Tage selbst den Tag nicht wissen. Doch entstehet solche Erkenntniß nicht bei allen Pilgern und auch nicht auf einmal. Je mehr Zeit verfließet, je mehr weiß man, daß das Ende herannahe. Doch muß immer eines dem andern es frei überlassen, wie weit es mit seinen Einsichten reiche oder nicht.

Das Wort Gottes und das Gebet sind die bewährten Mittel, unsere Seelen zu beruhigen, in Erkenntniß der Liebe, die der himmlische Vater zu uns in seinem Sohne, dem Geliebten, heget. Wir können uns so auch aufs Künftige alles Guten versehen, es komme dazwischen, was da wolle. Die Erweckung am jüngsten Tage, deren der Herr Jesus, Joh. 6. so oft gedenkt, ist das Ziel, auf welches wir über alle nähere Begegnisse getrost hinschauen dürfen. Die Bestimmung der Zeit des Endes ist eine Sache, wozu einer weder sich selbst, noch andere forciren kann.

Quelle: Renner, C. E. - Auserlesene geistvolle Briefe der Reformatoren

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