Arndt, Friedrich - 57. Andachten zum Philemonbrief

Arndt, Friedrich - 57. Andachten zum Philemonbrief

Philemon war ein christlicher Mann in Phrygien, vermuthlich in der Stadt Colossä; Paulus nennt ihn seinen Freund und Mitarbeiter, und grüßt ihn mit andern Freunden und mit der Gemeinde, welche sich in seinem Hause versammelte. Diesem Philemon war ein Sclave und Leibeigener entlaufen, nachdem er sich Veruntreuungen an seinem Herrn hatte zu Schulden kommen lassen, Namens Onesimus. Auf seiner Flucht kam dieser nach Rom, und Gott fügte es nach seiner Weisheit und Liebe, daß er dort mit dem Apostel Paulus zusammentraf, aus seinem Munde das Evangelium hörte, gründlich bekehrt wurde und die ganze Liebe des Apostels gewann. Gern hätte dieser ihn bei sich behalten; da er aber noch ein Eigenthum des Philemon war, so war es auch nach Pauli Ueberzeugung billig, daß er zu seinem rechtmäßigen Herrn zurückkehrte. Um ihm eine freundliche Aufnahme zu sichern und ihn wie vor Gott, so auch vor den Menschen Gnade finden zu lassen, gab ihm Paulus dies Empfehlungsschreiben mit. Der Brief ist ein Muster einer freien und weisen Berücksichtigung der menschlichen Gemüthsart und eines ächt christlichen Sinnes, welcher aller Verhältnisse im Lichte des Glaubens betrachtet und beurtheilt. So zarte schonende Liebe mit der unveräußerlichen apostolischen Würde auf diese Weise zu vereinigen, erfordert wahrhaft christliche Weisheit; Paulus entäußert sich seines apostolischen Rechts, um Philemon zu zwingen, sich auch seines Rechts zu begeben. Luther sagt: „Eben wie uns Christus gethan hat gegen Gott den Vater, also thut auch St. Paulus für Onesimus gegen Philemon. Denn Christus hat sich auch seines Rechts geäußert und mit Liebe und Demuth den Vater überwunden, daß er seinen Zorn und Recht hat müssen legen und uns zu Gnaden annehmen um Christi willen, der also ernstlich uns vertritt und sich unser so herzlich annimmt. Denn wir sind Alle seine Onesimi, so wir’s glauben.“ Was mußten Philemon und Onesimus empfinden, als sie einander so wiedersahen! Herr, laß mir diesen Brief für mein Verhältniß als Herrschaft oder Dienstbote nicht umsonst geschrieben sein! Amen.

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