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Arnd, Johann - Vom Gebet

Arnd, Johann - Vom Gebet

Ich weiß, daß keine Hilfe und wahrer Trost ohne Gebet erlangt werden können. Dennoch bin ich so träge zum Gebet, verlasse mich mehr auf meine Arbeit und Weisheit, als auf deine Hilfe und Gnade. Vergib mir solche Sicherheit und Torheit und Verachtung deiner göttlichen Verheißung! Amen.

Wer Gott von Grund seines Herzens Vater nennen kann, der rührt ihm so oft sein Herz, so oft er den Namen nennt, und das Wort ist die Kraft und das Leben unseres Gebets; denn wir können außer Christo Gott unsern Vater nicht kennen.

Durch das Anschauen des gekreuzigten Christus wird das Gebet erweckt und stark. Dadurch wird auch das Herz gereinigt, denn ohne Reinigung des Herzens durch den Glauben kann kein rechtes Gebet geschehen. Und durch solches Gebet kommt der Heilige Geist zu dir wie am Pfingsttage über die Apostel, als sie beteten.

Diese Gnade übertrifft aller Welt Herrlichkeit und lindert auch alles Kreuz, daß eine gläubige Seele Gott dem Herrn so lieb ist, daß sie stets mit Gott reden kann, und daß sich Gott zu einer solchen Seele wendet und ihr antwortet, ja das Gebet und Seufzen als einen Schatz aufsammelt und zählt.

Durch das Gebet offenbart sich Gott den Menschen, durch das Gebet wird die Demut recht geübt. So kommt zusammen das Höchste und Niedrigste, das demütigste Herz und der höchste Gott. Und durch solche Demut wird viele Gnade in des Menschen Seele eingegossen. Denn je mehr die Gnade Gottes den Menschen demütigt, desto mehr wächst und nimmt in solcher Demut die Gnade Gottes zu. Und je mehr Gottes Gnade im Menschen zunimmt, desto mehr demütigt sich die Seele.

Darum hat Gott das Gebet so ernstlich und so oft befohlen, weil es ein Pfand und ein Band ist, durch welches uns Gott zu sich zieht, durch das er uns desto öfter und länger bei sich behalten will, durch das wir auch desto näher zu ihm kommen könnten und uns mit ihm, als dem Ursprung alles Guten, vereinigen und seiner in allen Dingen nicht vergessen sollten.

Christi Gewalt ist in den Gläubigen und wird erweckt durch das Gebet. Christus erweckt seine Gewalt, wenn wir ihn im starken Glauben anrufen. Und ihm ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden.

Der Glaube und das Gebet sind über die Natur, sie brechen die Natur, überwinden den Himmel und alle bösen Einflüsse und Wirkungen, auch alle Freude, Ehre, Ratschläge und Gedanken und machen einen Weg durch alles Unglück hindurch, so wie Moses mit seinem Stab das Meer teilte und einen Weg hindurch machte.

Im Geist beten, heißt: im Glauben und im geistlichen neuen Leben beten, nicht im Fleisch oder im alten fleischlichen Leben. In der Wahrheit beten, heißt: mit bußfertigem zerbrochenem Herzen beten in wahrer Bekehrung zu Gott.

Denn hätte ein Mensch alle die Martern gelitten, die alle Heilige gelitten haben, und alles getan, was alle Christen je getan oder immer tun mögen bis ans Ende der Welt, und wenn du dich alle Tage ließest töten, und wieder lebendig machen, und Steine und Dornen äßest, könntest du dennoch damit aus dir selbst keine Gaben erlangen. Sondern senke dich durch den Glauben in die tiefste, grundlose Barmherzigkeit Gottes in Christo mit einem demütigen, gelassenen Willen, unter Gott und alle Kreaturen: so wird sie dir Christus allein geben aus großer Niedrigkeit und freier reiner Liebe und Barmherzigkeit.

Es sind zweierlei Wege, Weisheit und Erkenntnis zu erlangen: der erste durch viel Lesen und Disputieren, die ihn gehen nennt man Gelehrte, der andere durch das Gebet und die Liebe, und die ihn gehen heißen Heilige. Zwischen diesen ist ein großer Unterschied. Jene, die nur Gelehrte und nicht Liebhaber sind, sind stolz und aufgeblasen; diese niedrig und demütig.

Der Herr Jesus weicht von denen, die nicht beten. Darum werden sie blind, wandeln in der Finsternis, erkennen sich selbst nicht noch Gott, und Gottes Willen bleibt ihnen unerkannt. Sie berauben sich selbst Gottes und seines Reiches, und weil sie kein Licht haben, Gottes Willen zu erkennen, müssen sie in der Anfechtung große Stöße leiden, oftmals wohl gar verzweifeln. Wo aber der Heilige Geist und der Glaube ist, da wird auch die Welt überwunden.

Oh, der Teufel ist damit ein Tausendkünstler, daß er zum Ersten das Gebet verhindere, einen davon abhalte, einem das Gebet verleide, desselben überdrüssig, und einem endlich dasselbe gar zuwider mache. Darin ist er Meister. Denn wer sich von Gott abwenden läßt, ist gleich einem verzagten Kriegsmann, dem sein Schwert in seiner Hand erstirbt, der ist leicht geschlagen. Ein solcher Mensch ohne Gebet ist wie eine Stadt ohne Mauern; denn der Name des Herrn ist ein festes Schloß.

Die größte Anfechtung und Hinderung des Gebets ist aber, wenn Gott die Gnade der Andacht und Inbrünstigkeit entzieht. Und dann sollst du am meisten beten. Denn obwohl Gott ein inbrünstiges Gebet sehr lieb ist, so ist ihm doch das Gebet viel lieber, welches du in solcher Seelennot, in deiner Anfechtung, Betrübnis und Traurigkeit tust. Denn gleichwie es einen natürlichen Vater viel mehr jammert, wenn ihn ein krankes Kind mit kläglicher Stimme anwinselt, als wenn ihn ein starkes, gesundes Kind mit vollem Munde anruft: also ist dem lieben Gott eines kleinmütigen, schwachgläubigen, trostlosen, geistarmen Menschen innerliches, heimliches Leiden und Seufzen viel lieber, als eines Starkgläubigen Gebet, der voller Freude ist. Gott wird dir seine Gnade zu seiner Zeit wohl wiedergeben und dieselbe dir nicht mißgönnen oder versagen.

So ist das ein großer Trost, wenn noch ein Seufzer im Herzen ist, der nach Gott seufzt und noch ein Wörtlein oder Sprüchlein aus Gottes Wort vorhanden ist. Denn das ist noch der kleine Funke des Glaubens und des Geistes, der da ist als ein glimmender Funke des Glaubens und des Geistes, der da ist als ein glimmender Docht, den Gott nicht auslöschen lassen wird, sondern in der größten Schwachheit erhalten.

Wenn einem Menschen angst und bange darnach ist und er gern beten wollte, aber nicht kann, und es tut ihm dieses wehe in seinem Herzen und ist seine größte Plage und Angst: so betet er doch damit, daß er klagt, er könne es nicht, und daß es ihm innerlich wehe tut, daß er nicht beten kann, und daß es ihm herzlich leid ist. Eben damit betet er am heftigsten.

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